Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Hüften, hob sie auf den Tisch und legte einen so stürmischen Tanz mit ihr hin, dass etliche Gläser zu Bruch gingen.
Catharina kam ein kleiner Seufzer über die Lippen. Erschöpft und fast ein wenig schwermütig betrachtete sie das Flackern der Fackeln in der zunehmenden Dunkelheit. Jetzt also war dieser Tag, der vielleicht wichtigste ihres Lebens, beinahe vorüber. Vom Bestellen des Aufgebots bis zur kirchlichen Trauung, vom Verpflichten der Spielleute bis zur Festlegung der Speisenfolge – alles hatten Michael und sein Vater in die Wege geleitet. Wie sie selbst sich diesen Festtag gewünscht hätte, danach hatte niemand gefragt. Eine große Überraschung sollte es werden, hatte Michael vorher zu ihr gesagt, und sie musste zugeben, dass er und sein Vater sich nicht mehr Mühe hätten geben können. Aber das unbefriedigende Gefühl, von allem ausgeschlossen worden zu sein, bestand fort. Catharina beschlich eine leise Ahnung, wie ihr Leben an der Seite dieses Mannes verlaufen würde.
In der Gruppe um Michael ging es inzwischen laut her. Einer seiner Freunde hob das Glas.
«Lieber Michael, darf ich dir noch einen guten Rat für deine Ehe geben? Also hör zu:
Wer seine Frau lässt gehen zu jedem Fest,
sein Pferd aus jeder Pfütze trinken lässt,
hat bald eine Mähr’ im Stall
und eine Hur’ im Nest!»
Die Männer brachen in Gelächter aus, auch Michael. Catharina fand diesen Spruch so unpassend wie einen Schweinsfuß in Seidenpantoffeln. Da stand Michael auf.
«Ich weiß auch eine gute Geschichte: Am spanischen Hof sagte ein Edelmann zu seiner angebeteten Dame zur Begrüßung: ‹Ich küsse Ihre Hände und Füße, Madame.› Da erwiderte sie: ‹Mein Herr, in der Mitte finden Sie das Beste. Warum nicht dort?›»
Mit einer anzüglichen Gebärde deutete er bei dem letzten Satz auf seinen Hosenlatz.
Wieder großes Gelächter. Nun also ging die Zotenreißerei los. Catharina fing einen Blick von Christoph auf. Er nickte ihr unmerklich zu, erhob sich und ging Richtung Vorderhaus davon. Nach einem kurzen Moment folgte sie ihm. Als sie den Hof durchquert hatte, stieß sie auf Wilhelm, Christophs jüngeren Bruder. Er grinste, ein allwissender Ausdruck lag auf seinem hübschen Gesicht.
«Christoph steht in der Hofeinfahrt.»
Catharina legte den Zeigefinger auf ihre Lippen, und Wilhelm nickte verständnisvoll. Wie ähnlich Wilhelm seinem älteren Bruder sah. War er nicht genauso alt wie Christoph damals, als sie sich in ihn verliebt hatte?
Sie huschte in die dunkle Hofeinfahrt, wo Christoph unruhig hin und her schritt.
«Ich wollte dich noch einmal allein sehen», sagte er leise. «Du bist mir so fremd in dem schönen Kleid, in dieser Umgebung, neben diesem stattlichen Mann. Bist du glücklich?»
Sie zögerte mit einer Antwort und dachte an die düsteren Gedanken, die ihr eben noch durch den Kopf gegangen waren.
«Ich weiß nicht, es ist alles so anders. Ich glaube, meine glücklichste Zeit war bei euch in Lehen, und die ist jetzt eben vorbei. Andererseits –», sie schob mit der Schuhspitze einen Stein weg, «bis in alle Ewigkeit als Schankfrau arbeiten?» Und dir ein Leben lang nachtrauern, dachte sie bei sich. «Nein», sagte sie laut, «so ist es schon besser, ich bin zufrieden.»
Sie kickte den Stein weg. «Und du? Du bist sicher glücklich mit deiner Familie. Wo ihr doch bald euer zweites Kind erwartet.»
«Ach, Cathi, was weißt du schon. Sofie ist ein herzensguter Mensch, aber so zart. Wie ein Windhauch oder eine Eisblume, so ganz anders als du. Mit dir konnte ich lachen und albern sein, wir hatten immer so viel Spaß miteinander.»
Da näherten sich Schritte. Christoph zog sie ins Treppenhaus. Regungslos warteten sie, bis die Schritte vorüber waren. Dann zog er sie heftig an sich und küsste sie. Als würde sie aus einem langen düsteren Traum erwachen, spürte sie die alte Leidenschaft für ihn wieder aufflammen. Nur war sie jetzt kein kleines Mädchen mehr, und so erwiderte sie bereitwillig seine ungestümen Zärtlichkeiten. Christoph hatte schon die Hand unter ihr Mieder geschoben, als ihr plötzlich die Unmöglichkeit dieser Situation vor Augen trat. Jederzeit konnten sie hier im Treppenhaus überrascht werden – unvorstellbar, was dann geschehen würde! Sie trat einen Schritt zurück und glättete ihr Kleid.
«Wir sind verrückt geworden. Wir müssen sofort zu den anderen.»
«Du hast Recht.» Unglücklich sah er sie an. «Weißt du, was ich immer wieder denke? Dass mein Leben verpfuscht
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