Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
Vom Netzwerk:
Flugblätter des Bauernkalenders sagten eine lange Trockenheit voraus. Und es sollte sich bewahrheiten.
    Als eine Mühle nach der anderen wegen des geringen Wasserstandes die Arbeit einstellen musste, hatte der Magistrat den glänzenden Einfall, die Dreisam an geeigneter Stelle zu sperren und das kostbare Wasser in den städtischen Mühlbach zu leiten. Das Ergebnis war, dass die Dörfer am unteren Flusslauf nun buchstäblich auf dem Trockenen saßen. Aufgebracht stürmten die Bewohner, mit Äxten und Mistgabeln bewaffnet, das Rathaus und drohten, alles kurz und klein zu schlagen. Zähneknirschend machten die Ratsherren ihre Maßnahme rückgängig.
    Ungeachtet der Ängste vor einer erneuten Hungersnot genoss Catharina den plötzlichen Sommer. Um das Beste aus ihrer Situation zu machen, konzentrierte sie sich auf ihre täglichen Aufgaben und freute sich über Komplimente der Männer oder ihre Wortgeplänkel, die fast an keinem Tag ausblieben und ihr das Gefühl gaben, trotz allem eine begehrenswerte Frau zu sein. Im Innersten blieb sie unberührt von diesen Schmeicheleien, außer bei Benedikt. Je länger sie ihn kannte, desto eingenommener war sie von seinem strahlenden Blick, seinem offenen Wesen, seinem verschmitzten Humor. Da sie keine Dummheit begehen wollte, hielt sie sich ihm gegenüber mit Bedacht zurück.
    Eines Morgens Ende Mai wachte sie auf und beschloss, nach Lehen zu wandern. Sie verspürte ganz plötzlich Lust, ihre alte Heimat wiederzusehen, und dieses Mal wollte sie Christoph nicht aus dem Weg gehen. Im Gegenteil, sie wollte mit ihm sprechen und erfahren, wie es ihm wirklich ging. Und vielleicht gab es auch Neuigkeiten von Lene.
    Fast sechs Jahre war sie nicht mehr im Gasthaus ihrer Tante gewesen, und als sie beim Morgenmahl Michael von ihrem Plan erzählte, wurde sie immer aufgeregter.
    «Du weißt, dass es zurzeit nicht ungefährlich ist, allein unterwegs zu sein», meinte er dazu.
    Sie wehrte ab. «Wie oft bin ich diesen Weg schon gegangen! Außerdem hat man seit Wochen von keinen Überfällen mehr gehört.»
    Er redete ihr nicht weiter drein, gab ihr aber einen kleinen Beutel mit ein paar Münzen darin, für den Fall, dass sie auf einen Wegelagerer stieß.
    «Gib ihm den Beutel, dann wird er dich in Ruhe lassen.»
    Catharina war erstaunt über die Fürsorge ihres Mannes, und jetzt erst fiel ihr auf, dass er seit ein paar Tagen ihr gegenüber sehr aufmerksam war. Ein bisschen spät für Reue, dachte sie, freute sich aber trotzdem.
    Sie packte einen frisch gebackenen Gewürzkuchen ein und machte sich auf den Weg. Keine Wolke war am Himmel zu sehen, die Sonne brannte zu dieser frühen Stunde wie sonst nur im Hochsommer. Auf den Feldern, deren trockener Boden schon Risse zeigte, standen überall gebückte Gestalten mit riesigen Strohhüten: Bauern und Landarbeiter, meist von Frau und Kindern unterstützt, hackten die harte Krume auf, um den Boden mühselig mit dem Wasser der Dreisam und kleinerer Bäche zu bewässern.
    Um die staubige Landstraße zu meiden, schlug Catharina den schattigeren Pfad am Fluss entlang ein. Obwohl es ein Umweg war, ließ sie Betzenhausen rechts liegen und durchquerte den Buchenhain, in dem sie als Mädchen so oft Zuflucht gesucht hatte. Sie fand die Stelle wieder, wo sie mit Christoph ihre unbeholfenen Zärtlichkeiten ausgetauscht hatte. Die Erinnerung an jene Zeit versetzte ihr einen Stich.
    Mit einem Mal wusste sie, was sie nach Lehen trieb. Sie wollte Ordnung schaffen in ihrem Herzen und in ihrem Leben, endgültig und ohne Wehmut. Ihr war der Platz als Meistersfrau an der Seite von Michael Bantzer beschieden, Christoph musste seine Aufgaben als Familienoberhaupt erfüllen. Nie wieder wollte sie daran rütteln.
    «Was für eine Überraschung!» Marthe kam ihr mit Moses im Obstgarten entgegen, in ihrem Gesicht stand die blanke Freude. «Wie schön, dass du endlich einmal zu uns herauskommst!»
    Der Hund warf sich Catharina zu Füßen, und sie kraulte seinen zottigen Bauch. «Es ist viel zu trocken für die Jahreszeit, nicht wahr?», fragte sie mit einem Blick auf den Wassereimer in Marthes Hand.
    Ihre Tante seufzte. «Ich hab kein gutes Gefühl. Seit letztem Herbst sitzt den Leuten das Geld nicht mehr so locker in der Tasche, und wir haben weniger Gäste. Aber ich fürchte, es wird noch viel schlimmer. Es gab bereits zwei Flurprozessionen, und letzte Woche ist hier der erste Wettermacher aufgetaucht und hat auf Hübners Acker sein Hexenmesser in die Luft geschleudert, obwohl

Weitere Kostenlose Bücher