Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Schwarz gekleidet, hatte aber zur Feier des Tages weiße Seidenstrümpfe und eine weit ausladende gestärkte Halskrause angelegt. Als sie vor das Haus traten, wartete schon eine fröhliche Menschenmenge, um sie zum Münster zu begleiten. Die Trauung im Seitenschiff, die ein fetter, kurzatmiger Priester vornahm, verging erstaunlich schnell, und Catharina konnte kaum den Worten folgen. Sie warf einen Blick auf Marthe, die zusammen mit dem Zunftmeister der Schmiede Trauzeuge war: Dicke Tränen der Rührung liefen ihr über die Wangen.
Unter dem verwitterten Relief vom Gottvater, der Adam und Eva die Hände ineinander legt, gelobten sich Catharina Stadellmenin und Michael Bantzer ewige Treue, und der Priester erklärte sie mit dem Segen der Kirche und den Worten «Quod Deus conjunxit homo non separet» zu Mann und Frau. Es folgte eine kurze lateinische Messe, dann traten sie Arm in Arm aus der Kirche auf den sonnenbeschienenen Vorplatz. Lene fiel ihr um den Hals, die ausgelassene Menge bewarf sie mit Getreidekörnern, dem Symbol der Fruchtbarkeit, und die Schlosser hatten einen dicken Holzstamm und eine Säge bereitgestellt. Jetzt musste Michael seine Muskelkraft beweisen und den Stamm, ohne abzusetzen, zersägen. Mühelos gelang ihm das, und die Leute klatschten.
«Pass auf, Catharina, vor dem Mann hast du keine Nacht Ruhe», rief einer von ihnen. Vater Bantzer lächelte stolz.
Da entdeckte Catharina etwas abseits in der Menge Christoph mit Frau und Kind. Ihr Herz klopfte schneller. Bis gestern hatte es so ausgesehen, als würden nur Lene, die Zwillinge und ihre Tante kommen, aber dann hatten sie es sich offensichtlich anders überlegt und das Gasthaus geschlossen. Catharina wusste nicht, ob sie sich darüber freuen sollte. Seit ihrem letzten Besuch in Lehen vor drei Jahren hatte sie Christoph nicht mehr gesehen. Die kleine Sofie musste demnach schon vier Jahre alt sein. Von Lene wusste sie, dass Christophs Frau vor ein oder zwei Jahren eine Fehlgeburt gehabt hatte, ein Junge wäre es geworden, und heute sah man deutlich die Rundung ihres Bauches unter dem glatten Stoff. Die Vorstellung, dass diese Frau immer wieder von Christoph schwanger wurde, versetzte Catharina einen Stich. Unsicher ging sie auf die beiden zu. Sofie umarmte sie auf ihre behutsame Art, und Christoph drückte ihr zwei flüchtige Küsse auf die Wangen. Das kleine Mädchen überreichte ihr Feldblumen, die sie auf dem Weg in die Stadt gepflückt hatte, und Catharina nahm es zum Dank herzlich in den Arm. Wie zerbrechlich war dieses Kind, es hatte so gar nichts von seinem Vater.
«Ich soll dich von Schorsch grüßen», sagte Christoph und vermied ihre Augen. «Er ist gerade Vater geworden.»
Catharina freute sich aufrichtig über diese Nachricht. Eine große Familie, das hatte sich Schorsch immer gewünscht.
Der alte Bantzer rief zum Aufbruch. An die hundert Menschen fanden sich im Hinterhof ein, darunter auch Mechtild und Berthold vom Schneckenwirtshaus, etliche Nachbarn, Zunftangehörige und die gesamte Mannschaft der Schlosserei. Der alte Bantzer scherte sich, wie übrigens die meisten Ratsmitglieder, einen Kehricht um die neue Polizei-Ordnung, die jegliche Feierlichkeiten streng reglementierte und Verstöße mit teilweise empfindlichen Geldstrafen ahndete. So hätten zu einer Meisterhochzeit wie im Hause Bantzer höchstens siebzig Gäste geladen werden und die Menüfolge sechs Gänge nicht übersteigen dürfen, doch die zu erwartenden Strafgulden hatte der Alte von vornherein einkalkuliert.
Unmengen von Wein, Starkbier und Branntwein flossen die durstigen Kehlen hinunter, und die Dienstmädchen und Lehrlinge hatten alle Hände voll zu tun, bei den Speisen für Nachschub zu sorgen. Michael führte seine frisch getraute Ehefrau herum und stellte sie jedem seiner Bekannten vor, bis Catharina sich schließlich keinen einzigen Namen mehr merken konnte. Dann spielte die Musik auf, und Catharina durfte keinen Tanz auslassen. Rundum wurde die Stimmung ausgelassener, und zur Gaudi der Kinder beteiligten sich immer mehr Erwachsene an ihren übermütigen Spielen wie Sackhüpfen und Bockspringen. Selbst der alte Bantzer gab sein vornehmes Gehabe auf, balancierte ein Glas Wein auf dem Kopf, hüpfte wie ein Tanzbär herum, rülpste und rotzte sich in den Ärmel wie seine Gesellen. Zu fortgeschrittener Stunde kamen die unvermeidlichen Pfänderspiele an die Reihe, und Michael musste zur Auslösung seines Pfands auf dem Tisch tanzen. Er packte Lene bei den
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