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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Worten sie Margret Vischerins Bezichtigung entkräften würde. Dann dachte sie an Christoph, der in diesem Moment wahrscheinlich am Bett seines todkranken Schwiegervaters saß, ohne zu wissen, in welch schrecklicher Lage sie sich befand. Ob Elsbeth daran dachte, die Bierfässer zu liefern?
    Jedes Mal, wenn unten im Turm die Tür ging, zuckte sie zusammen, doch niemand kam, gerade als habe man sie vergessen. Sie starrte die schmutzig gelben Wände ihres Gefängnisses an, bis sich ihr jeder Riss, jeder Fleck, jede Vertiefung eingeprägt hatte. Hin und wieder fiel sie in unruhigen Schlaf, aus dem sie beim leisesten Rascheln und Kettengeklirr aufschreckte. Ihre Handgelenke begannen zu schmerzen, mal schlief ihr ein Bein, mal ein Arm ein. Mit der Dunkelheit kam die Kälte, und niemand brachte Decken oder einen Strohsack. Wie lange würde sie hier liegen müssen? Tage? Wochen? Sie faltete die Hände und betete zum Gottvater und der Jungfrau Maria.

    An den abschüssigen Stellen rutschte das Pferd immer wieder mit den Hufen weg. Die Schneemassen des vergangenen Winters hatten sich mit dem durchnässten Erdreich zu hellbraunem Schlamm verbunden, der ein Vorwärtskommen schier unmöglich machte. Christoph stieg ab und führte sein Pferd hinter sich her. Der tauende Schnee troff von den Ästen in seinen Nacken, die nassen Zweige peitschen ihm ins Gesicht. Verdammte Torheit, bei diesem Sauwetter die Abkürzung durch den Wald zu nehmen, dachte er ärgerlich, als ihm ein umgestürzter Baum den Weg versperrte. Er musste so schnell wie möglich den Hauptweg erreichen.
    Am Vortag hatten sie seinen Schwiegervater beigesetzt, und es wäre vernünftig gewesen, mit dem Ritt nach Freiburg noch zwei, drei Tage zu warten, bis die Wege einigermaßen getrocknet waren. Doch es war nicht allein die Sehnsucht nach Catharina, die ihn zur Eile getrieben hatte. Die ganze Nacht schon hatte eine Unruhe von ihm Besitz ergriffen, die sich gegen Morgen zu einer peinigenden Angst steigerte. Sie hatte etwas mit Catharina zu tun, er spürte, dass sie in Gefahr war. Noch im Dunkeln hatte er sein Pferd gesattelt und war losgeritten.
    Jetzt war der Mittag bereits vorbei, und noch nicht einmal die Hälfte der Strecke lag hinter ihm. Immer wieder musste er kleine Umwege machen, und hätte ihm die Sonne am wolkenlosen Himmel nicht als Wegweiser gedient, er hätte sich hoffnungslos verirrt.
    Schließlich erreichte er den Turner, wo sich der Wald lichtete. Er saß wieder auf und trieb seinen Fuchs in scharfen Galopp. Christoph klopfte dem willigen Tier anerkennend den Hals. Bald würde er den Fuhrweg von St. Märgen erreichen, und dann hatte er es so gut wie geschafft.
    Endlich stand er an einem steilen Abhang und sah tief unter sich den Weg von St. Märgen, der nicht weit von hier in die Landstraße nach Freiburg mündete. Das Pferd tänzelte unruhig, während Christoph überlegte, wie er am besten hinunter auf den Weg gelangen könnte. Wollte er nicht wieder einen Umweg machen und kostbare Zeit verlieren, musste er wohl oder übel den nassen Hang hinabklettern. Er stieg ab und führte das Pferd vorsichtig zum Abhang. Da geschah das Unglück: Dem Pferd rutschte auf dem glitschigen Gras die Hinterhand weg, es riss den Kopf hoch, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Durch den heftigen Ruck am Zügel verlor auch Christoph seinen Halt. Er stürzte hintenüber, die Beine sackten ihm weg, und dann rutschte er den Steilhang hinunter, immer schneller, immer schneller. Vergeblich suchte er nach einem Halt, seine Hände griffen ins Leere. Da spürte er einen kräftigen Schlag gegen Hinterkopf und Unterarm und kam zum Halten. Ein breiter Baumstumpf hatte ihn aufgefangen. Stöhnend fasste er sich an seinen schmerzenden Kopf, und als er die Hand zurückzog, war sie blutrot – eine tiefe Platzwunde. Er sah nach oben und pfiff durch die Zähne – das hätte ja böse ausgehen können. Dann stockte sein Atem: Wo war das Pferd?
    Deutlich war eine breite Schleifspur durch die Schneereste zu erkennen, die bis zum Weg hinabführte. Dort lag ein fuchsbrauner Leib. Christoph setzte sich auf den Hosenboden und ließ sich das letzte Stück rücklings hinuntergleiten. Völlig durchnässt landete er neben dem zitternden Tier. Dem Himmel sei Dank, es lebte! Verängstigt sah ihn der Fuchs aus halb geöffneten Augen an. Dann hob er den Kopf und versuchte vergeblich, wieder auf die Beine zu kommen. Christoph erkannte es auf den ersten Blick: das linke Vorderbein war knapp unterhalb des

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