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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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und lass ihn noch einmal antworten. Mein Finger wird uns verraten, ob er lügt.«
    Arevhat fragte die Wache noch einmal. Gespannt wartete Rosa, aber ihr Finger reagierte nicht. Sie nickte Arevhat zu. »Er hat die Wahrheit gesagt.«
    Gemeinsam mit Nandi schleppten sie den Wächter in ein Nebenzimmer, wo sie ihn fesselten und knebelten. Dann hasteten sie zurück zur Tür, die Usha noch immer offen hielt, und schlüpften nach draußen.
    Hier befand sich ein Garten mit einer weiteren Mauer, die sie noch hinter sich lassen mussten, um frei zu sein.
    Rosa schaffte es nicht länger, Kaspar zu tragen, und bat Nandi um Hilfe. Arevhat hatte sich die stöhnende Dorothea über die Schultern gelegt wie eine Teppichrolle und trieb die Gruppe unerbittlich vorwärts.
    »Wir müssen uns südlich halten, nur dann kommen wir dort heraus, wo die Brücke über den See führt. Und wir müssen draußen sein, bevor das Feuerwerk zu Ende ist. Danach wird man sofort bemerken, dass Kaspar weg und Beshir tot ist.«
    Krachend explodierten weitere Feuerwerkskörper, die sie alle trotz ihrer Eile unwillkürlich in den Nachthimmel starren ließen. Jede Explosion für sich wurde zu einem Stern, und alle zusammen bildeten eine große Lotosblüte am Himmel. So etwas hatte Rosa noch nie zuvor gesehen, und es erfüllte sie mit Grauen, dass diese Schönheit nur dazu dienen sollte, Kaspars Kastration zu feiern.
    »Los, weiter!«, kommandierte Arevhat. »Wir müssten es gleich geschafft haben.«
    Sie erreichten eine winzige Tür, die hinter einem ausladenden Mangobaum verborgen war und von zwei weiteren Wachen flankiert wurde. Sie mussten die beiden niederstechen, denn sie begannen sofort laut zu schreien. Zum Glück gingen die Schreie im Lärm des Feuerwerks unter. Nandi und Usha fesselten und knebelten die Wachen und lehnten sie an den Stamm des Mangobaumes.
    »Nach dem Lotos kommt nur noch das große Elefantenbild – jetzt oder nie!«, rief Arevhat und rannte los. »Über die Brücke! Wir müssen auf der anderen Seite sein, bevor das Feuerwerk zu Ende ist!«
    Rosa kam die Brücke dreimal so lang vor wie der Weg von Nürnberg bis zum Brenner, und es war schwierig, Kaspar zusammen mit Nandi zu tragen. Sie zitterte am ganzen Leib. »Nandi, komm, schneller, schneller!« Auch Nandi keuchte, und das Schlusslicht bildete Usha, die ständig stehen blieb und nach Luft schnappte.
    Während noch einmal zischend die Funken zum Himmel stoben, trieb sich Rosa zum Äußersten an.
    Am Ende der Brücke standen Massen von Menschen, angelockt von dem Feuerwerk, das sich im See widerspiegelte.
    Arevhat bahnte sich den Weg durch die Massen und ignorierte das aufgeregte Gemurmel. Schließlich kam auch sie nicht mehr vorwärts. »Nandi, sag den Leuten, dass Usha und die Nagini dringend zu einem Tempel müssen, weil die Sterne schlecht stehen, irgend so etwas.«
    »Sie werden uns verraten, sie werden den Wachen sagen, wohin wir geflohen sind.« Rosa hatte Angst, gleich unter der Last ihres Neffen zusammenzubrechen.
    »Nein«, Nandi schüttelte den Kopf, »sie alle hassen den Mogul und seine Wachen.«
    Kaspar war aufgewacht. Er strampelte, weil er heruntergelassen werden wollte. Rosa ließ ihn mit einem dankbaren Aufseufzen herab.
    »Mama?«, brüllte Kaspar. »Was ist hier los? Wo ist Mama? Warum sind wir nicht mehr bei Amatulkarim?«
    »Sei still, Kaspar, sei still, deine Mutter ist hier.« Arevhat versuchte, ihn zu beruhigen, aber er war außer sich.
    Die Menschen bildeten einen staunenden Halbkreis eng um die seltsame Truppe mit dem tobenden prächtig gekleideten Kind.
    »Nandi, bring die Leute dazu, uns durchzulassen!«, rief Arevhat.
    Doch noch bevor Nandi etwas sagen konnte, begann Usha mit einem seltsamen Singsang, was die Menschen dazu brachte, eine schmale Gasse freizugeben. Beklommen folgte Rosa den anderen in diesen schmalen Gang, der sich hinter ihnen wieder zu einer undurchdringlichen Menschenwand schloss.
    Sie liefen und keuchten weiter, so schnell sie konnten, und näherten sich bald einem Mangowäldchen. Hier blieb Arevhat stehen und setzte Dorothea vorsichtig auf dem Boden ab.
    Rosa ließ sich neben ihrer Schwester auf der Erde nieder und nahm sie in den Arm.
    »Ihr müsst ohne mich weiter«, flüsterte Dorothea. »Ihr werdet es schaffen, wenn ihr mich hier zurücklasst.«
    »Das kommt nicht infrage, wir gehen alle, oder wir sterben alle«, mischte sich Arevhat ein, die neben ihnen in die Knie gegangen war.
    »Mama, was tun wir hier?« Kaspar schubste Rosa

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