Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
magischen Zirkel, dem ich angehöre, glauben wir, dass in jedem Menschen eine Gabe wohnt. Sie schlummert im Verborgenen – man muss sie nur wecken. Und wenn die Kraft erwacht ist, sind wir einander ebenbürtig. Auch ohne göttlichen Segen.«
    »Lass das mal besser keine der Sieben hören«, meinte das Mädchen mit dem Pferdegesicht. »Sonst ist dein Ritt gleich zu Ende.«
    Yvonne zuckte die Achseln. Constantin mochte zwar behaupten, dass sie niemals eine der Sieben werden würde, doch in Wahrheit war sie schon lange eingeweiht. In ihrer Zeit hatte sie das Jahresrad mehrmals durchschritten. Sie war die Hohepriesterin von Yule gewesen, hatte in der Walpurgisnacht die Trommel geschlagen und zu Mittsommer nur mit Licht bekleidet im Flammenschein getanzt. Sie beschritt den magischen Weg schon lange genug, um sich von den Sieben keine Vorschriften mehr machen zu lassen – ihren eigenen magischen Weg, der ihre Gabe längst zur Entfaltung gebracht hatte.
    Sie wusste, dass das Zwischenspiel auf dem Boot eine peinliche Entgleisung gewesen war, ein Ausrutscher, genau wie die Tatsache, dass sie Oriana zu dem Kesselritual eingeladen hatte. Es würde nie wieder vorkommen. Die erfahrenen Mitglieder ihres Hexenzirkels hatten sie davor gewarnt, dass so etwas passieren könnte: Weiße Magie zieht das Böse an wie eine Kerzenflamme Motten. Nun gut, es war passiert. Und sie war mit einem blauen Auge und einem riesigen Schrecken davongekommen. Oriana hatte weniger Glück gehabt, aber jetzt kannte Yvonne den Feind. Sie war ihm Auge in Auge gegenübergetreten und es würde nicht noch einmal vorkommen, dass Beliar sie in seinen Bann zog und ihr seinen Willen aufzwang.
    Vor allem aber bewies sein Interesse an ihr eines: Sie besaß echte Macht. Wenn sie nicht über magische Kräfte verfügte, würde sich der Meister der Hexer und Dämonen wohl kaum zu ihr hingezogen fühlen. Und dagegen konnten auch Constantin und die Sieben nichts ausrichten.
    »Warum stellen wir Beliar nicht einfach eine Falle?«, schlug sie vor. »Wir suchen einen geeigneten Ort und locken ihn an, damit sich ein solches Verbrechen, wie es den Wirtsleuten widerfahren ist, nie mehr wiederholt. Gemeinsam werden wir doch wohl mit dem Marquis fertig.«
    Florences Gesicht wurde weiß und spitz wie das einer Maus. »Einen solchen Gedanken solltest du nicht einmal aussprechen«, wisperte sie. »Beliar ist der Teufel.«
    »Ich würde mit ihm fertigwerden«, erklärte Yvonne, »wenn ich Hilfe hätte. Genau wie Norani diesen Dämon ausgetrieben hat und Mavelle den Geist der toten Mutter bannte. Ich weiß, wovon ich rede. Schließlich bin ich dem Marquis schon einmal begegnet.«
    »Davon haben wir gehört«, brummte das Mädchen mit dem Pferdegesicht zwischen zwei Bissen. Die junge Hexe wirkte ziemlich plump. Yvonne konnte sich kaum vorstellen, dass sich jemals einer von Constantins Rittern für sie interessieren würde. Die jungen Männer füllten die Bänke neben der Tür. Ihre Stimmen durchdrangen den Raum wieder mit fröhlichem Gemurmel und Gelächter. Die düstere, verdreckte Umgebung und die Erinnerung an die Geistererscheinung schienen ihnen nichts auszumachen.
    Millie betrachtete sie mit schräg geneigtem Kopf. Haarkringel fielen ihr in die Stirn und ihre Augen blitzten. »Einen hübschen Anhänger trägst du da«, stellte sie fest. »Allerdings solltest du Acht geben, dass er den Sieben nicht zu sehr auffällt. Er ist besprochen, nicht wahr?«
    Yvonne sog den Atem ein. Offenbar verstand die Dicke doch etwas von Magie. »Mein Medaillon gefällt dir?«, giftete sie. »Dann gib Acht, was ich damit bewirken kann!« Sie blickte zu Ravennas Ritter hinüber, der sich mit seinen Freunden unterhielt. Er schaute nur selten auf, und wenn er den Kopf hob, geschah es nur, um dem Hund einen Happen zuzuwerfen. Geschickt vermied er es, in ihre Richtung zu blicken, als er aufstand und am Tresen zwei randvolle Weinkrüge holte.
    Lucian!
    Er blieb stehen. Ratlos blickte er in der Gaststube umher, ein Mann, der vergessen hatte, was er eben noch tun wollte. Aber er lauschte auf einen Ruf, der nicht lauter war als der Flügelschlag einer Motte.
    »Lucian! Verdammt nochmal, Lucian! Wir sind hier!« Ramon schwenkte die Arme über dem Kopf. »Nun seht euch diesen mondsüchtigen Träumer an. Hat zwei gute Augen und findet nicht an unseren Tisch zurück. Lucian! Willst du den guten Tropfen alleine trinken oder was ist los?«
    Yvonne lächelte verstohlen. Geh!, befahl sie als N ächstes. Nun geh

Weitere Kostenlose Bücher