Die Hexe von Hitchwick
sie uns auch an.“
„Werwö -“, wollte Leonie fragen, als ihr Morgan ins Wort fiel.
„Wir haben jetzt keine Zeit für so etwas!“, sagte sie und sah die beiden mit einem tadelnden Ausdruck an.
„Wo wollen sie denn hin?“
„London.“
„Aber meine Mutter wird sich Sorgen machen, wenn sie nach Hause kommt und das Haus so vorfindet und dann auch noch ohne mich.“
„Wir werden deiner Mutter eine Nachricht hinterlassen und nach ihrer Schicht alles mit ihr besprechen. Sug geh bitte in dein Zimmer und guck, ob du alles hast. Rechnung ist im Voraus bezahlt?“
„Wie immer. Jeder Zeit zum Aufbruch bereit“, sagte Sug, die ziemlich angenervt von Morgans Ton war.
In stiller Dunkelheit zogen Wolken am Nachthimmel entlang, folgten dem einsamen Auto, das sich durch die Landschaft schlängelte.
Sug zog den Sicherheitsgurt ein wenig von sich weg und drehte sich zu Leonie um.
„Jetzt habe ich ein paar Fragen. Wieso warst du allein zu Hause?“
„Weil ich kein Kind mehr bin!“, entgegnete Leonie trotzig.
„Scheinbar schon, sonst würdest du unsere Zeit nicht ständig mit deinem Trotz verschwenden. Vor einem Jahr verschwand deine Schwester, ich glaube nicht, dass dich deine Eltern abends alleine lassen.“
Leonies Gefühle schwankten zwischen trotziger Wut und beschämtem Willen zu reden. Ihr Zuhause war zu einem Käfig elterlicher Besorgnis geworden.
„Meine Mutter hat Nachtschicht. Eigentlich macht sie keine mehr, aber im Moment gibt es im Krankenhaus und im Geldbeutel meiner Eltern einen Engpass. Am Tag darf ich mittlerweile schon wieder ein paar Stunden allein bleiben. Für abends haben sie einen Babysitter gefunden“, Leonie brach ab, ihre Augen funkelten Sug herausfordernd an.
„Ist witzig, nicht wahr?“
„Lass mich mal überlegen. Erst wird deine Schwester entführt und du heute angegriffen. Ist in so einem Fall ein Babysitter lustig oder witzig? Wohl eher nicht!“
„Wohl nicht, nein. Beth hatte erst zugesagt, kam dann aber nicht. Das ist nicht ihre Art. Sie ist noch zuverlässiger und pünktlicher als meine Mutter und das will was heißen. Also habe ich mir irgendwie Sorgen gemacht und sie angerufen, sie ist aber nicht rangegangen.“
„Warum bist du nicht einfach zu ihr rübergegangen? So groß ist Hitchwick nun wirklich nicht.“
„Weil sie nicht in Hitchwick wohnt. Beth ist die beste Freundin meiner Mutter, sie kennen sich schon ewig.“
Einen kurzen Moment herrschte Stille, Sug überlegte, Leonie dachte an die Zeit, bevor sie nach Hitchwick gezogen waren und Morgan versuchte die Puzzlestücke in ihrem Kopf, zu einem logischen Bild zusammenzusetzen.
„Sollten wir sicherheitshalber bei dieser Beth vorbeifahren?“, fragte Sug.
„Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird.“
„Nicht nötig? Schon vergessen, was da in unserem Haus abgelaufen ist?“, schrie Leonie.
„Genau wegen dem, was da abgelaufen ist, denke ich, dass sie sich nicht in Gefahr befindet.“
„Ach so, wahrscheinlich, weil es ja nur ein nettes Teekränzchen bei mir gab.“
„Du warst in Gefahr. Auch wenn ich nicht glaube, dass dich die Schattengestalt absichtlich in eine solche bringen wollte.“
„Klar, wie dumm von mir. Es polterte rein zufällig in meinem Zimmer. Das Schattending hatte wahrscheinlich die falsche Ausfahrt aus der Hölle erwischt und wollte mich nur nach dem richtigen Weg fragen.“
So falsch lag Leonie damit gar nicht, dachte Morgan, allerdings würde sie ihr das nicht sagen. Nicht jetzt, erst brauchte sie mehr Informationen, um ihre Theorie zu untermauern.
Ganz leicht nur wandte Sug den Kopf zu Morgan hin und fragte sich, was sie verheimlichte? Solange Leonie sich schreiend Luft machte, würde sie sicher nichts über ihre Theorien zum Besten geben.
„Es wäre sehr nett, wenn du mit dem Schreien aufhören kö nntest, auch wenn es einen wachhält. Erzähl lieber, was genau vorgefallen ist.“
Innerlich schnaubte Leonie vor Wut. Wie konnte Danby nur sagen, dieses Ding hätte sie nicht absichtlich in Gefahr bringen wollen. War sie nicht selbst gegen den Tisch geschleudert worden? Gut, vielleicht war das nicht der Schatten gewesen, aber er hatte in jedem Fall etwas damit zu tun.
„Bitte Leonie, erzähl uns, was passiert ist“, sagte Morgan beschwichtigend.
Sie zögerte noch einen Moment, dann entschied sie sich, zu reden.
„Ich hatte das dritte Mal versucht Beth zu erreichen, als ich ein Poltern von oben hörte. Ich stand in der Küche, legte das Telefon weg und horchte.
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