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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Frieden, während zahlreiche Dörfer und Kleinstädte bereits großen Kirchhöfen glichen und ehemals fruchtbares Ackerland zur Wüste geworden war.
    Im vergangenen Winter hatte der Tod reiche Ernte gehalten – und nicht bloß unter den Alten und kleinen Kindern. Auch viele Erwachsene waren der Kälte, der Unterernährung und diversen Krankheiten und Seuchen zum Opfer gefallen.
    Aus Verzweiflung, den sicheren Hungertod ihrer Familien vor Augen, hatten die Bauern sogar ihre wertvollen Zuchttiere geschlachtet, und im nächsten Frühling fehlten die Jungtiere, sodass man auf die Früchte des Feldes angewiesen wäre. Aber die Äcker waren zertrampelt und von den Pferdehufen der feindlichen wie der eigenen Armeen zerstampft, und das kostbare Saatgut hatten die Menschen während des Winters aufgegessen; Büsche und Obstbäume ragten zumeist verkohlt in den Himmel, und die Bäche und Teiche waren leer gefischt von durchziehenden Kriegern.
    Aber am Tisch des bayerischen Kurfürsten würde man davon nichts bemerken. Dort herrschte noch Überfluss, und es durfte einen nicht wundern, dass der hohe Herr vom Sieg über den Schweden sprach, den man zu guter Letzt doch mit dem Segen GOTTES und seines lieben Sohnes JESUS, erringen würde …

KAPITEL 79
    HASSO VON RUHFELD nahm sich vor, noch vor dem abendlichen Schmause einen Brief an seinen Vater zu verfassen. Der alte Herr freute sich gewiss darüber, ein Lebenszeichen von seinem einzigen Sohn zu erhalten.
    Die Augen des jungen Grafen verdunkelten sich schmerzlich, als er an die zusammengesunkene und abgemagerte Gestalt Ferfrieds dachte, wie er ihn zuletzt bei seinem Abschied vom Schloss gesehen hatte.
    Er hoffte, dass sich der einst so kraftvolle Vater, der den Eindruck erweckt hatte, stets ein Fels in der Brandung zu sein, sich inzwischen ein wenig erholt hatte.
    Ferfried, schwach und hinfällig, angewiesen auf Hilfe und Handreichungen in beinahe allen Bereichen seines Lebens, selbst in den intimsten, das war etwas, was Hasso schwer an die Nieren gegangen war.
    Zum ersten Mal war dem jungen Mann die Endlichkeit aller menschlichen Existenz so richtig zum Bewusstsein gekommen. Und noch etwas war dem jungen Edelmann aufgegangen: Dass es letztendlich keine Rolle spielte, ob man als Halbgelähmter in einem Stuhl saß, welcher geschnitzt und zierlich gedrechselt war, oder auf einem roh gezimmerten aus Fichtenholz, ob man in einem reich geschmückten Gemach hockte oder in einer armseligen Bauernkate und ob es sich bei der Speise, die man aus Schwäche nicht allein zu sich nehmen konnte, um feine Kalbsbrühe oder um einen faden Mehlbrei handelte.
    Wichtig war nur, dass die Menschen, die einen versorgten, dies mit Herz taten – oder mit Widerwillen und Gleichgültigkeit. Und so waren Hassos Gedanken wie von selbst zu Salome Bürgi gewandert, die den alten Grafen liebevoll und aufopfernd pflegte.
    Warum tat die ehemalige Hure das? Weil Ferfried sie gut bezahlte?
    Hasso hatte auch erkannt, dass die im Geheimen bisher von ihm verachtete Frau ein gutes und ihrer früheren Profession zum Trotz hochanständiges Weib war, und es freute ihn, dass der Vater »seine Sali« hatte, die auf ihn schaute und ihn wie ihren Augapfel hütete.
    ›Ob Gisela, meine Frau, das Gleiche für mich täte?‹, überlegte er. Wenn er ehrlich war, zweifelte er daran, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass seine maßlos verwöhnte und – er gestand es sich ein – auch ungeheuer egoistische und bequeme Gemahlin solche Dienste an ihm verrichten würde, so wie die Bürgi es bei Ferfried wie selbstverständlich tat. Gisela würde sich vor mir ekeln und mich den Bedienten überlassen. Dessen war er sich beinahe völlig sicher, und zum ersten Mal fühlte er einen leisen Hauch von Kälte, der ihn beim Gedanken an sein reizvolles, junges Weib anwehte.
    Und, ohne dass er es gewollt hatte, waren seine Gedanken zu Helene Hagenbusch geschweift … Auch sie gehörte seiner Meinung nach zu jenen selbstlosen Geschöpfen, die sich für einen geliebten Mann aufopfern würden. Unvermittelt verspürte er ein schlechtes Gewissen, dass er sie damals so leicht aus seinem Herzen gerissen hatte. Und das zu einem Zeitpunkt, wo man noch gar nicht sagen konnte, ob und wie sie die Misshandlungen überleben würde.
    ›Da hätte sie mich am meisten gebraucht, aber gerade da habe ich versagt‹, gestand er sich beschämt ein. Ja, regelrecht geekelt hatte er sich vor ihr. Nun, da er reifer geworden war und etwas mehr von der Welt, den

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