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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Georg, noch ihrer Freundin Adelheid würde es gelingen, sie vor dem Scheiterhaufen zu retten. War es da nicht einfacher, freiwillig alle gegen sie vorgebrachten Anschuldigungen, so ungeheuerlich sie in ihrer Borniertheit auch sein mochten, zu bestätigen? Ein volles Geständnis zu Anfang des Prozesses: Würde es ihr nicht die ganze Qual der Torturen ersparen?
    Ja, das wäre in der Tat zu bedenken. Aber, wer wusste, ob man sie nicht trotzdem auf die Folter spannen würde, da man ihr durchsichtiges Manöver als ein solches erkannte und weil das Gericht nicht gewillt war, sich die Bedingungen, unter welchen ein solcher Malefiz-Prozess abzulaufen hatte, von einer sogenannten »Hexe« vorschreiben lassen wollte?
    Womöglich waren die Richter nicht damit zufrieden, sie »nur« verbrennen zu lassen und ihr die vorherigen Qualen der »peinlichen Befragung« durch den Henker und seine Gehilfen zu ersparen.
    Helene Hagenbusch schlug im Dunkeln – der Wächter hatte natürlich nach Munzingers Weggang die Laterne wieder mitgenommen – aufschreiend nach einer fetten Ratte, die Anstalten machte, sich in ihrer Wade zu verbeißen, ehe sie schluchzend auf der dürftigen Strohschütte zusammenbrach, wo sie trotz der empfindlichen Kälte in dem dicken Gemäuer, ungeachtet des Ekels vor ihrer Umgebung und trotz ihrer Herzensangst endlich in einen unruhigen Schlummer versank.
    Die Decke, den Wollschal und die gefütterten Hausschuhe, die Adelheid ihr sofort am ersten Tag hatte schicken lassen, hatte sie natürlich niemals erhalten …

KAPITEL 12
    HASSO VON RUHFELD, der mittlerweile in Augsburg, wie er hoffte, die ihm obliegenden Geschäfte zufriedenstellend erledigt hatte, dachte nur noch an seine Liebste, die er in der Stunde ihrer bittersten Not im Stich hatte lassen müssen. Wenn auch gezwungenermaßen, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass er keinen Finger zur Rettung Helenes gerührt hatte.
    Die freundliche Einladung des reichen und erfolgreichen Bankherrn Fugger zu einem Gastmahl in sein prächtiges Stadtpalais nahm der junge Graf dankend an.
    Hasso kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Er hatte schon allerlei vom Prunk der Fugger gehört, aber dieser Reichtum und Pomp, der hinter den zwar imposanten, aber nicht übermäßig prächtigen Fassaden ihres großen Stadthauses am Augsburger Weinmarkt herrschten, benahmen ihm doch beinahe den Atem. Er war froh darüber, sich wenigstens einigermaßen elegant ausstaffiert zu haben, um nicht allzu unangenehm unter den anderen Gästen aufzufallen.
    Der durchaus an einen gewissen Luxus gewöhnte junge Graf aus Baden war von der Ausstattung der Räumlichkeiten beeindruckt, angefangen von den herrlichen Orientteppichen auf den spiegelnden Parkett- und glatten Marmorböden, den niederländischen Gobelins an den hohen Wänden, den farbenprächtigen Gemälden italienischer, spanischer und holländischer Maler, den wuchtigen Kaminen aus edlem Carraramarmor bis hin zu den funkelnden Lüstern aus böhmischem Kristallglas.
    Beinahe ehrfürchtig verglich er das wertvolle Mobiliar, die Seidentapeten und die vielen in allen Räumen verteilten Vasen aus farbigem Muranoglas mit den farbenfrohen, üppigen Blumengestecken mit der doch eher schlichten Einrichtung auf Schloss Ruhfeld.
    ›Welch ein Unterschied zu meinem vergleichsweise bescheidenen Zuhause‹, dachte Hasso und ließ sich von der elegant gekleideten Dame des Hauses zu seinem Platz an der langen Tafel geleiten – wobei er es geflissentlich vermied, auf die Brüste seiner Gastgeberin zu schielen, welche der äußerst freizügige Ausschnitt ihres rubinroten Samtgewandes zur Schau stellte.
    Während des exzellenten Menüs war aus dem Hintergrund des mit reicher Ornamentik verzierten Speisesaales leise Musik zu hören. Zu der sich über Stunden hinziehenden Speisenfolge brachte ein kleines Orchester den Tafelnden heitere Weisen zu Gehör. Wirklich nobel, sagte sich der junge Mann, wenn man bedenkt, dass die Fugger nur spät geadelte Emporkömmlinge aus dem Kaufmannsstand sind.
    Ehe er Neidgefühle entwickeln konnte, machte er aber eine Entdeckung, die geeignet war, beinahe Mitleid mit dem Bruder des Hausherrn zu haben: Dessen edel gewandete Angetraute schien ein mehr als nur freundschaftliches Interesse für den dunkelhaarigen, gut aussehenden Gast aus Baden zu hegen. Mehr als einmal empfing Hasso eindeutige Zeichen und feurige Blicke von der charmanten, noch jungen Dame, die damit ein nicht gerade kleines Risiko einzugehen schien.

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