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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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sie in Ruhe überlegen wollte, wie es mit Helene weitergehen sollte.
    Da fiel ihr ein, dass ihr Vater ihr vor seiner Abreise dringend ans Herz gelegt hatte, sich nicht alleine vom Schloss zu entfernen. Pater Ambrosius’ Ermahnungen kamen ihr ebenfalls in den Sinn. Auch er hatte sie gewarnt. Mittlerweile gab es viel zu viel Gesindel in der Gegend.
    »Erst neulich haben unsere Bauern entsetzlich zugerichtete, nackte Leichen in einem Graben, seitlich des Hollerbachs, in Höhe der Holler-Mühle, gefunden. Das waren sicher Landfahrer mit ihren Weibern. Sie wurden erschlagen und ausgeplündert. Besonders die Frauen waren übel zugerichtet. Sie wurden von den Banditen auf grauenhafte Weise geschändet, ehe man ihnen die Hälse durchgeschnitten hat.«
    Adelheid hatte bei diesen Worten des Benediktinerpaters geschaudert und versprochen, vorsichtig zu sein. Und das bedeutete, keinesfalls alleine auszureiten.
    »Gut, Frieder! Ich warte, aber beeile dich. Ich möchte gleich aufbrechen, weil ich beim Reiten am besten nachdenken kann.« »Sofort, gnädiges Fräulein.«
    Der Knecht verschwand im Stall. Er kehrte schnell zurück, ein dunkelbraunes Pferd am Zügel führend. Dann saß er auf. Adelheids Morgenritt über die Wiesen und entlang den Feldrainen bis zum Buchenwald konnte beginnen.
    Diskret hielt sich Frieder dabei etwa fünf Pferdelängen zurück; so würde er seine Herrin beim Denken nicht stören und konnte selber unauffällig mit scharfen Augen die Umgebung nach etwaigen Feinden absuchen.
     
     
    »Ein Amtsbote hat ein Schreiben vom Landvogt, dem Herrn Maximilian Veigt, überbracht, Fräulein Adelheid!«, sagte Ursula aufgeregt.
    Nicht weniger nervös war die junge Gräfin, die eben, noch erhitzt von dem flotten Galopp, nach Schloss Ruhfeld zurückgekehrt war.
    »Gib her, meine Liebe! Was kann da bloß drinstehen?«
    Sie überlegte fieberhaft, als sie den an sie adressierten und versiegelten Brief in Händen hielt.
    Ohne sich zu setzen begann sie umgehend im Stehen mit dem Lesen, des abwechselnd auf Latein und Deutsch ab-gefassten und sich in gedrechselten Windungen ergehenden Textes.
    »Du meine Güte, wann kommt dieser Mensch endlich zum Wesentlichen?«, murmelte Adelheid ungeduldig vor sich hin.
    Plötzlich jubelte sie: »GOTT sei Dank, Ursula! Ich darf das Helen doch besuchen. Als ich den Veigt darum gebeten habe, hat er es mir noch glatt verwehrt. Warum er sich jetzt anders besonnen hat, weiß ich nicht. Vielleicht hat der Oberste Richter es erlaubt. Ist auch egal. Hauptsache, ich kann zu meiner lieben Freundin.«
    Sie lachte vor Freude und umarmte mit leuchtenden Augen ihre Vertraute.
    »Ursula, ich denke, das ist ein gutes Zeichen. Sicher haben sie ihr noch nichts angetan. Wenn sie die Ärmsten erst einmal halb tot gefoltert haben, verweigern sie im Allgemeinen die Besuche von Verwandten und Bekannten. Lass uns überlegen, was wir ihr am besten mitbringen – ich glaube nämlich nicht, dass sie uns den Gefallen tun und das Helen entlassen. So leicht werden sie nicht nachgeben, aber ich werde nicht lockerlassen und immer wieder ihre Unschuld beteuern.«
    »Ich freue mich so«, sagte Ursula. »Wollt Ihr mich nicht mitnehmen?«
    Adelheid war einverstanden, und die beiden jungen Frauen gingen daran, wieder einen Korb für die unglückliche Helene zu packen. Dann bat die Gräfin den Schlossverwalter, Anselm von Waldnau, zu sich. Danach wollte sie sich mit Ursula und drei Ruhfeld’schen Knechten auf den Weg zum Hänsele-Turm machen.
    Adelheid merkte sofort, dass dem Verwalter die ganze Sache nicht gefiel. Es passte ihm augenscheinlich nicht, dass sich Adelheid in dieser »dubiosen« Angelegenheit so sehr engagierte. Mühsam die gebotene Höflichkeit bewahrend, brummte er etwas von »abwarten«, von »nichts überstürzen« und endlich gar von »den Dingen ihren Lauf lassen«.
    Aber da geriet er bei Adelheid an die Falsche. Wie eine Furie ging sie auf den Schlossvogt los, hielt ihm Gleichgültigkeit, Mitleidlosigkeit und Unbarmherzigkeit vor. Den Waldnau schien das wenig zu beeindrucken.
    »Ich verstehe nicht, weshalb Ihr Euch so aufregt, Gräfin. Das Einzige, was mich stutzig macht, ist, dass niemand hier im Schloss etwas davon bemerkt haben will, dass dieses Geschöpf mit dem Teufel im Bund ist«, entgegnete er.
    Und er schielte dabei Adelheid ein wenig heimtückisch an. »Seid Ihr wirklich so schwer von Begriff, oder stellt Ihr Euch nur so?«, fauchte sie. »Genau darum geht es doch: Helene Hagenbusch ist keine

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