Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
und konnte kaum wieder aufhören.»
Sie hob die Augen, und ihr Mund schloß sich, gab keine weiteren
Geständnisse mehr preis; etwas eigenartig Selbstgefäl iges, die
Selbstgefäl igkeit der Demütigen, lag in der Art, wie ihre hübsch
geschwungenen, ungeschminkten Lippen sich aufeinanderfügten. Ihre
Oberlippe zog sich in leisem Widerwil en ein wenig hoch. «Sagen Sie mir etwas über ihn. Über meinen Vater.»
«Was sol ich sagen?»
«Wie er war.»
Sukie zuckte die Achseln. «Zärtlich. Dankbar. Scheu. Er trank
zuviel, aber wenn er wußte, daß er mich sehen würde, versuchte er,
nicht zu trinken, er wol te nicht – benommen sein, verstehst du.
Nicht stumpf.»
«Hatte er viele Freundinnen?»
«O nein, bestimmt nicht.» Sukie war gekränkt. «Es gab nur mich –
das klingt eingebildet, aber es war so. Er liebte deine Mutter, weißt
du, zumindest, solange sie nicht – so besessen war.»
«Besessen wovon?»
«Du weißt das al es bestimmt besser als ich. Davon, die Welt zu
vervol kommnen.»
«Das war doch nett von ihr, daß sie das wol te, finden Sie nicht?»
«Ja, wahrscheinlich.» Als nett hatte Sukie das eigentlich nie
empfunden, Felicias gemeinsinniges Gezeter, eher als einen boshaften
Ego-Trip, mit mehr als nur einer Prise Hysterie. Sukie schätzte es gar
    nicht, in die Defensive gedrängt zu werden von dieser unbedarften
kleinen Eisfee, die sich noch erkälten würde, so wie ihre Stimme
klang. Sukie sagte einlenkend: «Du weißt ja, wenn man al ein lebt in
einer Stadt wie dieser, ist man praktisch gezwungen zu nehmen, was
man kriegen kann.»
«Nein, das weiß ich nicht», sagte Jennifer, sanft jedoch. «Aber ich
glaube, ich weiß überhaupt nicht sehr viel auf diesem Gebiet.»
Was sol te das heißen? Daß sie eine Jungfrau war? Es war schwer zu
entscheiden, ob das Mädchen einfach nichtssagend war, ein
unbeschriebenes Blatt, oder ob seine seltsame Ruhe das Zeichen einer
ungewöhnlich vol kommenen inneren Ausgeglichenheit war. «Erzähl
mir was über dich», sagte Sukie. «Du wil st Ärztin werden? Clyde war
so stolz darauf.»
«Ach, das war doch al es Il usion. Ich hatte nie genug Geld und bin
in Anatomie ein paarmal durchgefallen. Was mich wirklich interessiert
hat, war Chemie. Jetzt habe ich diesen Assistentinnenjob, und weiter
werde ich es nie bringen. Ich sitze fest.»
Sukie sagte: «Du sol test Darryl Van Horne kennenlernen. Der
versucht, uns al e wieder flottzumachen.»
Jennifer lächelte unerwartet, ihre kleine flache Nase spannte sich
und wurde ganz weiß. Ihre Schneidezähne waren rund wie die eines
Kindes. «Was für ein gewaltiger Name», sagte sie. «Hört sich erfunden
an. Wer ist das?»
Aber sie muß doch, dachte Sukie, von unseren Sabbatfesten gehört
haben. Das Mädchen war schwer zu durchschauen; etwas unnatürlich
Unschuldiges, als sei sie einfach übersprungen worden vom Leben,
blockte al e Telepathie ab, so wie Blei Röntgenstrahlen nicht
durchläßt. «Ach, so ein exzentrischer junger Mann in mittleren
Jahren, der das alte Lenox-Haus gekauft hat. Du weißt, dieser große
Backsteinkasten beim Strand.»
    «Die Spukplantage, so haben wir’s immer genannt. Ich war
fünfzehn, als meine Eltern hierherzogen, und habe die Umgebung
eigentlich nie so richtig kennengelernt. Es gibt enorm viel Umgebung
hier, dabei sieht auf der Landkarte al es so winzig aus.»
Die impertinente tropische Rebecca brachte den Kaffee in Nemos schweren weißen Bechern und die goldenen Maiskuchen; zusammen
mit diesen klar definierten warmen Düften wehte noch ein anderer
Geruch über den glasierten Tisch, ein würzigsaurer, den Sukie der
Kellnerin zuschrieb, ihrem breiten Becken und den schweren
kaffeebraunen Brüsten, als sie sich vorbeugte, um die Becher und
Teller an ihren Platz zu stellen. «Haben die Damen nun al es, oder
fehlt noch was zu ihrer Zufriedenheit?» fragte die Kellnerin und sah
von den hohen Abhängen ihrerselbst auf die beiden herab. Der Kopf
oben auf dem Massiv ihres Fleisches sah ziemlich klein und sehnig aus
das schwarze Haar war zu vielen straffen Zöpfchen geflochten, in Reih
und Glied wie Korngarben.
«Haben Sie ein bißchen Sahne, Becca?» fragte Sukie.
«Ich hol sie.» Als Rebecca das Aluminiumkännchen auf den Tisch
stellte, sagte sie: «Sie können Sahne sagen, das ist Ihre Sache, aber was
der Boss jeden Morgen reintut, ist Milch.»
«Sie sind ein Schatz, danke, ich meinte Milch.» Aber Sukie hatte
Lust auf einen kleinen Scherz;

Weitere Kostenlose Bücher