Die Hexe
war. »Wir haben dir ein Angebot zu machen.«
»Was ihr von mir wollt, weiß ich ohnehin.« Bruce hatte Mühe, sich auf seinen alten Beinen zu halten, doch er riss sich zusammen. »Mal sehen, ob ihr einen angemessenen Preis dafür zu bieten habt.«
»Welcher Preis könnte angemessener sein als das Leben selbst, Schotte?«, fragte der Großmagister triumphierend. »Wir bieten dir Jugend, Gesundheit und wertvolle Lebenszeit, in der du deine unerfüllten Träume verwirklichen kannst. Wir …«
»Von wie vielen Jahren Lebenszeit sprechen wir konkret? «
Die höchsten Magier der Verborgenen Stadt steckten die Köpfe zusammen.
»Etwa hundert Jahre«, antwortete schließlich der Großmagister.
»So viel Zeit könnte ich auch herausschinden, wenn ich das Wissen des Schwarzen Buches anwenden würde«, erwiderte Bruce mit einer demonstrativ wegwerfenden Handbewegung. »Entweder ihr seid weniger großzügig, als ihr vorgebt, oder ihr seid nicht imstande, mir mehr anzubieten.«
»Du hättest die Möglichkeit, dein Leben zu verlängern? « Der Fürst schien ehrlich überrascht. »Warum nutzt du diese Möglichkeit nicht?«
»Gott selbst hat meine Lebenszeit bemessen«, lachte ihm Bruce ins Gesicht. »Es steht uns jämmerlichen Würmern nicht zu, ihm ins Handwerk zu pfuschen.«
»Bist du schon lange gläubig, Hüter?«, erkundigte sich Jadwiga.
»Mit Verlaub, seit ich von euch dämonischem Gesindel erfahren habe.« Der Schotte richtete seinen gebückten Körper auf und warf sich stolz in die Brust. »Dies war unsere letzte Unterredung. Von nun an bis zu meinem Tod möchte ich euch nicht mehr sehen. Falls einer von euch es wagt, sich nochmals hier blickenzulassen, wird er meinen Zorn zu spüren bekommen.« Bruce trat bis auf eine Armlänge an die Magier der Verborgenen Stadt heran. »Mein Körper ist alt und gebrechlich, aber mein Geist ist stark!«
»Das sehen wir, Schotte«, antwortete der Fürst für alle drei Besucher. »Dann stirb, wenn du unbedingt willst. Wir haben Zeit.«
Villa Karavella
Moskau, Silberhain
Samstag, 30. September, 17:30 Uhr
»Ich bin fast ein bisschen neidisch auf euch«, höhnte Kara vergnügt, nahm eine dünne Zigarette aus dem Etui und zündete sie genüsslich an. »Eure Namen werden in die Geschichte der Verborgenen Stadt eingehen! Man wird euch als mutige Pioniere in Erinnerung behalten! Als selbstlose Visionäre der Magie, die zum Wohle der Menschheit ihr Leben hingaben!« Über das Gesicht der Zauberin huschte ein teuflisches Grinsen. »Nun, das ist vielleicht etwas du dick aufgetragen. Ich werde euch jedenfalls nicht vergessen.«
»Was hast du mit uns vor?«, fragte Elvira mit erstickter Stimme.
Die unseligen Hexen saßen nackt, mit offenem Haar und gefesselt auf einfachen Holzstühlen und harrten in Todesangst ihres Schicksals. Die Gesichter der Frauen waren kreidebleich, ihre Augen gerötet und tränenverquollen. Während Elvira halbwegs die Fassung behielt, zitterte Fima am ganzen Leib. Die Hexen waren Kara vollständig ausgeliefert – beiden hing eine Kette mit Haifischanhänger um den Hals.
Im Laboratorium der Zauberin herrschte eine gespenstische Atmosphäre. Drei monströse Computer summten monoton vor sich hin, blinkten mit bunten Dioden und spuckten von Zeit zu Zeit Pieptöne aus. In einem Kupferkessel über offenem Feuer blubberte eine stechend riechende Flüssigkeit und den Gefangenen gegenüber stand das wenig vertrauenerweckende Gebilde des Wandlungsbeckens . Es bestand aus einer goldenen Wanne, die ein hässlicher, steinerner Titan mit breitem Mund und hervortretenden Augen auf seinen Armen trug.
Auf den Schultern des Riesen befanden sich Öllampen, die Kara bereits entzündet hatte.
»Ich schenke euch ein neues Leben, meine Lieben«, sagte die Zauberin. »Eine wunderbare Zukunft. Ihr werdet nicht mehr dieselben sein.«
»Wie meinst du das?«, fragte Elvira bang.
»Dieses Artefakt nennt sich Wandlungsbecken .« Kara streichelte zärtlich über den Schenkel des Titanen. »Wisst ihr, wozu es verwendet wurde?«
Die Gefangenen schüttelten den Kopf.
»Wie kann man nur so ungebildet sein«, entrüstete sich die Zauberin künstlich. »Die Fate Mara benutzte das Wandlungsbecken für die Erschaffung der Morjanen. Was Morjanen sind, wisst ihr ja hoffentlich?«
»Du willst Wandelwesen aus uns machen?«, fragte Elvira entsetzt.
Fima quittierte die Aussicht, als Morjane zu enden, mit einem hemmungslosen Schreikrampf.
Kara rollte genervt mit den Augen, stopfte
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