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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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scheine und obendrein ein gutes Herz besäße – was er auf den ersten Blick hätte sehen können …
    Man wünschte sich gegenseitig GOTTES Segen, ehe man wieder voneinanderschied.
    »Wenn ich nicht bald erfahre, was es mit diesem seltsamen Oudewater auf sich hat, platze ich noch vor Neugier«, rief die schöne Gräfin temperamentvoll aus, aber ihr Gemahl lächelte bloß.
    »Geduld, mein Schatz, bald wirst du es wissen.«
    Jemanden von der Eskorte auszufragen, hatte Adelheid aufgegeben – alle waren sie von Monsieur Bernard zum Schweigen verdonnert worden.

KAPITEL 93
    AUF DER ANDEREN SEITE DES RHEINES lebten die Menschen mehr schlecht als recht. Seit September 1632 hatten sich die Schweden in der reichsfreien Stadt Offenburg eingenistet, und niemand wusste, ob oder wann sie das gesamte Badener Land einnehmen würden.
    Besser, man war vorbereitet. Das bedeutete auch für die Gerichte eine gewisse Zurückhaltung bei den schauerlichen Hexenprozessen – was Leuten wie Munzinger und anderen allerdings gar nicht passte.
    Nur ein Gutes hatte die Besatzung: Ein Inquisitor würde sich nicht in Feindesland wagen.
    Auch Fridolin Ganzer sah schlechteren Zeiten entgegen – waren die Malefizprozesse gegen die Teufelsbräute doch ein einträgliches Geschäft für ihn gewesen. Jeder wusste, dass er bei den Angehörigen der Angeklagten stets eine sehr offene Hand gehabt hatte.
    Meistens versuchten die Ehemänner der Unglücklichen den Henker wegen kleiner Vergünstigungen zu bestechen.
    Einer wahren Verhaftungs- und Prozesswelle in der Ortenau zum Trotz blieb es niemandem verborgen, dass sich der Wind gedreht hatte, denn die Stimmung im Volk war eine andere geworden. Es gab zunehmend massiven Widerstand bei den Festnahmen, wütende Proteste während der Verhandlungen und nicht zuletzt ständige Eingaben bei übergeordneten Behörden. Schmährufe und sogar Steinwürfe hatte Bertold Munzinger schon über sich ergehen lassen müssen …
    »Und alles nur, weil ich meine Pflicht gewissenhaft zu erfüllen suche«, hatte er sich erst neulich vor dem kaiserlichen Landvogt beklagt. Aber Herr Maximilian Veigt hatte ihm kaum noch zugehört. Der hatte neuerdings anderes im Sinn: Er fiel sozusagen die Treppe hinauf, indem er einen höher dotierten Posten in der Stadt Innsbruck antreten sollte; persönlicher Berater des dort regierenden habsburgischen Erzherzogs würde er werden. Was scherte ihn da noch die Ortenau, diese kleingeistige Provinz?
    Und noch etwas hatte sich verändert: Das Verhalten der Frauen, die man der Hexerei bezichtigte. Zum ersten Mal widerstanden tapfere Frauen der grausamen Folter.
    »Die Erste, welche den bewunderungswürdigen Mut und die Stärke beweisen sollte, war Magdalena Holdermann, und die Zweite hieß Agnes Gotter, genannt die Gotter Neß. Beide wurden nach zwei hintereinander vorgenommenen, peinlichen Verhören, bei denen sie standhaft leugneten, auf den ›Hacker’schen Stuhl‹ gesetzt. Kein Mann hatte bis jetzt dieser Qual widerstanden, die Gotter Neß und die Magdalena Holdermann aber haben es vermocht. Nur in der ärgsten Qual haben sie gestanden, um nachher umgehend ihr Geständnis zu widerrufen – trotz der Drohung, man würde sie erneut dem Schrecklichen unterwerfen!«
    Diese Aufzeichnungen hatte Pater Ambrosius Feyerling gemacht. Sie wurden sorgfältig auf Schloss Ruhfeld aufbewahrt.
    »Als der Rat vom Gericht diesen unerwarteten Bericht erhielt, war er offenbar sehr verlegen«, fuhr der Benediktinermönch in seinem Tagebuch fort. »Man stellte die Wiederholung dieser furchtbaren Tortur dem Ermessen des Obersten Richters anheim. Der Gotter Neß ließ man ausrichten, wenn sie gestehen wolle, so könne ihr mit drei anderen Angeklagten gemeinsam der Gerichtstag gehalten werden und sie könnte mitgehen.«
    Mit Letzterem meinte man, sie könnte zugleich mit den anderen auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Nach dem Motto »geteiltes Leid ist halbes Leid« schienen es die Delinquenten im Allgemeinen vorzuziehen, mit anderen Personen zusammen hingerichtet zu werden.
    Der Henker wandte in der Tat noch einmal den »Stuhl« an, aber die Gotter Neß wollte durchaus nicht »mitgehen«. Sie beharrte im Gegenteil standhaft auf ihrer Unschuld.
    Der Beweis, den dieses heldenmütige Weib dafür geliefert hatte, dass die »Zeugenaussagen« auf Hirngespinsten beruhen konnten und dass man auch Unschuldige den furchtbarsten Schmerzen der Tortur bloß zur Erzwingung eines Geständnisses unterwarf, machte auf die

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