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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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ließ die Zigeunerin ihre Hand los und Alberta hätte am liebsten vor Erleichterung geweint. Die Umstehenden sowie der Landesherr und seine Gemahlin klatschten begeistert Beifall. Auch andere begehrten jetzt von der Alten, dass sie für sie einen Blick in die Zukunft wagte. Alberta nahm dies alles nur noch wie durch einen Nebel wahr, selbst den furiosen Abschluss des Programms, in Gestalt von Feuer speienden, kunstvoll gestalteten Drachen.
    »Mein Gott, was für ein Glück habe ich gehabt«, war das Einzige, was sie zu denken vermochte. Am liebsten hätte sie die weise Frau umarmt.
    Aus den Augenwinkeln heraus nahm sie wahr, wie Herr
Wölfflein, des Herzogs geschätzter Hofnarr, seinen Blick nachdenklich auf sie richtete. Und es war ihr gerade so, als lächelte der Narr ihr verständnisvoll zu …

KAPITEL 16
    16. Oktober 1610, abends
     
    NUR MIT MÜHE hatte Gräfin Alberta als »Oberster Kommissar« diesen - bereits dritten - Verhandlungstag des Prozesses im Falkenturm überstanden. Dass die Arbeit eines Hexenrichters diffizil und unangenehm war, wusste sie ja schon, aber dieses Verfahren war geeignet, ihren Seelenfrieden nachhaltig zu stören.
    Dem Pater war es nämlich, all seinen Beziehungen zum Trotz, nicht gelungen, das Verfahren gegen Hoferichters Tochter abzuwenden.
    Die Gräfin fühlte sich elend. Wie sollte ein Mensch jemals die grausigen Bilder einer geschundenen jungen Frau vergessen? Dass der Kerkermeister heute zu seinen schärfsten Foltermethoden hatte greifen müssen, war allein der Hartnäckigkeit Fredas geschuldet, die sich auch nach bisher zweimaliger »peinlicher Befragung« nicht dazu bereitgefunden hatte, ihre »Schuld« einzugestehen.
    Die Ereignisse des dritten Tages brachten auch Alberta an die Grenzen ihrer Leidensfähigkeit, als sie Freda nach der »Behandlung« durch den Eisenhans zu Gesicht bekam …
    Nach geltendem Recht durfte niemand wegen des Verbrechens der Hexerei verurteilt werden, der kein Geständnis abgelegt hatte. Die Darlegung des Satansbündnisses - verbunden
mit dem Abschwören der katholischen Religion, der fleischlichen Vereinigung mit dem Satan und der schadenszauberischen Praktiken gegen Mensch, Vieh und Natur - war die Hauptsache eines jeden derartigen Verfahrens.
    Allein um ein Geständnis und damit ein Urteil zu erwirken, durfte die Folter überhaupt angewandt werden. Widerstand der Angeklagte den zugefügten Schmerzen, musste er mit Fug und Recht aus dem Gewahrsam des Gerichts entlassen werden. Eine Wiederholung der Martern war sogar ausdrücklich untersagt. Soweit die Theorie …
    Da die dabei erzielten Ergebnisse den Richtern aber in der Mehrzahl der Fälle unbefriedigend erschienen, hatte sich stillschweigend die grausame Praxis herausgebildet, das erneute Foltern nicht als Wiederholung, sondern einfach als »Fortführung der unterbrochenen Tortur« zu bezeichnen.
    Im Falle Fredas war Alberta allerdings nicht dazu bereit, sich auf diese geflissentliche Rechtsbeugung einzulassen.
     
    »Wie konntet Ihr Euch nur weigern, Herr, das Weibsbild erneut aufziehen zu lassen?«, ging sie ihr Mitkommissar Jakob von Beilfried unwillig an, als sie sich am Abend des Verhandlungstages im Salon des gräflichen Palais’ noch einmal zusammengefunden hatten.
    »Dass ihr der Teufel hilft, die Tortur so gut durchzustehen, ist doch sonnenklar! Nachdem ihr sämtliche Finger gequetscht worden sind, dass das Blut grad so gespritzt ist, hätte sie eigentlich gestehen müssen. Doch selbst das anschließende Aufziehen hat bei ihr nichts gefruchtet!
    Wenn Ihr bei Eurem Starrsinn bleibt und sie nicht überraschend doch noch gesteht, eine Hexe zu sein - was aber äußerst unwahrscheinlich ist -, werdet Ihr sie freilassen müssen. Was für eine Schmach für das Gericht und welche Enttäuschung
für unseren Herzog, der sich gerade von diesem Verfahren so viel versprochen hat! Endlich einmal eine Beschuldigte, die nicht dem niederen Volk angehört, sondern dem Kleinadel. Ihr könntet mit ihrer Verurteilung endlich beweisen, dass die herzogliche Rechtsprechung vollkommen unparteiisch ist!
    Was ist los mit Euch, Graf? Ist es etwa falsches Mitleid mit Freda von Hoferichter? Bereits die ersten beiden Prozesstage habt Ihr mit banalem Geplänkel verstreichen lassen, ohne der Beschuldigten ordentlich auf den Zahn zu fühlen. Erst heute wurde sie zweimal peinlich befragt! Die Aussagen der Zeugen waren doch eindeutig und entlarvend.«
    »Immerhin kenne ich die junge Frau seit meiner Kindheit, Herr von

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