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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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seiner Familie und der Schlosserei. Jedes Gedeck brachte neue Köstlichkeiten, und als Catharina schließlich keinen Bissen mehr herunterbrachte und sich den Mund am Ärmel abwischen wollte, fing sie einen warnenden Blick von Michael auf. Sie entdeckte die Stoffservietten, die in der Mitte der Tafel lagen, und säuberte sich das Gesicht. Hoffentlich habe ich mich bisher nicht allzu sehr danebenbenommen, dachte sie. In jeder anderen Situation wäre ihr das gleichgültig gewesen, doch jetzt hing ihre Zukunft von dem Eindruck ab, den sie bei diesem selbstzufriedenen alten Mann hinterließ.
    Beim Nachtisch fragte Bantzer seinen Sohn: «Wann wollt ihr heiraten?»
    «Wenn Ihr einverstanden seid, Vater, so bald wie möglich.»
    «Du kannst es wohl kaum erwarten, deine schöne Braut zu Bett zu führen», entgegnete er und lächelte anzüglich.
    Catharina mochte seine Art nicht. Sie hatte einmal gehört, dass im Alter die Söhne ihren Vätern ähnelten, und hoffte inständig, dass Michael eine Ausnahme bilden möge.
    Der Alte erhob sich.
    «Gut, dann gebe ich euch meinen Segen für eure künftige Ehe. Das müssen wir mit einem besonders guten Tropfen begießen.»
    Aus einem abschließbaren Eichenschrank holte er drei zierliche Gläser und eine Flasche.
    «Portwein, direkt aus Portugal. Schaut euch diese Farbe an, wie Bernstein. Das verrät sein Alter und seine Qualität.»
    Catharina hatte noch nie Bernstein gesehen. Sie nahm das gefüllte Glas entgegen, das er ihr reichte, und gab es an Michael weiter.
    «So ist es recht, immer erst an die anderen denken», sagte der Alte wohlwollend. «Catharina, du gefällst mir. Hier, nimm das andere Glas. Auf eure Verlobung.»
    Schmatzend nahm er einen Schluck, verdrehte verzückt die Augen und küsste Catharina auf beide Wangen. Seinem Sohn schlug er auf die Schultern. Dann legte er die Hände der Brautleute zusammen, murmelte etwas auf Lateinisch und trank sein Glas aus. Damit schien die Angelegenheit für ihn erledigt.
    Erleichtert wandte sich Catharina zur Tür, nachdem er sich von ihnen verabschiedet hatte. Michael brachte sie hinaus. Er war in bester Stimmung.
    «Du hast dich großartig verhalten», lächelte er. «Sei mir nicht böse, wenn ich dich nicht heimbegleite. Vater und ich werden gleich alles Notwendige für die Hochzeit besprechen.»

    Dämmerung legte sich über den lauen Septemberabend. Langsam ging das Hochzeitsfest dem Ende zu. An der langen Tafel saßen nur noch Michaels engste Freunde, sein Vater und Catharinas Lehener Verwandtschaft. Der Priester, für den man einen Lehnstuhl unter den einzigen mickrigen Baum im Hof gestellt hatte, schnarchte mit offenem Mund vor sich hin, Spuren von eingetrocknetem Bratensaft auf dem fleischigen Doppelkinn. Überall waren Essensreste und Knochen über den Boden verstreut, von den beiden Wildschweinen am Spieß hing nur noch ein kümmerlicher Rest über der erloschenen Glut. Das Dienstmädchen steckte die Fackeln an, die an den Hauswänden befestigt waren. Für Marthe und ihre Familie war dies das Zeichen zum Aufbruch, denn die Tore schlossen bei Dunkelheit. Der alte Bantzer überredete sie jedoch mit einem Seitenblick auf Lene, die mit einem der Gesellen kokettierte, noch zu bleiben. Er habe mit dem Stadtwächter gesprochen, der ließe sie auch später noch hinaus.
    Catharina, der der Kopf schwirrte, schloss für einen Moment die Augen. Was war das für ein aufregender Tag gewesen! In der Nacht zuvor hatte sie ein letztes Mal in ihrem Häuschen an der Mehlwaage geschlafen. Früh am Morgen hatten ihr dann die Wirtsleute geholfen, ihre Sachen ins Haus zum Kehrhaken zu schaffen. Dort waren die Vorbereitungen schon in vollem Gange, und der sonst so schmucklose weiträumige Hinterhof war bald nicht mehr wieder zu erkennen. Etliche Holztische und Bänke standen aneinander gereiht, und darüber errichteten die Schlosser eine girlandengeschmückte Laube aus Holz und Sacktuch. Die Wände und Mauern rund um den Hof wurden mit bunten Bändern und Papierblumen geschmückt.
    Für Catharina stand in der kleinen Badstube im Erdgeschoss eine Wanne mit heißem Wasser bereit. Der Kirchgang war zum Mittagsläuten vorgesehen, sie musste sich also beeilen. Das Dienstmädchen rieb sie mit herrlich duftendem Rosenöl ein und half ihr, das hellblaue hochgeschlossene Samtkleid mit der kleinen Halskrause und den weit gebauschten Ärmeln anzulegen, das sie sich letzte Woche hatte schneidern lassen. Dann holte Michael sie ab. Wie immer war er ganz in

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