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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Sie ging ungern in die öffentliche Badestube, und wenn, dann am frühen Morgen, wo sie hauptsächlich von Frauen und Kindern besucht wurde. Denn sie mochte die oft schlüpfrige Ausgelassenheit der Badegäste nicht, auch wenn in letzter Zeit die Obrigkeit verstärkt ein Auge darauf hielt, dass in den Bädern Anstand und Sitte gewahrt blieben.
    «Du siehst schön aus», sagte Michael zur Begrüßung und küsste sie auf das duftende Haar. Als sie die Große Gasse hinuntergingen, vorbei an den hölzernen Lauben der Metzger und Bäcker, grüßte er nach rechts und links. Jeder hier schien ihn zu kennen. Vor dem Haus zum Kehrhaken, einem dreistöckigen Fachwerkbau mit einem mächtigen Erdgeschoss aus Stein, blieb er stehen.
    «Mein Vater ist manchmal etwas bärbeißig, lass dich davon nicht beirren. Halte dich am besten ein bisschen zurück und sei nicht so kratzbürstig wie mit mir», versuchte er zu scherzen, doch seine Unruhe war ihm deutlich anzumerken.
    Ein älteres Dienstmädchen öffnete ihnen die schwere eisenbeschlagene Tür.
    «Ihr Herr Vater wartet schon oben im Essraum», sagte sie zu Michael. Catharina nickte sie kühlen Blickes zu.
    Als Catharina hinter Michael die knarrenden Stufen hinaufstieg, spürte sie, wie ihr Herz klopfte. Noch nie war sie in einem so vornehmen Haus gewesen. Zwar war das Anwesen in Lehen auch großzügig und in ihren Augen fast schon herrschaftlich, doch wurde dort jede Kleinigkeit von Zweckmäßigkeit bestimmt. Hier aber gab es Schmuck und Verzierung. Entlang der Tannenholztreppe führte ein kunstvoll geschnitztes Geländer, die Fensternischen in der Diele waren mit kostbaren Kacheln besetzt, und die Türen trugen Klinken aus blitzblankem Messing.
    Catharina blinzelte, als sie das helle Esszimmer betrat. Dann sah sie die Umrisse eines großen, kräftigen Mannes am Fenster stehen.
    «Vater, das ist Catharina Stadellmenin.»
    Catharina deutete einen Knicks an, als der alte Bantzer auf sie zukam. Bis auf seine Größe und die gebogene Nase hatte er keinerlei Ähnlichkeit mit seinem Sohn. Seine Gesichtszüge waren viel grober, beinahe aufgeschwemmt, und die tief liegenden Augen waren von wässrigem Hellgrau. Die Haare, graubraun und schütter, reichten ihm bis in den Nacken, ein Spitzbart bedeckte sein breites Kinn und betonte unvorteilhaft seine hängende Unterlippe, die eine gelbe Zahnreihe den Blicken preisgab.
    «Schön, dass ich dein Mädchen endlich kennen lerne.» Ein Vorwurf schien in dieser Bemerkung mitzuschwingen, doch Catharina kümmerte sich nicht darum, schließlich war es nicht ihre Schuld, dass sie sich jetzt erst begegneten. Der Alte betrachtete sie eine Weile von oben bis unten, dann deutete er zum Tisch.
    «Nehmt Platz, das Essen wird gleich aufgetragen.»
    Sie setzten sich an die riesige Tischplatte aus poliertem Nussbaum, die auf zierlichen gedrechselten Säulen ruhte: der Vater am Kopfende, Catharina und Michael mit etwas Abstand zu seiner Rechten und Linken. Eine dicke Frau erschien mit einem Kessel Fischsuppe und füllte die zinnernen Teller. Catharina staunte, denn auch die zierlichen Löffel waren aus kostbarem Zinn.
    «Du bist also die Tochter des Marienmalers, der vor ein paar Jahren gestorben ist», begann der alte Bantzer das Gespräch. «Ich habe deinen Vater ein paar Mal getroffen, er hat im Auftrag unserer Zunft einen Bildstock gefertigt. Ein begabter Mann.» Er schenkte ihnen Rotwein ein. «Ich habe gehört, dass du einige Jahre in diesem großen Gasthaus in Lehen gewohnt hast. Dann kennst du dich ja mit Haushaltsführung aus.»
    «Ich weiß nicht recht, was Ihr mit Haushaltsführung meint, ich habe vor allem in der Gaststube bedient und abgerechnet. Und dann habe ich mich mit meiner Tante um Bestellungen und Einkäufe gekümmert.»
    «Auch gut, auch gut. Falls ihr heiratet, wirst du natürlich in dieser Vorstadtschenke kündigen. Was bringst du mit in die Ehe?»
    «Aber Vater», mischte sich Michael Bantzer ein, «ich habe dir doch bereits erzählt, dass …»
    «Nein, Michael, lass nur.» Catharina sah dem Alten offen ins Gesicht. «An Hausrat besitze ich so gut wie nichts, aber von dem Erbe meines Vaters und durch meine Arbeit habe ich über zweihundert Gulden gespart.»
    Catharina war stolz auf ihren Reichtum, doch Michaels Vater schien diese Summe nicht zu beeindrucken. Mehr wollte er von ihr nicht wissen, stattdessen erzählte er, während eine silberne Platte mit Braten, Fisch und Geflügel nach der anderen aufgetragen wurde, in aller Breite von

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