Die Hexe
behaupten sie natürlich.«
»Und wie ist unsere Version der Ereignisse?«
»Augenzeugen haben ausgesagt, dass Lolly und Pitbull sich in der Nähe der Rennsemmel aufgehalten haben, während die Skinheads drin waren. Danach, als die Glatzen von seltsamen Bikergestalten mit roten Kopftüchern verjagt wurden …«
»Rothauben«, warf der Major ein, dem diese vogelwilde Sippschaft bestens bekannt war.
»Genau. Rothauben. Jedenfalls marschierten Lolly und Pitbull auf den Eingang der Bar zu und verfolgten dabei offenbar keine friedlichen Absichten, denn laut Zeugenaussagen hatten sie ihre Pistolen gezogen. Sie kamen jedoch nicht weit. Ein weiterer Kopftuchträger, der gerade aus der Rennsemmel kam, überwältigte sie, raubte sie aus und riss sich zu guter Letzt noch ihren Wagen unter den Nagel – einen schwarzen Mercedes-Jeep. Die Diebstahlanzeige der Geschädigten liegt bei der Verkehrspolizei.«
»Und wer hat den Juwelierladen ausgeräumt?«
»Die Rothauben.«
»Das sieht diesen Krawallbrüdern ähnlich. Und wo sind Lolly und Pitbull jetzt?«
»Im Sklif . Beide mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma.«
»Witzige Geschichte.« Kornilow zündete sich eine neue Zigarette an. »Dann hat also unser Freund Edik die Finger im Spiel.«
»Sieht ganz danach aus.«
»Wir gehen folgendermaßen vor.« Andrej dachte kurz nach. »Du schreibst eine Aktennotiz, in der du eine Verbindung zwischen all diesen Fällen herstellst.«
»Soll ich die Verborgene Stadt auch erwähnen?«, erkundigte sich Sergej launig.
»Unbedingt«, beschied Kornilow sarkastisch.
Schustow wurde klar, dass sein Chef nicht zu Scherzen aufgelegt war und wurde sofort wieder ernst.
»Sorry, Andrej.«
»Schreib, dass es nach vorläufigen Ermittlungsergebnissen Hinweise darauf gibt, dass Chamberlains Bande hinter diesen Überfällen steckt. Denk dir irgendwas aus, von wegen Neuverteilung der Einflusssphären im Milieu der organisierten Kriminalität. Auf dieser Grundlage können wir die Fälle übernehmen, dann bist du für die nächste Zeit mit Arbeit versorgt.«
»Himmlisch. Ist mir alles lieber als eine Dienstreise nach Sibirien.« Sergej atmete auf. »Du bist doch auch der Meinung, dass ich hier mehr gebraucht werde als in Sibirien, oder nicht?«
»Waskin wird ins Straflager fahren«, erwiderte Kornilow knapp, griff zum Telefon und wählte eine Nummer.
Andrej zweifelte nicht daran, dass Santiago über die massiven Angriffe der Skinheads längst im Bilde war. Der Kommissar des Dunklen Hofs nahm stets regen Anteil an Ereignissen, die eine potenzielle Gefahr für die Verborgene Stadt darstellten. Möglicherweise befasste er sich bereits mit der Lösung des Problems und deshalb schien es ratsam, das eigene Vorgehen mit ihm abzustimmen.
»Hallo, Kommissar?«
»Major Kornilow!«, Santiago erkannte seinen Gesprächspartner sofort an der Stimme. »Schön, von Ihnen zu hören. Haben Sie ein Problem?«
»Ich würde eher sagen, dass wir ein Problem haben. Wissen Sie schon, was in der Stadt vor sich geht?«
»Nein, noch nicht«, erwiderte der Naw. »Sie müssen entschuldigen, Major, aber ich bin gerade nicht in Moskau. «
»Sind Sie schon lange weg?«
»Seit gestern früh.«
»Seit Ihrer Abreise wurde eine ganze Serie von Anschlägen auf Einrichtungen der Verborgenen Stadt verübt«, teilte Andrej mit. »Die Überfälle galten verschiedenen Lokalen, Geschäften und einer Klinik. Keine großen Geschichten, aber in der Summe doch unangenehm. «
»Wer hat die Angriffe verübt?«
»Skins. Ähm, Skinheads. Das sind Jugendbanden.« Der Major schob diese Erklärung nach, weil er sich nicht sicher war, ob der Kommissar mit diesen Begriffen etwas anfangen konnte.
Doch Santiago zeigte sich erstaunlich gut informiert.
»Soweit ich den geistigen Horizont dieser glatzköpfigen Randalierer einschätzen kann, würden sie unter normalen Umständen niemals so zielgerichtet und organisiert vorgehen. Glauben Sie, dass jemand dahintersteckt, der ihre Aktionen steuert?«
»Ja. Ich habe auch schon eine Spur, die auf organisierte Verbrecherbanden hinweist«, antwortete Kornilow und fügte leicht vorwurfsvoll hinzu: »Wissen Sie noch? Ich hatte Ihnen erzählt, dass bei einer der Banden eine Hexe mitmischt.«
»Ich erinnere mich«, gab der Kommissar zu. »Sie müssen entschuldigen, Major, dass ich Ihren Worten damals nicht die nötige Beachtung geschenkt habe. Leider kann ich Ihnen im Moment keine große Hilfe sein.«
»Stecken Sie in Schwierigkeiten?«
»In ziemlich
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