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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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sagte Florent. Ich war verblüfft. Das hatte ich nicht geahnt.
    »Hoffnungslos«, erwiderte der kleine Mann. »Aber sie will diesen Romani, den Giftmischer. Sie hat zu Gilles gesagt, sie wolle sich verbessern. Ich bin froh, daß mir die Schicksalsschläge unerwiderter Liebe erspart geblieben sind.«
    »Ich glaube, das stimmt nicht ganz«, sagte Florent ruhig. Er blickte zuerst auf mich und dann mit einem seltsamen, tiefen Mitgefühl wieder auf den kleinen Mann. »Aber das ist ein Teil des Menschenlebens, nicht wahr?« fuhr er fort. »Gott schont keinen von uns.« Ich blickte in den Kaffeesatz auf dem Boden meiner Tasse.
    »Pardon«, sagte Mustafa, wie um das Thema zu wechseln, »ich glaube, da ist jemand an der Türe.«
    Aber es war wirklich jemand an der Türe. Als ich die Geräusche unten hörte, rief ich: »Wer immer es ist, führe ihn herauf, Mustafa, ich bin nicht in der Verfassung hinunterzukommen.«
    Die vermummte Frau, die ins Schlafgemach geführt wurde, schlug ihre Kapuze zurück, nahm ihre Maske ab, sah sich um und sprach: »Ei, Eure oberen Gemächer sind hübsch eingerichtet, Madame de Morville. Ich habe sie noch nie zu Gesicht bekommen.« Es war Mademoiselle des Œillets, Madame de Montespans Hofdame. »Und wer ist dieser Herr?« fragte sie, als sie d'Urbec erblickte, der sich erhoben hatte, um sie zu begrüßen. »Ein Magier?« Florent bejahte es ernsthaft mit einem Kopfnicken.
    »Ich bitte um Vergebung, daß ich Euch nicht drunten empfangen kann. Ich war diese Nacht bei einer Besitzergreifung durch einen Dämon zugegen und bin noch ganz erschöpft.«
    »O ja. Dergleichen kann ermüdend sein. War es ein Dämon hohen oder niedrigen Ranges?«
    »Ein hochrangiger. Astaroth. Und jemand hat den Kreis durchbrochen.«
    »Ach du meine Güte! Ich bin erstaunt, daß Ihr überhaupt empfangt! Ich müßte sicherlich eine Woche das Bett hüten, wenn ich dort gewesen wäre!« Nachdem die Artigkeiten ausgetauscht waren, zog Mademoiselle des Œillets mich hinter den Wandschirm, um mit mir ungestört zu sein, und kam geradewegs zur Sache.
    »Madame de Montespan braucht Euch, um für sie im Glase zu lesen – in strengster Vertraulichkeit.«
    »Aber ich dachte, Madame de Montespan sei mit dem König und der Königin nach Flandern an die Front gezogen, um Seiner Majestät glorreiche Siege zu beobachten. Kehrt sie nach St. Germain zurück? Ihr wißt, ich darf nicht mehr bei Hofe erscheinen, seit – jenem Vorfall. Und mir ist jede Art von politischen Lesungen untersagt.«
    »Madame hat das Lager vor den Toren von Gent vorige Woche verlassen; die Zeit ihrer Niederkunft naht, und sie wünscht nicht, unterwegs zu entbinden. Sie ist soeben in Paris angekommen. Sie möchte, daß Ihr heimlich zu ihr ins Haus kommt. Niemand darf wissen, daß sie Euch konsultiert.«
    »Dann geht es um Politik.«
    »Nein, nur um Liebe.«
    »Bei Madame de Montespan ist die Liebe politisch.« Ich erwog, was schlimmer war – Madame de Montespans sichere Rache oder des Königs mutmaßliche Strafe. Hinzu kam die Hoffnung, daß sie Schweigen bewahren und mir einen Betrag zukommen lassen würde, den ich in Schmuckstücke umsetzen könnte. Die Schmuckstücke siegten.
    »Habe ich recht gehört, du gehst zu einer Lesung zu Madame de Montespan?« fragte Florent, als sich die Türe hinter Mademoiselle des Œillets geschlossen hatte.
    »Ja. Vermutlich ist eine neue Rivalin am Horizont aufgetaucht.«
    »Sie sollte aufhören, den Horizont abzusuchen, und sich in ihrem eigenen Haushalt umsehen. Ich würde auf die Gouvernante setzen.«
    »Madame de Maintenon? Sie ist viel zu alt – der König liebt junge blonde Mädchen. Was bringt dich auf den Gedanken, daß die Gouvernante eine Chance hat?«
    »Ich spiele Karten mit den größten Klatschmäulern im Königreich«, erwiderte Florent. Ich lächelte, hatte ich doch soeben die Antwort auf eine Frage bekommen, die mich seit langem beschäftigte. Florent betrieb das Geschäft des Kartenspielens nicht für Geld. Er betrieb das Geschäft des Kartenspielens für Informationen.

    »Astaroth wünscht zu wissen, warum Ihr nicht in Eurer vortrefflichen Verkleidung als Fischweib auftretet«, erklärte Sylvie, als sie mir das triste Habit einer dimesse b rachte, einer Spendensammlerin für Klöster.
    »Sage Astaroth, daß La Reynie der Gestank zuwider war«, fuhr ich sie an. Es gibt nichts Ärgerlicheres als eine Zofe, die meint, von einer der hochrangigen Mächte der Hölle besessen gewesen zu sein. Ich zog die schwere Kutte

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