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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Fieberanfällen und Husten, in Flohbissen und Mückenstichen, Blasen an den Füßen und bleierner Müdigkeit in den strapazierten Beinmuskeln versank.
    Kardinal Richelieu hatte so eine Schlacht geschildert, wie sie zwischen französischen Soldaten und den missliebigen Hugenotten stattgefunden hatte.
    »Wenn Truppen aufeinandertreffen, können die Männer in der Regel ihre Schusswaffen nicht mehr einsetzen. Jeder Soldat führt daher neben seiner Flinte auch eine Stichwaffe bei sich, die er im Nahkampf einsetzt. Die von den Generälen vor dem eigentlichen Kampfgeschehen so kunstvoll inszenierten Schlachtenformationen sind meistens bald im Pulverdampf verschwunden. Beim anschließenden blutigen Gemetzel von Mann gegen Mann herrscht häufig völliges Chaos, weil die Söldner nicht mehr wissen, wo ihre eigene Truppe steht und sie verzweifelt nach ihrem Fahnenträger Ausschau halten«, hatte der Kardinal die Situation auf dem Schlachtfeld beschrieben und die Nonnen samt ihrer Äbtissin waren dabei wohlig erschauert.
    »Wozu braucht man dann diese martialisch anmutenden Kanonen, Monseigneur, wenn dann doch nur wie zu den Urzeiten der Menschheit, einer gegen den anderen, gekämpft wird?«, wollte Madame Adelaide de Bréteuil wissen.
    »Sie werden zu Beginn der Schlacht eingesetzt, Madame. Einesteils um Schrecken zu verbreiten und zum Zweiten, um die Reihen der Gegner zu lichten. Dabei dienen schmetternde Trompeten und laute Trommelwirbel als Signale, die überdies den Vorteil haben, die Schreie der Verwundeten und Sterbenden zu übertönen.«
    »Ich begreife nicht, warum sich Männer überhaupt zu diesen schaurigen Gemetzeln, die sie eigentlich gar nichts angehen, bereitfinden«, sagte die Comtesse mit angewidertem Gesicht.
    »Oh, das kann ich Euch sagen, Madame. Der Sturmsold, ein Sonderzuschlag auf den normalen Lohn des Söldners und nicht zuletzt der Alkohol lassen die Männer die Angst vor dem Tod vergessen. Aber dieser Tod im Kampf ist für die meisten Söldner eher Ausnahme als Regel. Vielmehr sind die Männer durch Seuchen, Verletzungen und Hunger auf den langen Märschen bei jeder Witterung sowie durch die unhygienischen Verhältnisse in den Massenlagern bedroht, Madame. Die Zustände dort sind unbeschreiblich elend.«
    »Trotzdem, Monseigneur: Was macht die eigentliche Faszination für Männer aus, sich überhaupt einem Söldnerheer anzuschließen?«
    »Zum Beispiel die wachsende Armut in einem Land. Sie bringt am ehesten junge Kerle dazu, in den Kriegsdienst zu treten, und dementsprechend gleichgültig ist ihnen, warum ein Krieg geführt wird. Sie kommen aus aller Herren Länder und hoffen auf ihre große Chance bei irgendeiner Armee. Die Fahne zu wechseln und in das Heer des gerade noch bekämpften Feindes einzutreten, bereitet einem Söldner nicht die geringsten Gewissensbisse. Für ihn gilt das Prinzip: Mit verschiedenen Herren verhandeln und danach in den Dienst des Meistbietenden treten, Madame.«
     
     
    Der Kardinal blieb eine knappe Woche und beobachtete mit Interesse alle Ereignisse, die mit dem wundertätigen Hemd der Äbtissin in Verbindung standen.
    Seinem messerscharfen Verstand entlockten die Pilgerscharen mit ihrem naiven Wunderglauben zwar nur ein überhebliches Lächeln, aber er prüfte jedes angebliche Wunder, von dem vor allem die Frauen zu berichten wussten, auf das Genaueste.
    »Vielleicht könnte man der Königin damit doch zu einem Kind verhelfen?«, meinte er, und die Ehrwürdige Mutter bestärkte ihn in dieser Hoffnung – erwartete sie sich im Falle eines Erfolges doch einen gewaltigen Prestigegewinn für ihr Kloster.
    Die Gräfin allerdings blieb skeptisch, und auch ihre Schwester Hélène machte ein abwehrendes Gesicht.
    »Völliger Humbug«, sagte sie zur Comtesse Adelaide in deren Zelle, »das Hauptproblem scheint mir die Abneigung dieses Königs zu sein, der seine Zeit lieber mit männlichen Günstlingen im Bett verbringt – wie mir eine der Nonnen unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut hat – als mit seiner Ehefrau.«
    »Pssst, nicht so laut«, mahnte die Gräfin. »Die Wände in diesem Kloster haben mit Sicherheit Ohren. Und man wird es nicht besonders schätzen, wenn du behauptest, Ludwig ziehe sein eigenes Geschlecht vor – selbst wenn es der Wahrheit entsprechen sollte. Ich begreife diese Franzosen überhaupt nicht: Dass ein Mann, wenn er Nachwuchs haben will, mit seiner Frau schlafen muss, dürfte sich doch gewiss bis zum König herumgesprochen haben. Wozu bedarf

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