Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
Vom Netzwerk:
haben erobert in hundert Jahren ganz Indien. Glauben nur an einen einzigen Gott, an Allah. Aber glauben auch an Vielehe. Wir viele Götter haben in Indien, aber reicht uns eine Frau.« Er grinste plötzlich wieder und verdrehte die Augen.
    »Allah?« Rosa erinnerte sich genau, dass Usha diesen Namen vor sich hin gemurmelt hatte, als sie das Ei zerschlug. »Usha glaubt an Allah?«
    Nandi lachte. »Usha ist Heilerin, sie alles Rituale macht, wenn heilen können, und Ei von schwarze Huhn hat oft gehelft.«
    »Dann wurden also schon viele mit dem Ei von einem Schlangenbiss gerettet?«
    »Ja, aber nicht Biss von Kettenviper, das nur wenige überleben. Wenn Kettenviper, wir gehen zu Haupttempel in Masulipatnam und geben Umarmung zu Garudapfeiler.«
    »Was ist das?«
    »Das ist ein Pfeiler im Tempel, auf dem der Nagantanka, der Schlangentötervogel, dargestellt ist. Es ist ein Wesen mit Geierbeinen, Armen von Mensch, Schwingen und gebogter Nase wie Schnabel. Nagantanka kann Gift von Schlange herausziehen.«
    »Und warum seid ihr mit mir nicht zum Tempel gelaufen?«
    »Du ein Zeichen von Schlangengöttin. Usha wusste, du würdest am Leben bleiben, und wollte nur lindern deine Schmerzen und das gut mit dem Ei von schwarze Henne.«
    Das Ei – Rosa musste wieder an ihre Schwester denken. Wenn eine Frau nur tot aus dem Harem kommen konnte, dann muss ich eben hinein, überlegte sie, und Dorothea dort herausholen. Mit einem Trick, mit Gewalt, mit List, irgendwie.
    »Besorg Pferde, wir reiten zu diesem Harem. Und ich werde dort hineingehen.«
    »Aber vielleicht kommst du nicht mehr raus.«
    »Das werde ich!«
    Vor Ushas Hütte war plötzlich Stimmengewirr zu hören.
    »Was ist da los?«
    »Schschsch.« Nandi trat zum Eingang und lauschte, dann kam er zurück, holte aus einem mit Elefanten verzierten dunklen Holzkasten einen Schleier und reichte ihn Rosa.
    »Besuch!«
    Rosa wurde jetzt erst klar, dass sie nur sehr dünn bekleidet war. Röte schoss ihr in die Wangen. Nandi half ihr mit großem Geschick, den dunklen Schleier umzulegen, und kaum hatten sie das geschafft, traten zwei junge Frauen ein.
    Sie schleppten einen großen Stein mit sich, in den ein kunstvoll miteinander verschlungenes Schlangenpaar eingemeißelt worden war. Die Frauen starrten Rosa ganz unverhohlen an, dabei flüsterten sie miteinander.
    »Sie bringen Nagakal«, flüsterte Nandi Rosa zu. »Stein ist Weihgeschenk für die große Schlange.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Die beiden opfern der großen Schlange, weil sie wünschen Sohn. Wollen, du berührst Stein mit Hand von linke Seite.«
    Rosa trat zu dem Stein und legte ihre Hand darauf.
    »Der ist ja nass!« Sie zog die Hand zurück und sah Nandi erstaunt an.
    »Wenn Bildhauer fertig, wird Stein für sechs Monate in einen Teich gelegt, Element des Wassers soll ihn ertränken.«
    Rosa grinste. »Du meinst, der Stein soll durchtränkt werden?«
    Nandi nickte und erklärte weiter: »Nach Tränkung wird unter einen Pipa- oder Nimbabaum gestellt, dort in Wurzeln hausen die Schlangen und machen Wunschsohn.«
    Rosa lächelte den Frauen zu und wünschte ihnen, dass sie für all diese Mühe wirklich mit der Geburt eines Sohnes belohnt würden.
    Wie merkwürdig, dachte sie, dass diese Frauen, obwohl man hier an andere Götter glaubte, sich anders kleidete und andere Dinge aß, doch die gleichen Wünsche hatten wie die Europäerinnen. Denn warum war sie letzten Endes hier? Weil ihre Mutter keinen Sohn geboren hatte, und nur der zählte.
    Die beiden Frauen tuschelten mit Usha, die aus dem hinteren Teil der Hütte nach vorne gekommen war. Sie überreichten ihr mit vielen Verbeugungen goldene Armreife.
    »Du sie segnen«, flüsterte Nandi.
    Rosa überlegte kurz. »Segnen?«, fragte sie. »Meinst du segnen wie ein Pfarrer?«
    Nandi nickte. »Sie uns dann geben noch mehr Armreife.«
    Rosa schüttelte den Kopf, was die Frauen dazu brachte, mit dem Tuscheln aufzuhören und sie entsetzt anzustarren.
    »Ich tue es, aber ich will kein Geld dafür, das ist Unrecht.« Sie schritt zu den beiden und legte ihnen nacheinander die Hand auf den mit einem dünnen Seidenschleier bedeckten Scheitel. Weil ihr nichts Besseres einfiel, flüsterte sie das Vaterunser.
    Die Frauen blieben starr, solange Rosa sprach, dann drängten sie Usha weitere Armreife auf und verließen mit dem Stein kichernd und tuschelnd die Hütte.
    »Nandi, ich will das nicht!«
    »Pferde teuer sind!« Er sah sie treuherzig aus seinen nussbraunen Augen an. »Die Reise auch

Weitere Kostenlose Bücher