Die Hexe von Freiburg (German Edition)
keine Vorschriften über die täglichen Ausgaben und Einkäufe. Manchmal, vor allem wenn Gäste da waren und er ein bisschen getrunken hatte, konnte er sogar richtig verliebt wirken. An solchen Abenden hoffte sie darauf, dass er sich ihr näherte, aber nach dem üblichen Gutenachtkuss legte er sich auf die Seite und schlief sofort ein. Danach blieb sie oft lange wach und überlegte, was sie womöglich falsch machte.
Catharina überwand ihre alte Schüchternheit in diesen Dingen und fragte Lene um Rat.
«Ach, Cathi.» Sie schien sichtlich enttäuscht über Catharinas Schilderung. «Und ich dachte, dieser Mann macht dich glücklich.»
Dann fragte sie in ihrer direkten Art, ob Michael vielleicht eine Geliebte habe.
Catharina schüttelte den Kopf.
«Ich glaube nicht. Das hätte ich gemerkt.»
«Vielleicht solltest du ihn im Bett ein bisschen mehr reizen. Manche Männer mögen es, wenn die Frau die Zügel in die Hand nimmt.»
Catharina war der Meinung, dass sich der Reiz zwischen Mann und Frau in geschlechtlichen Dingen von ganz allein entwickeln sollte, und der Gedanke, einen Mann willentlich zu verführen, war ihr fast peinlich. Dennoch machte sie sich an diesem Abend besonders hübsch, zog ein frisches, mit Spitzen besetztes Nachthemd an und kuschelte sich von hinten an Michael, nachdem sich dieser wie gewohnt zum Einschlafen auf die Seite gedreht hatte. Vorsichtig strich sie ihm über Schenkel und Bauch und nahm dann sein Glied in die Hand, das unter ihren Berührungen rasch größer wurde.
«Dich hat ja heute der Hafer gestochen», lachte er – ein Lachen, das sie eher befremdete als freute. Aber sie hatte Erfolg: Er drehte sich zu ihr um, fasste ihre beiden Handgelenke und legte sich der Länge nach auf sie.
«So gefällt mir das», stöhnte er und drang in sie ein. Nach wenigen Stößen kam er. Mit einem befriedigten Grunzen rutschte er von ihr herunter und schlief ein.
Catharina schlüpfte unter die Decke. Zweifelnd fragte sie sich, ob es wirklich das war, was sie wollte. Aber vielleicht war sie in diesen Dingen einfach zu ungeduldig.
14
Der Winter schien endlos, und Catharina vermisste ihre Base sehr. Kurz vor Weihnachten heiratete Lene wie angekündigt ihren Hauptmann in Ensisheim, von ihrer Familie hatten nur Christoph und Marthe den weiten Weg ins Elsass auf sich genommen. Die Reise musste eine einzige Strapaze gewesen sein, mit Wolkenbrüchen und Erdrutschen, aber dafür hatten sie ein prachtvolles Hochzeitsfest und eine strahlende, ausgelassene Lene erlebt. Catharina wünschte ihr von ganzem Herzen, dass sie glücklich werden möge, glücklicher, als sie es mit Michael war.
Ihre Taktik der Annäherung abends im Bett hatte nicht lange Früchte getragen. Schon nach wenigen Wochen erlahmte Michaels Interesse an ihr wieder, und es kam sogar vor, dass er, wenn er spät zu Bett ging, in der ehemaligen Kammer seiner Schwester schlief. Er wolle sie nicht wecken, hatte er ihr beim ersten Mal erklärt.
Eines Abends im Januar hatten sie im Kreise der Gesellen ein kleines Festessen gegeben, da die Männer einen wichtigen Auftrag rechtzeitig zu Ende gebracht und dafür einen unvorhergesehen hohen Erlös erzielt hatten. Der alte Bantzer und Michael waren bester Laune, was sich im Laufe des Abends auf Catharina übertrug. Lustige Schwänke machten die Runde, Neckereien flogen hin und her, bis Catharina feststellte, dass es Benedikt Hofer war, mit dem sie die meiste Zeit scherzte. Benedikt erinnerte sie immer häufiger an Christoph, auch in seiner Art von Humor. Als sie zu Bett gingen, bekam Catharina große Lust, mit Michael zu schlafen, doch er reagierte nicht auf ihre Umarmung. Plötzlich schob er ihre tastende Hand fast gewaltsam zur Seite und herrschte sie an, sie solle ihn gefälligst schlafen lassen. Catharina war entsetzt. Obwohl er sich am nächsten Morgen entschuldigte – «Tut mir Leid, ich war wohl ein wenig betrunken» –, hatte sein Verhalten ihrer Seele einen Riss versetzt. Sie kam sich vor wie eine zurückgewiesene Dirne und war froh, als er die nächsten Tage in der Nachbarkammer schlief.
Trotz der Wärme, die die Kamine und der Kachelofen verbreiteten, erschien Catharina das Haus kalt und freudlos. Sie langweilte sich mehr denn je und dachte mit Wehmut an die Wintertage in Lehen zurück, an denen die Bäume ihre kahlen Arme in den blauen Himmel gereckt hatten und die Sonne die verschneiten Flächen wie Kristall glitzern ließ. Hier in der Stadt verwandelte sich der Schnee binnen
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