Die Hexen von Eastwick
funktionierenden,
synkopisch ratternden Maschinerie, zum alten Lenox-Haus und
seinem Bewohner gezogen, diesem dunklen Fürsten, der Besitz
ergriffen hatte von ihren beiden Schwestern, wie um ihr eine
Kränkung zuzufügen. Kränkungen, Niedrigkeiten seitens dieses
Mannes, mit denen mußte sie es auch noch aufnehmen, die quälten
auch noch ihre Seele. Sie sehnte sich nach Regen, nach dem
tröstenden Rauschen oben über der leeren, blinden Zimmerdecke,
aber als sie zum Fenster hinsah, schien da unverändert das
erbarmungslos strahlende Wetter herein. Der Ahorn im Garten
tauchte die Scheiben in Gold, das letzte Aufleuchten überlebter
Blätter. Alexandra lag auf ihrem Bett, hilflos, niedergedrückt von al
der unaufhörlichen Zwecklosigkeit in der Welt.
Coal kam ins Zimmer, er witterte ihren Kummer. Sein
langgestreckter Körper, von seinem Fell wie von einem
schimmernden, zu weiten Mantel umhül t, kanterte über den ovalen,
aus Stoff streifen geflochtenen Vorleger und hob sich ohne Mühe zu
ihr ins schwankende Bett. Er leckte ihr besorgt Gesicht und Hände
und schnüffelte am Verschluß ihrer schmutzsteifen Jeans, den sie
geöffnet hatte, um es sich bequemer zu machen. Sie zog die Bluse
heraus, entblößte mehr von ihrem milchweißen Bauch, und Coal
fand ihn, den kleinen Auswuchs, eine Handbreit von ihrem Nabel
entfernt: eine Warze, eine kleine, rosige, gummiartige Knospe, die vor
ein paar Jahren gesprossen war: Doc Pat hatte ihr versichert, sie sei
harmlos, nicht krebsartig. Er hatte ihr angeboten, sie zu entfernen,
aber Alexandra hatte sich vor dem Messer gefürchtet. Die Warze
selber war fühl os, aber die Haut ringsum kribbelte, als Coal den
Knoten beschnupperte und an ihm nuckelte wie an einer Zitze. Der
Körper des Hundes dünstete Wärme aus und einen leisen Aasgeruch.
Erde riecht so, faßt al e diese Nuancen von Moder und Kot in sich,
und Alexandra empfand das nicht als unangenehm, sondern als schön:
das tief verwobene Karomuster des Zerfal s.
Coal war jäh erschöpft vom Saugen. Er ließ sich in die Kurve fallen,
die ihr grambetäubter Körper auf dem Bett beschrieb. Der große
Hund schnarchte im Schlaf, es klang wie leises Gluckern in einem
Strohhalm. Alexandra starrte zur Decke, wartete, daß etwas geschehe.
Die wässerige Haut ihrer Augen fühlte sich heiß an und trocken wie
Kaktusrinde. Ihre Pupil en waren zwei schwarze, nach innen gekehrte
Dornen.
Sukie brachte ihren Bericht über die Vorbereitungen zum Erntefest
(«Flohmarkt, Blindekuh/Großes unitarisches Festprogramm») in
Clyde Gabriels enges Büro; fassungslos sah sie, daß Clyde
zusammengesunken an seinem Schreibtisch saß, den Kopf auf den
Armen. Er hörte die Seiten ihres Manuskripts im Eingangskorb
rascheln und sah auf. Seine Augen waren rotgerändert, aber ob vom
Weinen oder vom Schlafen oder weil er einen Kater hatte oder letzte
Nacht wach geblieben war, konnte sie nicht sagen. Sie wußte vom
Hörensagen, daß er nicht nur ein Trinker war, sondern auch ein
Teleskop hatte und manchmal stundenlang auf seiner Gartenveranda
saß und die Sterne betrachtete. Sein eichenfalbes Haar, schütter oben,
in der Mitte, war zerzaust; er hatte blaue Tränensäcke unter den
Augen, und der Rest seines Gesichts war bläßlich grau – wie
Zeitungspapier. «Entschuldigung», sagte sie, «ich dachte, Sie würden
das viel eicht noch reinhieven wol en.»
Ohne nennenswert den Kopf vom Tisch zu heben, äugte er zu
ihrem Manuskript hin. «Hievenpieven», sagte er, verlegen, daß sie ihn
so zusammengesackt angetroffen hatte. «Die Sache verdient keine
zweizeilige Überschrift. Wie wär’s mit ‹Pazifistenpastor plant
Puppenmist›?»
«Ich habe nicht mit Ed gesprochen. Lediglich mit den Leuten vom
Komitee.»
«Ups, pardon. Mir war entfal en, daß Sie Parsley für eine
bedeutende Persönlichkeit halten.»
«Das entspricht ganz und gar nicht den Tatsachen», sagte Sukie und
reckte sich besonders gerade. Diese unglücklichen oder Unglück
bringenden Männer, zu denen es sie zog – das war nun mal ihr
Schicksal –, unterstanden sich und zogen einen auch noch mit
hinunter, wenn man nicht auf der Hut war, sich nicht aufrecht hielt.
Sie betrachtete seinen ätzenden Sarkasmus, der so manchen in der
Redaktion zusammenzucken ließ, und ihn al enthalben im Ort in
Verruf gebracht hatte, als eine verkappte Rechtfertigung, eine auf den
Kopf gestellte Abbitte. Zu einer früheren Zeit seines Lebens mußte er
eine
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