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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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die armen Frauen geworden, die man zu Unrecht angeklagt hat.«
    »Das kann ich Euch erklären, Minheer«, fiel dem Comte der erste der Stadträte von Oudewater, von Beruf ein Magister für Latein und Französisch, ins Wort. »Das hängt damit zusammen, dass unsere Stadt vor langer Zeit von Kaiser Karl V. persönlich die Allerhöchste Genehmigung erhalten hat, auf Grund ihrer sorgfältig geeichten Stadtwaage, diese Zertifikate in allen Zweifelsfällen betreffs strittiger Gewichte auszustellen.«
    »Nun denn. Begeben wir uns zu dieser wunderbaren Waage und lassen das Gewicht dieser Dame« – der Comte nahm das tödlich verlegene Helen an der Hand – »bis aufs Gramm genau bestimmen.«
    Adelheid klatschte vor Freude in die Hände, und alle anderen taten es ihr gleich. Der Graf war ein wahrer Freund, und seine Frau und ihre Freundin würden ihm das niemals vergessen …
    Im Untergeschoss des Rathauses befand sich das begehrte Stück, welches normalerweise Schlachtvieh sowie Kornsäcke, Brotlaibe und Körbe mit Kraut und Rüben abzuwiegen hatte.
    Umgehend machten sich zwei Stadtknechte daran, im Beisein zahlreicher Zuschauer die Demoiselle Hagenbusch zu wiegen.
    »Einhundert und sechs Pfund und dreihundert Gramm wiegt die Demoiselle«, verkündete dann laut und sich die Hände reibend der behäbige Schultheiß. Im Geiste hatte der geschäftstüchtige Ortsvorsteher bereits die ansehnliche Summe überschlagen, die er dem vornehmen Herrn aufbrummen konnte …
    Nun musste man nur noch auf die Ausfertigung der Urkunde abwarten, welche anschließend – mit den notwendigen Unterschriften und Siegeln versehen – dem Comte feierlich überreicht würde, der diese aber sogleich Helene Hagenbusch zu treuen Händen überließ.
    Die junge Frau sank tränenüberströmt vor Rührung dem Ehemann ihrer Freundin zu Füßen und versuchte, den Saum seines Mantels zu küssen. Aber Bernard de Grandbois hatte das kommen sehen und rechtzeitig das hübsche, junge Ding aufgehoben und brüderlich in seine Arme genommen.
    »Dankt nicht mir, sondern meiner lieben Frau«, wehrte er alle Dankesbezeugungen ab. »Sie wäre ohne dieses Papier niemals bereit gewesen, mit Euch auch nur einen Schritt weit die Grenze zu Eurer Heimat zu überschreiten, aus Angst, man könnte Euch wieder festnehmen.«
    »Das brauche ich jetzt gottlob nicht mehr zu befürchten.« Und mit tränenfeuchten Augen küsste das Helen jenes Zertifikat, das der Graf sich einiges hatte kosten lassen.
     
     
    Helene war wie verwandelt. Sie schien wieder so jung und unbeschwert wie früher zu sein. Nur wer die junge Frau genau kannte, konnte den neuen Ausdruck in ihren blauen Augen richtig deuten. Das Kindlich-Gutgläubige war endgültig verschwunden und würde auch nicht wiederkehren – dazu war zu vieles geschehen. Die Tochter von Jakob und Walburga Hagenbusch stand in der Blüte ihrer Jugend und jeder, der sie ansah, empfand sie als ein schönes Mädchen mit biegsamer Figur, ansprechenden Bewegungen und einem Engelsgesicht, mit feiner Nase und einem verlockenden Mund, umrahmt von der Fülle ihres längst nachgewachsenen, blonden Haares.
    »Wer sie wohl einmal als seine Frau heimführen wird?«, fragte Adelheid ihren Gemahl, als sie sich wieder auf Beauregard in der Intimität ihres Schlafgemaches befanden.
    Monsieur Bernard zuckte die Achseln.
    »Ihres angenehmen und verständigen Wesens sowie ihrer Schönheit wegen, verdiente sie es weiß Gott, dass ein Edelmann um sie anhielte«, meinte er dann mit Überzeugung.
     
     
    Die Comtesse ließ es sich angelegen sein, umgehend von ihrer Reise nach Oudewater nach Ruhfeld zu berichten. Sie bat darum, dass man Helenes Eltern vom Erwerb jenes Zertifikates in Kenntnis setze, um Jakob und Walburga auch einmal eine Freude machen zu können.
    Außerdem schilderte sie das Äußere Helenes in so glühenden Farben, dass jedem deutlich werden musste, dass nichts mehr im Aussehen der ehemaligen, der Hexerei beschuldigten Inhaftierten an die erlittenen Verletzungen durch die grausamen Folterungen erinnerte.
    Graf Bernard, dem seine Frau den Brief zu lesen gab, ehe sie ihn abschickte, lachte: »Man könnte glauben, Ihr seid in sie verliebt, Chérie, so wie Ihr Hélènes Vorzüge betont habt.«
    Adelheid lachte ebenfalls.
    »Nun ja, etwas habe ich mir dabei schon gedacht«, gab sie vergnügt zu. »Diesen Brief wird auch mein Bruder lesen. Und er soll ruhig wissen, dass mein Helen nicht mehr so aussieht, wie er sie zuletzt gesehen hat: Zerschunden und

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