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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Geschwistern – nicht zu vergessen den Wegfall der üblichen Verhandlungen betreffs der Mitgift der Braut – war eigentlich ein Schlag ins Gesicht der guten Sitten. Aber die Zeiten waren nicht danach, alles den alten Gebräuchen gemäß abzuwickeln. Manchmal musste man eben andere Wege gehen …

KAPITEL 92
    GRAF FERFRIED VON RUHFELD machte es sich nicht leicht. Ehe er der Heirat seiner Tochter mit einem Unbekannten zustimmte, zog er allerhand Erkundigungen über den französischen Edelmann ein, der sich anschickte, sein Schwiegersohn zu werden.
    Er ließ dabei wieder alte Verbindungen zur erlauchten Familie der Visconti – einem Nebenzweig, die Hauptlinie war bereits im 15. Jahrhundert erloschen – seiner verstorbenen Gemahlin Sybilla in Mailand aufleben. Die Habsburger behelligte er lieber nicht damit …
    Erst als von dort nach einiger Zeit ermutigende Nachrichten bezüglich des aufrechten Charakters des Comte Bernard und seiner glänzenden Vermögensverhältnisse sowie der untadeligen Familienehre der Grandbois ganz allgemein eintrafen, war der Adelige aus der Ortenau bereit, sein Plazet zu erteilen.
    Im Grunde war der Ruhfelder erleichtert, seine geliebte Adelheid versorgt zu sehen. Dank der Pflege von Salome fühlte Ferfried sich zwar wieder »so gut wie neu«, aber ewiges Leben war auch ihm nicht vergönnt. Da war es schon besser, wenn seine Tochter eine eigene Familie gegründet hatte und nicht auf das Wohlwollen ihres Bruders angewiesen war.
    Wer konnte schon sagen, wen er sich als nächste Gemahlin aussuchen würde? Und zwei junge Frauen unter einem Dach, von denen jede das Regiment führen wollte – das würde auf die Dauer nicht gut gehen.
    Man war übereingekommen, Adelheids Mitgift vorerst auf Ruhfeld zu belassen. Die Verkehrswege waren viel zu unsicher, um Bargeld, Schmuck und anderes wertvolles Gut der Beförderung durch Postkutschen zu überlassen. Sie wurden ständig überfallen und ausgeraubt, und bald würde man den Betrieb wohl völlig einstellen.
    »Irgendwann, in weniger gefahrvollen Zeiten, werden wir, mein Gemahl und ich, Euch, liebster Vater, aufsuchen, und dann können wir alles Weitere regeln. Grüßt ganz herzlich Frau Salome und meinen Bruder Hasso, sobald er wieder bei Euch ist. Es tut uns sehr leid um seine Gemahlin Gisela, die der HERR zu sich genommen hat, und wir wünschen ihm desto mehr Freude an seinem Söhnchen, dem kleinen Fritz.«
    Hasso hatte seinen Sohn nach seinem Vater benannt und nach seinem schwäbischen Schwiegervater Friedrich Ulrich: Ferfried Ulrich Friedrich. Gerufen wurde der Kleine »Fritz«, und für sein leibliches Wohl sorgten eine Kinderpflegerin, eine eigene Dienerin und eine Gouvernante – alles Frauen, die sein Großvater Ferfried höchstpersönlich für seinen ersten Enkel ausgesucht hatte, nachdem sein Sohn Hasso seinen Sprössling aus Württemberg mitgebracht hatte.
    Im Alter von sechs Jahren würde der kleine Graf einen Mann als Erzieher erhalten, der die »männlichen Tugenden« in dem Knaben zur Entfaltung bringen sollte, als da waren Jagen und Kämpfen. Aber bis dahin war noch viel Zeit.
     
     
    Adelheids Eheschließung mit einem Franzosen hatte neben vielen anderen noch einen unschätzbaren Vorteil: Geschützt durch ihren adligen Gemahl, war sie kein »Flüchtling« mehr und hatte es nicht mehr nötig, falsche Papiere zu benützen. Sie hatte daher beschlossen, endgültig zu ihrem richtigen Namen zurückzukehren, ebenso wie ihre Freundin Helene und die Zofe Ursula, die sich nie recht mit dem Vornamen Anne hatte anfreunden können. Lediglich der Comte würde bei Adelaide bleiben, weil er das deutsche Adelheid nicht aussprechen konnte und bei Helene ließ er das H einfach weg.
    Sollte sie ihren Vater in Deutschland besuchen, konnte sie niemand mehr unter dem Vorwand festnehmen, vor Jahren einer Hexe geholfen zu haben. Als Ehefrau eines französischen Grafen unterstand sie nicht mehr der Jurisdiktion ihres Heimatortes, und in Frankreich interessierte sich niemand für ihre Vergangenheit in der Ortenau.
    Adelheids Sorge galt nunmehr nur ihrem lieben Helen, welches nach wie vor gewärtig sein musste, beim Grenzübertritt gefasst und erneut vor Gericht gestellt zu werden.
     
     
    »Ist Euch der Name Oudewater ein Begriff, Madame?«, fragte der Comte seine Frau eines Abends, als sie gemütlich am prasselnden Kaminfeuer in der Halle von Schloss Beauregard beieinandersaßen.
    Die Damen stickten, und der Hausherr hatte sich eben eine mit fein

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