Die Hexe von Hitchwick
einzige in Hitchwick. Natürlich hätte sie etwas in einer der größeren Nachbarstädte suchen können, Morgans Gefühl sagte ihr jedoch, es sei wichtig vor Ort zu bleiben. Hitchwick war mehr als ein verschlafenes Nest, und wenn etwas geschehen würde, wollte sie vor Ort sein. So mussten sie sich eben mit zwei kleinen Zimmern und einem Bad begnügen. Es gab zwar nur ein Bett, eine Kommode, einen kleinen Tisch und einen Stuhl, dafür war ein Internetanschluss vorhanden. Und um Sug zu besänftigen, hatte sie das etwas größere Zimmer bekommen. Sugs Gesichtsausdruck zeigte allerdings noch immer ein gewisses Maß an angesäuert sein, als sie sich auf Morgans Bett schmiss.
„Und wie gehen wir jetzt vor?“
„Wir sollten nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen“, sagte Morgan.
„Wieso nicht, hat doch schon einmal geklappt.“
„Schon mal etwas von Gefahr in Verzug gehört? Ich dachte, jemand sei in Gefahr, nur deswegen bin ich mit der Tür ins Haus gefallen.“
„Geholfen hat es trotzdem“, sagte Sug.
„Wir sollten uns auf jeden Fall an die Tochter hängen. Und natürlich Augen und Ohren aufhalten. Wir sind in einem kleinen Dorf, hier müsste der Tratsch zu Hause sein.“
„Oder das Schweigen. Fremden gegenüber wird geschwiegen, der Tratsch ist nur für Einheimische. Was sind wir denn dieses Mal?“
Morgan öffnete einen kleinen Aktenkoffer, der verschiedene Ausweise, Papiere und Namensschilder enthielt.
„Okay. Da hätten wir; normale Urlauber, Reporterinnen, Doktoranten, Beamte und die gute alte Polizei.“
„Mit der Polizeinummer kommen wir hier wahrscheinlich am weitetesten“, überlegte Sug.
„Auch bei der Schwester?“, gab Morgan zu bedenken.
„Wir können uns nicht nur auf eine Quelle stürzen. Außerdem bekommen wir so am schnellsten Zugang zum Haus.“
„Und möglicherweise liegt da der Ursprung.“
„Och nee. Keine verwünschten Häuser. Ich hasse es, wenn Wohnungen oder ganze Gebäude blutrünstige Ambitionen an den Tag legen. Sie sind zu groß, zu massiv und lassen wirklich schlecht mit sich reden. Und jedes Mal die Nummer mit den verschlossenen Türen und Fenstern. Wenn sie sich wenigstens mal etwas anderes einfallen lassen würden.“
„Und was? Sollten sie sich vielleicht Beine wachsen lassen, damit sie hi nter einem herrennen können?“, fragte Morgan, während sie Visitenkarten und Ausweise aus dem Aktenkoffer kramte.
„Manch einem Haus hätt e etwas Bewegung gut getan“, sagte Sug und amüsierte sich königlich über ihren eigenen Scherz.
Morgan ließ den Aktenkoffer unter dem Bett verschwinden, ergriff einen alten, braunen Lederkoffer und legte ihn auf das Bett. A uf den ersten Blick erschien er wie ein völlig normaler Koffer, besah man ihn sich genauer, stellte man fest, dass er keinerlei Schlösser oder Schnallen hatte. Er blieb geschlossen, obwohl es keinen sichtbaren Grund dafür gab.
Mit zwei schnellen Handbewegungen zeichnete Morgan mit Zeige- und Mittelfinger ein Kreuz auf den Deckel des Koffers. Langsam zog sie ihre Hand weg, wartete auf ein leises Klicken, um ihn dann ohne Mühe zu öffnen.
Im Inneren befand sich ein Sammelsurium an Gegenständen, die meisten unauffällig und normal wirkend, manche skurril anmutend, doch alle ordentlich an ihrem Platz liegend, als sei der Koffer nie bewegt worden.
Morgan ergriff eine Brille und wandte sich zu Sug.
„Fairy-Berylle?“
„Mitnehmen? Ja! Ich tragen? Nein! Dir stehen Brillen, mir nicht, außerdem fühle ich mich nach dem Tragen immer als hätte ich tagelang gesoffen.“
„Schon gut, ich nehme sie“, sagte Morgan leicht genervt, griff nach etwas, das wie ein Mobiltelefon aussah, und warf es Sug zu. Es sah zwar aus, als sei es ein normales Mobiletelefon, konnte allerdings einiges mehr, da es sich um ein Interdimensionales Aufnahmegerät handelte, kurz IDA. Energien, Geisterstimmen, Portale in andere Dimensionen, Risse in der Zeit, Zeichen, Dämonen und Geister, IDA blieb nichts verborgen. So manches Mal hatten Sug und Morgan darüber spekuliert, wie es der okkulten Technikabteilung der Gesellschaft gelungen war, Übersinnliches mit Hightech zu kreuzen. Die Fairy-Berylle ließ ihren Träger Dinge sehen, die der Durchschnittsmensch nicht wahrnahm, weil die Gläser aus einer ganz besonderen Art des Beryll-Kristals gefertigt worden waren. Welche Geheimnisse sich in IDA verbargen, konnte man weder sehen, noch hängte die Gesellschaft es an die große Glocke. Möglicherweise spekulierten sie darauf, den
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