Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
Vom Netzwerk:
kürzester Zeit in schmutzigen Matsch, der ihr jeden Gang durch die Gassen verleidete.
    Die langen Abende verbrachte sie jetzt oft im Bücherkabinett. Der Alte hatte ihr anstandslos einen Schlüssel machen lassen mit der Bitte, den Raum immer abzuschließen und die Bücher wieder an ihren Standort zurückzustellen. Mit einer Öllampe neben sich machte sie es sich in dem schweren Lehnstuhl bequem und blätterte in den Büchern.
    Gleich in Augenhöhe standen ein paar lateinische Schriften, und sie fragte sich, wer in dieser Familie so gut Latein konnte. Sie selbst verstand davon kein Wort, und auch die Namen der Schreiber sagten ihr nichts, bis auf Erasmus von Rotterdam, von dem sie wusste, dass er ein berühmter Gelehrter war und einige Jahre in Freiburg gewohnt hatte. Abgesehen von Meisterliedern der Singschulen in Mainz und Nürnberg, einer ziemlich neuen Fassung von Reineke Fuchs sowie zwei Bänden mit Fastnachtsspielen von Hans Sachs waren die übrigen Regale in der Hauptsache mit Ratgebern für Haus, Familie und Gesundheit besetzt.
    Die Fastnachtsspiele las sie als Erstes, besser gesagt: verschlang sie, und sie musste sich dazu zwingen, nicht schon vormittags das Bücherkabinett aufzuschließen. Anschließend durchstöberte sie die braven Ratgeber für Hausväter. Neben ihrer Meinung nach ziemlich dummen Sprüchen wie «Weiberregiment nimmt kein gutes End» und ärgerlichen Charakterisierungen des weiblichen Wesens fand sie auch bemerkenswerte Ausführungen zur Aufgabenverteilung im Haushalt und zu Liebe und Partnerschaft. Natürlich waren alle diese Schriften von Männern verfasst, die allein das Recht für sich in Anspruch nahmen, die Aufgaben der einzelnen Familienmitglieder und des Gesindes festzulegen, und umso mehr wunderte sie sich, dass der Frau hin und wieder Eigenständigkeit und Verstand zugebilligt wurden.
    Wie gern hätte sie sich mit jemandem über das Gelesene unterhalten, aber Lene war weit weg, Michael konnte nicht verstehen, dass eine Frau sich stundenlang mit Büchern beschäftigte, und dem alten Bantzer ging sie, soweit es möglich war, aus dem Weg. Und Christoph? Sie redete sich ein, dass er keine Bedeutung mehr für sie besaß.

    An Ostern kam es zum endgültigen Bruch mit dem Hausmädchen, und damit sollte sich für Catharina einiges verändern. Für Sonntag waren wichtige Gäste aus der Zunft und dem Magistrat zum Essen geladen, und Catharina stand in der Küche, um mit der Köchin Barbara die Speisenfolge zu besprechen. Da fiel ihr Blick auf das aufgeschlagene Haushaltsbuch, in dem Gertrud die täglichen Ausgaben festhielt. Das Hausmädchen erhielt von Michael wöchentlich eine feste Summe für ihre und Barbaras Einkäufe und rechnete am Ende der Woche mit ihm ab. Catharina führte ihrerseits ein eigenes Ausgabenbuch, was sie unsinnig fand, da am Monatsende beide Bücher zusammen geführt werden mussten.
    «Wo gibt’s denn so was, dass ein Dienstmädchen selbst Buch darüber führt, was sie ausgibt?», schimpfte sie irgendwann. Achselzuckend hatte Michael ihr daraufhin erklärt, dass das früher Aufgabe seiner Mutter gewesen war, die aber dazu, nachdem sie krank wurde, nicht mehr in der Lage war. Weder er noch sein Vater hätten Zeit für solche Dinge, und so schien ihnen Gertrud am geeignetsten. «Sie ist schließlich keine gemeine Magd, sondern hat ein bisschen lesen und schreiben gelernt und steht schon ihr Leben lang in unseren Diensten.»
    Neugierig schaute sie sich jetzt Gertruds letzte Eintragungen an und sah sofort, dass der letzte Posten nicht stimmen konnte. Unter dem gestrigen Tag stand mit ungelenken Buchstaben: «Fisch, 15 PF». Zufällig war Catharina aber an diesem Morgen beim Fischhändler vorbeigekommen und hatte einen begehrlichen Blick auf die riesigen Forellen geworfen. Der Händler hatte gelacht: «Da habt Ihr wohl dieselbe Idee wie Eure Köchin. Vor gerade einer Stunde habe ich ihr ein Prachtexemplar für nur zehn Pfennige verkauft.»
    Catharina schaute der Köchin fest ins Gesicht und fragte: «Wie viel hast du heute Morgen für die Forelle bezahlt?»
    «Na, zehn Pfennige, ein sehr günstiges Angebot.»
    «Hast du sonst noch etwas beim Fischhändler gekauft?»
    «Nein, das war alles.»
    «Und warum hat Gertrud dann fünfzehn Pfennige eingetragen?»
    Catharina glaubte nicht, dass die Köchin in die eigene Tasche wirtschaftete, obwohl Barbara jetzt rot anlief, denn sie begann zu ahnen, worum es ging. Gertrud wurde hereingerufen, und Catharina zeigte auf die

Weitere Kostenlose Bücher