Die Hexengraefin
es eines Wunders?«
»Vielleicht glaubt Ludwig XIII., seine Gemahlin Anna wäre die Jungfrau Maria, bei welcher der Heilige Geist diese Aufgabe übernimmt?«, lachte Hélène de Morrisson. »Aber das Hemd allein wird mit Sicherheit keine Schwangerschaft hervorrufen. Da wird Seine Majestät sich schon selbst bemühen müssen.«
Dass das Helen wieder lachen konnte, war allerdings für die Comtesse immer noch das größte Wunder …
Kaum war der Kardinal mit seiner Begleitung nach Paris abgereist, kühlten sich die Beziehungen zwischen der Äbtissin und ihrem aufgezwungenen Gast, der Comtesse Adelaide, merklich ab. Es erfolgten keine Einladungen mehr zu abendlichen Plauderstündchen zwischen beiden Damen, und sooft sie aufeinandertrafen und ein Gruß sich nicht vermeiden ließ, fiel derjenige der Mutter Oberin auffallend flüchtig aus.
Adelaide tat es leid, weil sie die Gespräche mit der gebildeten und charmanten, noch recht jungen Klosterfrau doch immer sehr genossen hatte. Über den Grund konnte die Gräfin nur spekulieren. War die Äbtissin etwa eifersüchtig auf sie gewesen, weil sich der Kardinal während seines Aufenthaltes in Sainte Cathérine auffallend oft mit ihr unterhalten hatte?
Der Erste Minister hatte die junge Frau regelrecht ausgefragt nach den politischen Gegebenheiten in ihrer Heimat und über ihren Aufenthalt bei seinem cher Ami, dem Bischof Leopold in Straßburg.
Aber war das ein Grund, ihr nun unfreundlich zu begegnen? Andererseits war die Ehrwürdige Mutter bekanntermaßen eine äußerst launenhafte Dame …
Schrittweise merzte man im Kloster alles aus, was an das »Wunder der Erweckung« von Demoiselle Hélène erinnerte; nur noch von der Auferstehung der beinahe toten Äbtissin wurde gesprochen.
Den Flüchtlingen aus Deutschland war das ganz lieb, denn das Aufsehen, das sie erregt hatten, hatte sie eher geniert.
»Eine entflohene Hexe sollte unbemerkt bleiben«, sagte die Tochter des ehemaligen Schultheiß Jakob Hagenbusch. »Wenn ein Verräter davon erführe, könnte das unser beider Ende bedeuten.«
Die Comtesse hatte es zum Glück bis jetzt immer verstanden, im Kloster den Eindruck zu erwecken, man hätte ihre Schwester erst, nachdem deren Unschuld erwiesen war, freigelassen …
Das bisher immer freundschaftliche Verhältnis zur Krankenschwester Leontine verschlechterte sich ebenfalls schlagartig. War es Neid, weil die beiden jungen Frauen vom anderen Ufer des Rheines anscheinend mehr von Heilpflanzen und Kräutern und den daraus zu brauenden Tränklein wussten? Noch bis vor Kurzem war die Nonne froh gewesen, wenn Adelaide oder Hélène sie von ihrem reichen Wissen profitieren ließen – genauso wie Leontine ihnen eine Menge Neues beizubringen wusste. Nun war es neuerdings so, dass sie den »Fremden« den Zugang zum Kräutergarten und zur Apotheke verwehrte. Auch ihre Hilfe bei der Versorgung der Kranken war nicht länger erwünscht. So blieb es nicht aus, dass die jungen Frauen begannen, sich zu langweilen.
Die schöne Jahreszeit erlaubte es ihnen auszureiten und die herrliche Gegend des Burgund zu erkunden und die Comtesse erbat sich daher von Madame des Anges die Erlaubnis, zusammen mit Hélène und ihrer Zofe Anne aus dem Stall der Abtei Pferde entleihen und unter der Begleitung einiger Klosterknechte Sainte Cathérine verlassen zu dürfen.
Sie war nicht wenig verblüfft, als der Bescheid negativ ausfiel: Aus Sicherheitsgründen müsse ihnen dieses Vergnügen versagt bleiben, erfuhren sie.
Die Gräfin war wütend, aber es nützte ihr nichts. Angélique des Anges blieb hart, obwohl Adelaide aus sicherer Quelle wusste, dass niemand den Damen etwas zuleide getan hätte. Zumal, wenn sie in Begleitung von Männern aufgetaucht wären, die in jene Tracht gekleidet waren, die sie als Angehörige des berühmten Klosters auswies.
»Dann verlange ich, mich wenigstens – meinetwegen in Begleitung einer Schwester – in Auxerre umschauen zu dürfen! Ich lebe jetzt schon so lange hier und bin noch nicht einmal durch die Gassen der Stadt spaziert.«
Aber selbst das wurde ihr strikt verwehrt. Die Begründung war ähnlich fadenscheinig, aber es führte kein Weg an der bitteren Einsicht vorbei, dass die Gräfin im Grunde eine Gefangene der Äbtissin von Sainte Cathérine war.
»Du weißt, dass es jetzt sehr schwer sein wird, deinem Vater einen Brief zukommen zu lassen, Adelheid«, sagte Hélène, die sich keine Illusionen über ihre Lage machte.
»Und die Schreiben, die man dir
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