Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
mit dem sie den gemahlenen
Kaffee in den Filter gab, an seinen Platz in der Schublade zurücklegte,
fielen ein paar Kaffeekrümel mit hinein, sie sammelten sich in den
Ritzen, wo man nie an sie herankam; wenn sie ewig am Leben bliebe,
würden sie sich zu einem Berg türmen, einem dunkelbraunen
Alpenmassiv. Überal um sie in diesem Haus war Schmutz, ein
langsames, unerbittliches Versanden: unter den Betten, hinter den
Büchern, zwischen den Rippen der Heizkörper. Sie räumte al die
Zutaten und Geräte weg, die zur Stil ung ihres Hungers erforderlich
gewesen waren, und absolvierte einige Routine-Hausarbeiten. Warum
gab es nichts anderes, worin man schlafen konnte, als Betten, die
gemacht werden, nichts anderes, wovon man essen konnte, als Teller,
die gespült werden mußten? Inkafrauen waren nicht schlimmer
drangewesen. Sie war wirklich das, was Van Horne gesagt hatte: ein
Mechanismus, ein Roboter, der sich jeder seiner ewig gleichen
Bewegungen grausam bewußt war.
Sie war eine umhegte Tochter gewesen, in jener hoch gelegenen
Stadt im Westen, wo die Hauptstraße wie ein weites, staubiges
Footbal feld war und der Drugstore und der Werkzeugladen und
Woolworth und der Friseur sich über den Platz verstreuten wie
    Creosotbüsche, die den Boden um sich vergiften. Sie war der
Mittelpunkt der Familie gewesen, ein Ausbund an geistreicher
Anmut, flankiert von faden Brüdern, Jungen, die an den rumpelnden
Karren der Männlichkeit geschirrt waren, ihr Leben: im Joch fort und
fort. Der Vater, wenn er zurückkehrte von seinen Touren, auf denen
er Jeanskleidung verkaufte, betrachtete die heranwachsende Alexandra
wie eine Pflanze, die in kleinen Schüben wuchs und bei jedem
Wiedersehen neue Blütenblätter und Triebe aufwies. Und während
sie so wuchs, die kleine Sandy, nahm sie ihrer vergehenden Mutter
alle Gesundheit und Kraft weg, so wie sie einst Milch gesogen hatte
aus ihren Brüsten. Sie ritt, und ihr Hymen riß. Sie lernte, sich auf den
langen, pferdesattelförmigen Sitzen von Motorrädern zu halten,
klammerte sich so fest, daß die Nieten hinten auf der Jacke der
Jungen einen Abdruck auf ihrer Wange hinterließen. Ihre Mutter
starb, und ihr Vater schickte sie auf ein Col ege im Osten; ihr High-
School-Tutor hatte sich auf eines versteift, das den
vertrauenerweckenden Namen «Connecticut Col ege for Women»
hatte. Dort, in New London, als Hockeymannschaftsführerin und
Kunststudentin, bewegte sie sich in den vielen sprühenden Kostümen
der vier Postkarten-Jahreszeiten des Ostens und fand sich eines Tages
im Juni ihres Juniorjahres ganz in Weiß und am nächsten Tag
ausgestattet mit der kompletten ehelichen Dienstkleidung, die schlaff,
in Reih und Glied, in ihrer Garderobe hing. Sie hatte Oz auf Long
Island kennengelernt, bei einer Segelveranstaltung, die andere
arrangiert hatten; er nahm einen Drink nach dem anderen, hielt das
zerbrechliche Plastikglas fest in der Hand, schien weder beschwipst
noch beunruhigt, während sie beides war, und das hatte sie
beeindruckt. Ozzie seinerseits war entzückt gewesen von ihr, von ihrer
üppigen Figur und ihrem männerhaften Westerngang. Der Wind
drehte, das Segel knatterte, das Boot wendete, das Grinsen in Ozzies
sonnenverbranntem, gingeröteten Gesicht blitzte beruhigend; er hatte
    ein schiefes linkisches Lächeln, ein bißchen wie ihr Vater. Sie ließ sich
in seine Arme fal en, es war ein Fal en, aber sie begriff dumpf, daß
sich daraus Leben erhob, neue Kraft. Sie nahm Mutterschaft auf sich,
den Gartenclub, Fahrgemeinschaften und Cocktailparties. Sie trank
morgens Kaffee mit der Putzfrau und um Mitternacht Cognac mit
ihrem Mann und hielt betrunkene Begierde für Versöhnung und
Harmonie. Die Welt um sie wuchs – Kind auf Kind sprang zwischen
ihren Beinen hervor, das Haus bekam einen Anbau, Ozzies Einkünfte
hielten Schritt mit der Inflation –, und irgendwie war sie immer die
Gebende und bekam nie etwas zurück. Ihre Depressionen wurden
schlimmer. Der Arzt verschrieb Tofrinal, der Psychotherapeut eine
Analyse, der Pfarrer Sichentscheiden. Sie und Ozzie lebten damals in
Norwich, umdröhnt von Kirchenglocken, und an
Winternachmittagen, wenn es dunkel wurde und die Schule ihr die
Kinder noch nicht zurückgegeben hatte, lag sie in ihrem Bett, jeder
Glockenschlag zerschmetterte sie ein bißchen mehr, sie kam sich
formlos und übelriechend vor wie eine alte Gummigalosche oder wie
das Fel eines Eichhörnchens, das vor Tagen

Weitere Kostenlose Bücher