Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Hexerei in Verbindung bringen könnte. Und was die Vischerin betrifft: Der Inquisitor hat ihr sicherlich ins Gesicht gelacht und gesagt, sie solle keine ehrenwerten Bürgerinnen ins Gerede bringen. Schließlich bin ich die Witwe eines Magistratsmitglieds und Zunftmeisters.»
Catharina fand in dieser Nacht keinen Schlaf. Immer wieder fragte sie sich, ob sie tatsächlich in Gefahr sei. Aber nein, Siferlins Rachedurst und Margret Vischerins Neid mussten doch für jeden durchschaubar sein, es wäre doch einfach lächerlich, sie der Hexerei anzuklagen.
Hin und wieder glitt sie erschöpft über die Schwelle des Schlafs, fuhr aber jedes Mal mit schweißnasser Stirn wieder auf. Von nebenan hörte sie die unruhigen Schritte der Magd. Catharina dachte an die Folterkammern in den Stadttoren, aus denen die Schreie der Delinquenten drangen. Sie wusste nicht mit Gewissheit, was mit diesen Menschen geschah, doch gehört hatte sie grauenhafte Dinge über deren Qualen, und mehrfach schon hatte sie den Henkerskarren auf seinem Weg zur Richtstatt gesehen, die geschundenen, zermarterten Körper der Verurteilten und ihre seelenlosen Blicke.
Noch vor Morgengrauen kleidete sie sich an. Es hatte keinen Sinn, sich dieser schrecklichen Ungewissheit weiter auszusetzen. Sie würde nach Villingen wandern, zu Fuß, auch wenn sie viele Tage dazu bräuchte. Alles in ihr drängte sie zu Christoph. Bei ihm wäre sie in Sicherheit, und dann würden sie gemeinsam weitersehen. Vielleicht, dachte sie, ist Carl auch inzwischen gestorben, dann könnten wir über das Erbe verfügen und notfalls das Land verlassen. In Christophs letzter Post hatte gestanden, dass nun auch der andere Medicus den baldigen Tod diagnostiziert hatte.
In der Küche brannte bereits Feuer, und Elsbeth setzte Wasser auf.
«Ihr habt Euch also entschieden zu gehen», sagte sie erleichtert mit einem Blick auf den Reisebeutel über Catharinas Schulter. Sie sah müde aus und hatte gerötete Augenränder.
«Ich habe Euch schon etwas Wegzehrung gerichtet.»
Sie schob Catharina ein prall gefülltes zusammengeknotetes Tuch zu.
«Danke, das ist lieb von dir.»
Catharina verstaute den Proviant in ihrem Beutel und reichte der Magd den Wasserschlauch, den Christoph ihr geschenkt hatte. Er war inzwischen leer. «Wenn du den noch füllen würdest. Ich will mich gleich bei Sonnenaufgang auf den Weg machen.»
In diesem Moment polterte es unten gegen das Haustor.
«Sofort aufmachen! Hier ist die Stadtwache!»
Geistesgegenwärtig packte Elsbeth den Reisesack und zog Catharina an der Hand hinter sich her, die Treppe hinunter.
«Wenn Ihr nicht sofort aufmacht, brechen wir die Tür auf!»
Elsbeth riss das Tor zum Garten auf und drängte Catharina hinaus.
«Flieht, in Gottes Namen. Über die Gartenmauer!»
Dann eilte sie zurück zur Haustür, ordnete ihre Röcke und ihre Haube und schob den Riegel zurück. Zwei mit Stock und Dolch bewaffnete Büttel standen in der Dunkelheit.
«Seid Ihr von Sinnen, mitten in der Nacht solchen Lärm zu machen. Meine Herrin ist krank und –»
Die beiden Männer beachteten sie nicht und sahen an ihr vorbei.
«Seid Ihr Catharina Stadellmenin, die Witwe des Schlossermeisters Bantzer?»
Elsbeth wandte sich um und stieß einen spitzen Schrei aus, als sie Catharina erblickte, die wie festgewurzelt im Hoftor stand.
«Ja, das bin ich.»
«Aha», grinste der Kleinere und schlug mit der flachen Hand auf den Sack, den Catharina immer noch in der Hand hielt. «Die Hexe wollte wohl ausfliegen!»
Er entriss ihr den Sack und schleuderte ihn in die Diele zurück. Dann nahmen sie Catharina in ihre Mitte, hielten mit eisernem Griff ihre Handgelenke fest und führten sie auf die stille Gasse. Gegenüber, im Torbogen des Bäckerhauses, stand Gervasius Schechtelin und glotzte ihnen mit offenem Mund nach.
Benommen stolperte Catharina zwischen den beiden Bütteln den kurzen Weg zum Predigertor. Über dem Burgberg kündigte sich fahl die Morgendämmerung an, der Nebel hatte sich verzogen, und es versprach ein klarer Februartag zu werden. Nur wenige Menschen waren zu dieser frühen Stunde unterwegs. Sie blieben entweder neugierig stehen, um sie anzustarren, oder beeilten sich, außer Reichweite der Büttel zu kommen.
Im Schein zweier Pechfackeln sah Catharina schon von weitem einen kleinen Menschenauflauf vor dem Tor des Predigerturms. Als sie sich näherte, konnte sie weitere Büttel und einige Frauen ausmachen.
«Ich habe vom Turmherrn Anweisung, fünf Gefangene
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