Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Eintragung.
«Wieso stehen hier fünfzehn Pfennige, wenn die Forelle nur zehn gekostet hat?»
«Wenn Barbara Einkäufe macht, schreibe ich genau den Betrag auf, den sie mir nennt», erwiderte Gertrud patzig. Und nach einer kurzen Pause: «Ich will ihr ja nichts unterstellen – vielleicht hat sie sich versprochen.»
Die Köchin ballte die Fäuste vor Wut, versuchte aber, sich zu beherrschen.
«Ich weiß, dass mein Wort weniger gilt als deins, aber ich schwöre bei Gott, unserem Herrn, dass ich dir noch nie einen falschen Betrag genannt habe.»
«Ach», Gertrud lachte höhnisch auf und tippte der Köchin mit ihrem Zeigefinger auf die Brust. Ihre Hand war behaart wie die eines Mannes. «Wieso kannst du dir dann dieses vornehme rote Seidentuch leisten, mit dem du neuerdings ausgehst?»
Bevor Barbara etwas erwidern konnte, stellte sich Catharina dicht vor dem Hausmädchen auf. Sie hatte jetzt endgültig die Nase voll von Gertruds hochnäsigem und herrschsüchtigem Wesen.
«Es steht Aussage gegen Aussage, keinem von euch beiden ist etwas zu beweisen. Mag sein, dass es sich tatsächlich nur um einen Irrtum handelt, aber dass du Barbara beschuldigst – und du weißt genau, wie hart Betrug bestraft wird –, ist eine Unverschämtheit. Das Seidentuch hat sie im Übrigen von mir geschenkt bekommen.»
Das stimmte nicht, aber Catharina war sich sicher, dass die Köchin es von einem Verehrer geschenkt bekommen hatte. Gertrud war bei ihren Worten kreidebleich geworden.
«Ich lasse mich von Euch nicht beleidigen, von einer – einer ehemaligen Schankfrau!»
«Jetzt reicht’s. Du bist entlassen.»
«Ich wollte sowieso gehen.» Sie band ihre Schürze ab und warf sie wütend auf den Boden.
Beim Mittagsessen tadelte der alte Bantzer Catharina.
«Kind, was hast du da angerichtet? Getrud war immer eine zuverlässige Kraft. Du hättest es nicht zu einem Streit kommen lassen dürfen, das ist unter der Würde einer Hausherrin, wenn du verstehst, was ich meine.» Er hatte Gertrud mit viel Mühe und einer großzügigen Abfindung überreden können, wegen des bevorstehenden Festessens erst nach Ostern zu gehen.
Zum ersten Mal erlebte Catharina, dass Michael Stellung gegen seinen Vater bezog.
«Ich glaube, dass Catharina recht gehandelt hat. Es geht nicht, dass ein Dienstmädchen seinen Herrschaften auf der Nase herumtanzt. Und das tut Gertrud seit geraumer Zeit. Wir werden uns eben nach einem neuen Mädchen umsehen.»
Gleich am Morgen nach Ostern verschwand Gertrud, ohne sich zu verabschieden. Catharina hatte nun alle Hände voll zu tun, mit Hilfe der Köchin das große Haus in Schuss zu halten. Dabei blühte sie regelrecht auf und fand zu ihrer alten Tatkraft zurück. Auch Barbara arbeitete ohne Murren von frühmorgens bis spät in die Nacht.
Zwei Wochen nach Gertruds Kündigung – Michael war zu einer längeren Unterredung in der Ratskanzlei – ließ die Köchin Catharina ausrichten, der alte Herr erwarte sie zu einem Gespräch im Bücherkabinett. Catharina runzelte die Stirn. Was hatte das zu bedeuten?
Bantzer stand am Lehnstuhl, auf dem Tischchen neben sich eine offene Flasche Portwein mit zwei Gläsern.
«Liebe Catharina, setz dich doch und trink einen Schluck mit mir. Ich habe etwas mit dir zu besprechen.»
Dankend winkte Catharina ab, als er ihr ein gefülltes Glas reichte. Daraufhin leerte er es selbst in einem Zug.
«Wir sollten jetzt endlich ein Mädchen einstellen, spätestens diese Woche. Es geht nicht, dass du dich den ganzen Tag so abrackerst. Ich weiß zwar deinen Einsatz zu schätzen, aber auf dich warten andere Aufgaben.»
Catharina wurde misstrauisch. Der Alte wollte doch sicherlich nicht über Dienstmädchen mit ihr reden, das waren Dinge, die sie offen bei Tisch besprachen. Er füllte sich Wein nach.
«Wie lange seid ihr nun schon verheiratet?»
Catharina musste nachrechnen, denn es kam ihr unendlich lange vor.
«Sieben Monate sind es.»
«Sieben Monate, so, so.» Er nahm einen tiefen Schluck. «Ich will ja nicht wissen, wie euer Eheleben nachts verläuft, das geht mich nichts an, aber es wundert mich doch, dass du noch nicht guter Hoffnung bist. Oder bist du es gar?»
Jetzt war die Katze aus dem Sack.
«Nein, bin ich nicht. Hat sich Michael etwa bei Euch beschwert?»
«Natürlich nicht, meine Liebe.» Dann dozierte er in aller Ausführlichkeit über die Rolle einer Ehefrau im Allgemeinen und insbesondere in einer Familie wie der seinen. Catharina sah gelangweilt aus dem Fenster. Unten
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