Die Hexe von Hitchwick
kleiner Teufelskreis, in dem sich die Menschen da befanden. Man ist Kind, sieht die Schattenwesen, doch niemand glaubt einem, man lernt sogar, dass es falsch ist, über solche Dinge zu sprechen. Dieses Wissen, diese Lektion, brennt sich tief in die Seele und man wird sie an seine Kinder weitergeben, wenn man erwachsen ist.
Sehen, sich fürchten, hoffen und schweigen. Ängstlich unter der Bettdecke kauern mit angezogenen Knien, stets darauf bedacht , keinen Fuß, keinen Finger unter der Decke hervorlugen zu lassen, damit ES einen nicht zu packen bekommt und mit sich schleift. Horchend auf das erste Zwitschern der Vögel, die das Erwachen des Lichts ankündigen und einen endlich einschlafen lassen. All das erleidet man still als Kind, denn keiner glaubt einem. Kaum ist man groß, behandelt man seine Kinder genauso.
Morgan griff zum Telefon, drückte die Eins und wartete, während sie auf dem Computerbildschirm die Hotelangebote durchging. Der Anrufbeantworter sprang an.
„He Sug. Hol mich morgen früh um neun Uhr ab, wir fahren nach Hitchwick. Zimmer buche ich gerade. Werkzeug packe ich ein. Bis morgen.“
„Das war das!“, murmelte sie wieder dem Bildschirm zu.
Morgan überlegte kurz, dann entschied sie, alle wichtigen Informationen zu dem Fall auszudrucken, der Organisation bescheid zu geben und für heute Feierabend zu machen. Zumindest mit dieser Arbeit, es gab da nämlich Jemand, der auf ein Zwitschern wartete, nur wollte sie einfach nicht den richtigen Vogel finden.
Kaum hatte Morgan die Heckklappe des Autos aufgemacht, schallte ihr schon ein überschwängliches „Morgen“ quer durch das Auto entgegen. Murmelnd gab sie den Gruß zurück. Manch ein Auftrag verlangte noch früher aufzustehen, doch die Gewohnheit änderte nichts an Morgans Morgenmuffeligkeit.
„Was ist los, bist du noch nicht wach? Du hast die Uhrzeit festgelegt.“
„Die Nacht war etwas kurz“, gab Morgan zurück, während sie mit dem Gurt kämpfte.
„Was hältst du von dem Fall? Meinst du, es steckt eine Hexe dahinter, oder sieht es mehr nach dem Bogeyman aus?“
„Ist noch zu früh für Spekulationen. Wobei wir Ihn wohl ausschließen können, die Mädchen lagen etwas über seiner Altersklasse. Viel mehr können wir allerdings zurzeit nicht ausschließen, dafür waren die brauchbaren Infos zu spärlich.“
„Kannst du immer noch nicht zwischen Aberglaube und Tatsache unterscheiden? Warum sprichst du seinen Namen nicht aus?“, fragte Sug mit einem schmunzelnden Unterton.
„Vorsicht ist besser als Nachsicht. Zudem weißt du genau, dass sie sich nicht einig sind, ob sein Erscheinen nicht doch mit dem Aussprechen des Namens zusammenhängt. Findest du, es ist die rechte Zeit für solche Gesp räche? Ich hätte gerade fast den Gurt erwürgt, nur weil er mich genervt hat.“
„Du willst ja wohl nicht die ganze Fahrt über grummelig sein?“
„Und du willst hoffentlich nicht die ganze Fahrt über nerven“, sagte Morgan und bereute sofort ihre Worte.
„Entschuldige bitte. War nicht so gemeint.“
„Schon gut.“
Sug wusste, was der eigentliche Grund für Morgans miese Stimmung war. Es war nicht nur ihre übliche Morgenmuffeligkeit. So ging es nun schon seit Wochen, seit der Auftrag schief gegangen war.
Es blieb nicht aus, dass sie unter Schlafmangel litt, wenn sie jede Nacht unzählige Bücher wälzte oder das Internet durchforschte. Sie war wie besessen von der Geschichte mit Amelie. Auch Sug ging es ziemlich nah, allerdings konnten sie im Moment nichts ausrichten und bis die Gesellschaft eine Lösung gefunden hatte, brauchten sie ihre Kräfte für andere Aufträge.
Nicht immer lief es so, wie es l aufen sollte. Das war nicht richtig, eigentlich lief es nie so, wie es laufen sollte. Und es war auch normal, dass man angeschlagen war, wenn etwas schief ging, doch bei dieser Geschichte war es etwas anderes. Der missliche Ausgang des Auftrags hatte Morgan getroffen, schwer getroffen. Sie sprach nicht darüber, sie hatte ihre Gefühle weggesperrt, überlagerte sie mit Arbeit und Nachforschungen.
Innerlich kämpfte Sug mit sich, sollte sie Morgan darauf ansprechen oder es lieber sein lassen?
Es würde ihr vielleicht gut tun darüber zu sprechen. Vie lleicht würde ihre Stimmung noch tiefer sinken. Ihr Verstand sagte ihr ganz klar, es sei besser, die Klappe zu halten, nur vom Herzen her drängte die Sache geradezu ihre Kehle hinauf.
„Hast du wieder die Bücher gewälzt?“
Ein brummendes mrr war die Antwort.
„Morgan
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