Die Hexen von Eastwick
Männer und ganz speziell
reiche Männer aus New York City, war er leicht gelangweilt. Aber
Jennifer hatte, ohne groß zu fragen, ihren Bruder mitgebracht, und
das mußte nun wirklich entsetzlich für Darryl gewesen sein, daß so
mirnichtsdirnichts dieses Bürschchen bei ihm eingedrungen war,
dieser nach der neuesten Halbstarken-Mode maulfaule und mürrische
Junge mit den Schlafzimmeraugen, der lustlosen, laschen Flappe und
der ungekämmten Lockenmähne, die vor Dreck nur so starrte und
kaum noch blond zu nennen war. An Stel e von Tennisschuhen trug
er ausgetretene, abgewetzte, mit Gummistreifen verstärkte
Jogginglatschen, die noch in der kühlen Weite der Hal e einen
abgestandenen Faulgeruch nach männlichem Schweiß ausdünsteten.
Sukie wunderte sich, wie die propere Jennifer es mit einem derart
ungewaschenen Hausgenossen aushalten konnte. Monty hatte ja viele
Fehler gehabt, aber das mußte man ihm lassen: in puncto Sauberkeit
war er geradezu mäklig genau gewesen, immer hatte er geduscht und
die Kaffeetassen ausgespült, die sie nach Telefongesprächen auf
irgendwelchen Beistelltischchen vergessen hatte. Der Junge hatte sich
einen Schläger geborgt und keinerlei Fähigkeit gezeigt, den Bal über
das Netz zu befördern, auch keinerlei Bedauern über diese
Unfähigkeit, lediglich einen tranigen Mißmut. Darryl jedoch blieb
ganz der liebenswürdige Gastgeber und Gentleman, der sich nichts
anmerken läßt, und obwohl er selber zum Spielen gerüstet war – rote
Hosen und lila Daunenweste, ein Outfit, der ihm Ähnlichkeit mit
einem Papagei verlieh –, hatte er den Vorschlag gemacht, die vier
Frauen sol ten sich derweil bei einem Satz Damendoppel vergnügen,
während er Christopher auf einen Rundgang durch die Bibliothek,
das Laboratorium und den kleinen Wintergarten mit den giftigen
Tropenpflanzen führte. Mit schnöder Gleichgültigkeit ließ der Junge
über sich ergehen, was Darryl ihm wort- und gestenreich zu erklären
suchte; sie konnten es durch die Wände der Hal e hören, den ganzen
Weg bis zum Haus hinauf, Darryls eifriges Reden. Sukie fühlte sich
wirklich schuldig.
Sie erkor Jenny als Partnerin, für den Fal , daß die Kleine nicht
richtig mithalten konnte, obwohl, beim Einspielen hatte sie eine feste
Vor- und auch Rückhand an den Tag gelegt; als es ernst wurde, erwies
sie sich dann als präsente, zuverlässige Spielerin, mit zu wenig
Reichweite vielleicht, aber das konnte zum Teil auch die pure
Hochachtung sein vor Sukies langbeinigem, weiträumigen Stil. Als
Sukie ungefähr elf war und auf einem alten,
rhododendronumwachsenen Asphaltplatz übte, der sich auf dem
Seegrundstück eines Freundes ihrer Familie befand, hatte ihr Vater ihr
ein Kompliment gemacht, weil sie mit einer weitausholenden
gestreckten Bewegung eine «sensationelle» Rückgabe zustandegebracht
hatte; und seither war sie eine auf optische Wirkung bedachte
Tennisspielerin gewesen, sogar Verzögerungen nahm sie in Kauf,
postierte sich ganz außen an den Seiten der Grundlinie, Hauptsache,
sie konnte ihre Rückgaben «sensationel » gestalten. Wenn der Bal ihr
direkt auf den Körper gespielt wurde, hatte sie al erdings manchmal
Schwierigkeiten. Sie und Jenny führten rasch vier zu eins gegen
Alexandra und Jane, und dann ging es mit den Tricks los. Das, was
auf Sukies Vorhand gespielt wurde, war eindeutig ein gelber
Wilsonbal ; als er aber auf ihren Schläger auf traf und sie ihn – die
Knie gebeugt, den Kopf gesenkt, al e Kraft nach vorn und aufwärts zu
einem Topspin gebündelt – zurückschlagen wol te, war er ein Batzen
Kitt, so schwer, daß sie das Gefühl hatte, von ihrem El bogen splittere
ein Knochenstückchen ab. Aber was dann arglos in Richtung Netz
dribbelte, zwischen Jennifers Füßen hindurch, war unbestreitbar
wieder ein Tennisbal . Beim nächsten Aufschlag kam der Ball auf ihre
Rückhand; Sukie rechnete mit dem nächsten Klumpen Kitt und
wappnete sich – und fühlte etwas von ihrer Schlägerbespannung
auffliegen, das leichter war als ein Spatz. Es entschwand hoch oben in
der dämmrigen Wölbung der Hal e, weit hinter dem Ring
durchsichtiger Plastikbul augen, die das Tageslicht einließen, und fiel
hinter der Grundlinie als gelber Wilsonball nieder.
«Ihr sol t fair spielen, ihr beiden Satansasse!» rief Sukie übers Netz.
Jane Smart flötete zurück: «Immer auf den Ball achten, Süße, dann
kann gar nichts passieren.»
«Zur Höl e mit deinen Sprüchen, Jane
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