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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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entlassen müssen. Wo stünde sie jetzt, wenn sie nicht Michael kennen gelernt hätte? Nein, sie war zufrieden, und sie hätte sich kein anderes Leben gewünscht, wäre es nicht im März zu einem hässlichen Vorfall gekommen.
    Alle Welt wartete auf einen trockenen, sonnigen Frühling. Stattdessen brach eine Kältewelle herein, als wollte der Winter ein letztes Mal seine eisige Macht beweisen. An jenem Abend saßen sie alle dicht beim Kachelofen, der aus voller Kraft heizte, obwohl Brennholz inzwischen knapp geworden war. Michael war außer sich vor Wut. Er hatte eben erfahren, dass der Auftrag für neue Gitter im Kornhaus wider Erwarten an die Konkurrenz gegangen war.
    «Die haben uns einfach unterboten, mit einem Angebot, bei dem sie nicht mal das Material bezahlen können, geschweige denn ihre Arbeiter.»
    Catharina wollte ihn beruhigen, aber er fuhr ihr über den Mund.
    «Du verstehst davon nichts. Du hast keine Ahnung, wie hart das Geschäft inzwischen geworden ist.»
    Sein Vater saß in der Ecke und schaute nicht einmal von seinem Buch auf. Er wurde immer gleichgültiger, was die Schlosserei betraf. Manchmal fragte sich Catharina, ob nicht sein Verstand langsam litt, denn er vergaß oder verlor unablässig wichtige Dinge. Catharina verabschiedete sich, um ins Bett zu gehen, denn sie hatte einen anstrengenden Tag hinter sich.
    Als sie in ihrer eisigen Kammer die Bettdecke zurückschlug, musste sie lächeln: Elsbeth hatte ihr einen heißen Ziegel unter die Decke gelegt. Behaglich kuschelte sie sich in das vorgewärmte Bett. Sie fand Michaels Aufregung übertrieben. Wenn das Geschäft schlechter ging, würden sie eben noch mehr sparen müssen, sie hatten noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Außerdem besaßen sie genügend Rücklagen. Sie hörte, wie Michael mit schweren, wütenden Schritten unter ihr hin und her ging. Sie versuchte einzuschlafen, doch ein zunehmender Druck auf die Blase zwang sie, aufzustehen und den eisigen Abort aufzusuchen. Als sie wieder herauskam, stand Michael vor der Tür.
    «Bist du endlich so weit», herrschte er sie an.
    «Sei doch nicht so schlecht gelaunt, das ändert auch nichts. Komm lieber in mein Bett, Elsbeth hat es vorgewärmt.»
    «Lass mich bloß damit in Ruhe. Das ist doch alles verlorene Liebesmüh.»
    «Wie meinst du das?»
    «Du wirst ja nicht einmal schwanger!»
    Catharina starrte ihn an. «Was sagst du da? Vielleicht solltest du dich selbst einmal nach den Ursachen fragen. Wie soll ich schwanger werden, wenn du nicht mehr bei mir liegst?»
    Er schob sie zur Seite und trat in den Abort. Dann drehte er sich nochmal um.
    «Da kann ich ja gleich mit einer Strohpuppe ins Bett. Lass dir mal von anderen Frauen sagen, wie man richtig vögelt.»
    «Wie gemein du sein kannst!» Catharinas dunkle Augen funkelten schwarz vor Zorn. «Du weißt ja selber nicht, wie man eine Frau befriedigt.»
    Da holte Michael aus und schlug ihr mit voller Wucht ins Gesicht, dass ihre Wange wie Feuer brannte. Sekundenlang blieb sie wie versteinert stehen, dann rannte sie in ihre Kammer und knallte die Tür hinter sich zu. Sie bebte vor Wut. Dieser eingebildete, selbstsüchtige Hundsfott! Dabei war er ein Versager als Mann, alles nur leere Luft, dieses männliche Geprotze vor anderen!
    Am nächsten Morgen war ihre Wange unterhalb des rechten Auges geschwollen, und sie blieb den ganzen Vormittag im Bett. Dieses Mal entschuldigte Michael sich nicht für sein Verhalten, sondern blieb tagelang mürrisch. In ihr erlosch der letzte Funken Liebe zu diesem Mann. Sie spürte eine Mauer zwischen sich und ihm, die er nie wieder würde einreißen können.

    Statt des lang ersehnten Frühjahrs hielt gleich der Sommer Einzug. Ende April verwandelte sich das schmuddelige Winterwetter übergangslos in trockene Hitze. Die Bauern, die eben erst ihre Felder bestellt hatten, freuten sich zunächst über die Wärme, die die Saat schneller als sonst sprießen ließ. Die Gassen Freiburgs verloren ihren modrigen Geruch, und mit der warmen Sommersonne besserte sich die Stimmung der Bürger spürbar. Selbst die Preise für Nahrungsmittel sanken etwas, und ein Großteil der Stadtbewohner hielt ein Ende der Not für schon in Sicht.
    Die Bauern aus dem Umland beobachteten die anhaltende trockene Witterung allerdings bald mit Stirnrunzeln. Sie sahen, dass die Dreisam Niedrigwasser führte, was völlig ungewöhnlich für diese Jahreszeit war. Sie fürchteten eine neue Missernte, diesmal wegen Wassermangels. Auch die

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