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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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aufzunehmen und nicht acht!»
    «Aber in den anderen Türmen ist kein Platz mehr!»
    «Das ist mir gleich. Bringt sie in den Keller der Ratsstube oder ins Spitalsloch.» Er hob ein Dokument in den Schein der Fackeln und verlas stockend die Namen der Gefangenen, die in den Predigerturm gebracht werden sollten.
    «Magdalena Beurin, Catharina Stadellmenin –»
    Catharina hörte ihm nicht zu. Sie hatte längst erkannt, wen es außer ihr getroffen hatte: zwei Frauen aus Betzenhausen, die sie noch aus ihrer Zeit als junges Mädchen kannte, ihre einstige Nachbarin und Frau eines Tuchhändlers namens Anna Wolffartin, die im Haus zum weißen Löwen wohnte, schräg gegenüber dem Bantzer’schen Anwesen, und – Margaretha Mößmerin. Catharina sah ihre Freundin an und erkannte das eigene Entsetzen in deren Augen. Sie versuchte, in ihre Nähe zu gelangen, doch der kleinere ihrer Bewacher drehte ihr roh den Arm auf den Rücken.
    «Stehen geblieben!», zischte er.
    Dann traten sie hintereinander durch das schmale Türchen in den Raum des Torwächters und kletterten eine Holzstiege hinauf: eine schweigende Kolonne von zehn schwer bewaffneten Bütteln und fünf Frauen. Sie erreichten einen kahlen quadratischen Raum von etwa zehn Fuß Seitenlänge, von dem eine weitere Stiege nach oben und zwei winzige Kammern abgingen, nicht größer als Schweinekoben. Die Türöffnung war mit einem schweren nur hüfthohen Holztor versehen, sodass der Wächter jederzeit Einblick in das Innere der Kammer hatte. Hier hinein wurden die Wolffartin und Margaretha gebracht, die anderen Frauen mussten nach oben, wo sich neben einer verschlossenen Eisentür drei solch kleine Kammern befanden.
    Catharina wurde in die mittlere gestoßen.
    «Los, hinsetzen!»
    Sie ließ sich auf den Boden sinken, der mit einer dünnen Schicht aus frischem Stroh bedeckt war. Mit geübten Griffen befestigten die Büttel ihre Handgelenke an Eisenschellen, die an schweren, in die Wand eingelassenen Ketten hingen.
    Erschöpft schloss sie die Augen, als man sie endlich allein ließ. Sosehr sie im ersten Moment darüber erschrocken war, dass man auch ihre Freundin eingesperrt hatte, so beruhigend fand sie jetzt die Erkenntnis, dass sie nicht die einzige Frau aus angesehenem Haushalt war. Es gab Prozessvorschriften, und sicherlich musste jedem Hinweis nachgegangen werden. Bestimmt würde im Laufe des Tages ein Vertreter des ehrsamen Gerichts im Turm erscheinen und ihnen erklären, dass die ihnen gemachten Vorwürfe unhaltbar seien.
    Von unten hörte sie Margarethas Stimme: «Hab keine Angst, Catharina, wir sind bald wieder draußen.»
    «Ich weiß.»
    «Haltet den Mund», schrie eine männliche Stimme. Wahrscheinlich der Turmwächter. Catharina bewegte die Arme. Sie konnte sie ausbreiten, bis sie rechts und links die Wände berührte. Doch um aufzustehen, waren die Ketten zu kurz. Wenn sie sich aufrecht gegen die Wand setzte, konnte sie über das Holzgatter hinweg durch eine kleine Luke an der gegenüberliegenden Wand nach draußen sehen. Wie auf einem Bild zeichneten sich im heller werdenden Licht die Umrisse der Burg ab. Der Tag brach an mit seinen üblichen Geräuschen: dem Rumpeln der Holzkarren, Hundegekläff, dem Fluchen der Ochsentreiber, Rufen und Gelächter. Im Turm selbst war Stille eingekehrt. Die Gefangenen wagten nicht mehr zu sprechen, nur ein leises Schnarchen war aus der Kammer zur Linken Catharinas zu hören. Auch Catharina kroch die Müdigkeit wie Blei in die Glieder. Sie streckte sich, so gut es mit den schweren Ketten ging, im Stroh aus. Obwohl es frisch war, stank der Raum nach Urin und Kot. Ob es hier Ratten gibt?, dachte Catharina noch, dann war sie eingeschlafen.
    An diesem Tag ereignete sich nichts mehr. Catharina erwachte von dem klirrenden Geräusch der Eisenketten und männlichen Stimmen. Eine der Betzenhauserinnen neben ihr wurde aus der Zelle geführt, und als Catharina den Kopf reckte, konnte sie sehen, wie sie hinter der geöffneten Eisentür verschwand, zusammen mit einigen Männern. Die Tür fiel krachend ins Schloss. Offensichtlich war dort noch ein weiterer Raum. Die berüchtigte Folterkammer? Doch es war kein Laut zu hören. Etwa eine Stunde später kehrte die Frau zurück, aufrecht, und schien keinen Schaden genommen zu haben.
    Der Rest des Tages verging endlos langsam, mit quälendem Warten und großer Ungewissheit. Catharina versuchte, ihre Gedanken zu ordnen, überlegte sich, was sie dem Untersuchungsrichter sagen könnte, mit welchen

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