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Die Hexe von Salem

Die Hexe von Salem

Titel: Die Hexe von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schrie vor Schmerz, als mich seine Hände berührten. Das scheußliche Äußere des Ungeheuers suggerierte eine Kraftlosigkeit, die es nicht gab. Seine Hände waren wie Stahlklauen. Meine Rippen knackten, als sich seine Arme in einer tödlichen Umklammerung um meinen Oberkörper legten. Pfeifend entwich die Luft aus meinen Lungen.
    Blind vor Schmerz und Angst riss ich den Degen hoch, packte ihn wie einen Dolch mit beiden Händen und stieß ihn bis ans Heft in die Schulter des Monsters.
    Ein schmerzhaftes Zucken lief durch den Körper des Horrorwesens. Sein Griff lockerte sich; nur eine Winzigkeit und nur für den Bruchteil einer Sekunde.
    Aber dieser winzige Augenblick genügte mir. Die Angst gab mir die Kräfte eines Riesen. Mit einer verzweifelten Anstrengung sprengte ich seinen Griff, taumelte rücklings davon und fiel schwer auf den Rücken. Mein Gegner stieß einen grauenhaften, matschig klingenden Laut aus, torkelte in der entgegengesetzten Richtung davon und kämpfte mühsam um sein Gleichgewicht. Der Stockdegen steckte noch immer in seiner Schulter; sein runder Knauf ragte wie ein bizarres Schmuckstück aus der grünschillernden Masse, aus der sein Körper bestand.
    Er wankte. Ein tiefes, gequältes Stöhnen entrang sich seiner Brust. Die Hände fuhren haltlos durch die Luft. Langsam, als wehre er sich noch immer mit der ganzen Kraft seines titanischen Körpers, sackte er in die Knie, stützte sich einen Moment mit den Armen ab und sank dann ganz nach vorne.
    Dann begann er auseinanderzufließen. Die grüne Masse, aus der sein Leib bestand, schien von einer Sekunde auf die andere ihren Halt zu verlieren. Dünne, glitzernde Schleimfäden tropften zu Boden, gefolgt von faustgroßen Klumpen und Brocken.
    Es ging unheimlich schnell. Der Leib des Unholds zerfloss zu einer wabbelnden, amöbenartigen Masse ohne sichtbare Glieder, floss weiter auseinander und zerlief zu einer brodelnden Pfütze grünlichweiß schimmernder, zäher Flüssigkeit.
    Langsam richtete ich mich auf. Meine Hände und Knie zitterten, und der furchtbare Anblick ließ meinen Magen rebellieren; aber ich zwang mich, weiter zuzusehen und trat nach einigen Sekunden sogar einen Schritt näher.
    Von dem Monster war nichts mehr zu entdecken. Auf dem Kopfsteinpflaster vor mir breitete sich eine schillernde, fast fünf Meter durchmessende Pfütze aus. Schillernde Blasen stiegen an ihre Oberfläche und zerplatzten lautlos, und als ich mich noch ein Stück weiter vorwagte, stieg mir ein atemraubender Gestank in die Nase.
    Und um ein Haar hätte mich meine Neugier das Leben gekostet.
    Aus der schillernden Pfütze schoss ein dünner grüner Faden, ringelte sich um mein Bein und brachte mich mit einem Ruck aus dem Gleichgewicht. Ich schrie auf, fiel zum zweiten Mal auf den Rücken und versuchte verzweifelt, mein Bein loszureißen. Es ging nicht. Der Faden war nicht viel stärker als mein kleiner Finger, aber er verfügte über schier unglaubliche Kraft. Ich spürte, wie meine Haut aufriss und Blut an meinem Fuß herablief. Und der Strang zog sich weiter zusammen. Der Schmerz war furchtbar.
    Mit einer verzweifelten Bewegung warf ich mich herum und stemmte mich hoch, so weit es meine bizarre Fessel zuließ. Im Zentrum der Pfütze begannen mehr Blasen aufzusteigen. Die Flüssigkeit kochte und brodelte. Grünbraune Schlieren bildeten sich, begannen wie rasend zu wirbeln und aufeinander zuzugleiten, dann stieg ein faustgroßer Klumpen an die Oberfläche und begann zu wachsen.
    Der Anblick ließ mich für einen Augenblick sogar den Schmerz vergessen. Das Ungeheuer begann sich neu zu formen!
    Ich schrie erneut auf und warf mich noch einmal mit aller Gewalt zurück, aber das einzige Ergebnis war, dass der Schleimfaden noch tiefer in mein Fleisch schnitt. Verzweifelt sah ich mich um. Die Straße war leer, nirgends war etwas zu sehen, das ich auch nur entfernt als Waffe hätte benutzen können, und wenn die Anwohner der Straße meine verzweifelten Schreie überhaupt hörten, so bemühten sie sich vermutlich geflissentlich, sie zu überhören.
    Mein Degen! Wo war mein Degen? Mein Blick tastete über die brodelnde Pfütze, verharrte einen Moment an dem wabbelnden, rasch größer werdenden Klumpen in ihrem Zentrum und glitt weiter. Es würde nur noch Augenblicke dauern, bis das Ungeheuer in alter Macht wiedererstanden war. Und ein zweites Mal würde ich keine Chance haben.
    Ich entdeckte die Waffe. Sie lag nicht einmal sehr weit von mir weg – aber sie befand sich unter

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