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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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genuschelt -, vorgestellt hatte, machte eine so genannte »Räuberleiter«, und Adelaide zögerte nicht, ihren Fuß in seine verschränkten Hände zu setzen. Der kräftige Kerl hob seine Hände mit ihr, als wäre sie leicht wie eine Feder, etwa in Brusthöhe.
    »Jetzt, Madame, stellt Euch ungeniert auf meine Schultern. Mein Herr, Monsieur le Comte, wird Euch auf der Gegenseite in Empfang nehmen.«
    Anne Larousse kicherte. Auch Adelaide fand die Situation reichlich komisch. Als sie auf den breiten Schultern dieses recht ansehnlichen Herkules stand, konnte sie bereits über die Mauer blicken, wo besagter Comte, Bruder der Klosterschwester Marie-Madeleine, ihr voller Neugierde entgegenstarrte.
    Die Gräfin glaubte ihren Augen nicht zu trauen. »Ihr seid das?«, war alles, was sie endlich herausbrachte. Es klang ein wenig dümmlich – und so fühlte sie sich auch. Mit allem hatte sie gerechnet, aber damit nie im Leben.
    »Gebt mir Eure Hand, Madame. Nur ein kleiner Schritt über die Mauerkrone, und Ihr seid frei.«
    Adelaide gehorchte wie im Traum. Gleich darauf stand sie auf der Plattform einer kleinen hölzernen Trittleiter neben ihrem uneigennützigen Retter, der ihr geschickt auf den Erdboden hinunterhalf, wo seine Kutsche bereit stand.
    »Voilá. Wie Ihr seht, Madame la Comtesse, ist alles zu Eurer Abreise bereit.«
    »Ich danke Euch tausend Mal, Monsieur le Comte«, sagte sie, noch immer verwirrt.
    Anne wird Augen machen, dachte sie, und dann lachte sie herzlich und befreit, nachdem sie sich durch einen raschen Blick davon überzeugt hatte, dass kein Mensch – außer ihr, dem Comte und dem Kutscher – zu sehen war.
    Der Pfad, welcher sich an dieser Stelle entlang der Klostermauer schlängelte, war ziemlich schmal und nass und von uralten Ulmen gesäumt, deren Äste tief über dem Weg hingen. Kein Sonnenstrahl drang durch das Astgewirr. Es war kühl hier, feucht und geheimnisvoll dunkel.
    »Hier gibt es entlang des Weges viele kleine Quellen. Im Frühjahr und im Herbst breitet sich ein regelrechter Sumpf aus. Seht, Madame, die Mauer von Sainte Cathérine ist auf dieser Seite völlig bemoost und teilweise zerbröckelt durch die andauernde Feuchtigkeit.«
    Anne, die inzwischen auf dieselbe Art und Weise die Abtei verlassen hatte, warf einen Blick auf den Comte und sogleich entfuhr ihr ein leiser Aufschrei.
    »Oh, Madame! Das ist doch unser rettender Engel aus dem Lion d’Or! Und jetzt helft Ihr uns ein zweites Mal, Monsieur. Ihr seid in der Tat ein wahrer Schatz, Monsieur.«
    Beinahe wäre Anne dem ansehnlichen Edelmann um den Hals gefallen. »Meine Herrin hat sich schon Gedanken gemacht, weil Ihr Euch niemals im Kloster habt sehen lassen. Obwohl Ihr es doch fest versprochen hattet, Monsieur.«

KAPITEL 75
    »ANNE!«
    Die Comtesse genierte sich, dass ihre Zofe solcherart aus dem Nähkästchen plauderte. Was sollte der adelige Herr denn von ihr denken?
    Eben hatte sich sein Diener Jules über die Mauer geschwungen und war dabei, das Treppchen zusammenzulegen, um das nützliche Ding unter dem Wagenkasten zu verstauen. Dann nahm er neben dem Kutscher auf dem Bock Platz.
    Um keine Verlegenheit aufkommen zu lassen, dirigierte der Comte Adelaide de Bréteuil und ihre Zofe in das Wageninnere, worin es sich Demoiselle Hélène bereits seit zwei Stunden bequem gemacht hatte.
    Bernard de Grandbois, Herr auf Château Beauregard, gesellte sich zu den Damen, indem er gegenüber Adelaide und Hélène und neben Anne Platz nahm; er gab seinem Kutscher sogleich das Zeichen zur Abfahrt, nachdem er die Vorhänge vor den Wagenfenstern zugezogen hatte.
    Als Adelaide Hélène über die Person ihres Helfers bei der durchaus abenteuerlich zu nennenden Flucht aus dem Kloster aufklärte, kam jene aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, als sie von den ganz besonderen Umständen hörte, unter denen sie schon einmal die Bekanntschaft dieses charmanten Herrn gemacht hatten.
    »Und ich hatte keine Ahnung davon«, sagte Hélène ein übers andere Mal. »Mon Dieu, was ist mir nur alles entgangen. Verzeiht mir, Monsieur, dass ich Euch nicht erkannte, als ich Euch neulich sah. Ich schwöre Euch, ich hatte Euch vorher noch nie mit Bewusstsein gesehen.«
    »Ihr müsst Euch nicht entschuldigen, Mademoiselle. Ich weiß von Eurer Krankheit, welche Euch damals noch gefangen hielt. Nun kann ich gottlob sagen, dass Ihr Euch prächtig erholt habt.«
    Die Comtesse hing an seinen Lippen. Sie konnte ihre Augen gar nicht von dem großen, dunkeläugigen Mann

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