Die Hexengraefin
protestantischen Teufel nicht allein dem mit finsteren Mächten paktierenden Böhmen zu überlassen.«
Hasso von Ruhfeld und Pater Ambrosius warfen sich Blicke zu, die ein etwaiger Beobachter durchaus so hätte deuten können, dass sie dem Bayern ebenfalls einen Pakt mit dem Bösen zutrauten...
Die Gespräche hatten sich noch eine ganze Weile um die Peson des Generalissmus’ gedreht. Einige Fürsten glaubten, der vor einem Jahr auf wenig liebenswürdige Art und Weise Entlassene werde nicht ohne Weiteres wieder in die Dienste des Kaisers treten.
»Wie ich gehört habe, ist der Böhme tief gekränkt. Er hat seine Entlassung als Hinauswurf aufgefasst und wird nicht leicht zu bewegen sein, wieder zur Verfügung zu stehen«, äußerte ein fränkischer Edelmann.
»Auf alle Fälle wird er sich geraume Zeit bitten lassen, ehe er sich zum Kampf gegen Gustav Adolf stellt!«, rief ein anderer wichtigtuerisch.
»Es wird – wie immer und überall im Leben – eine Frage der Bezahlung sein. Was für ihn dabei herausspringt, ist das Wesentliche: Ein Wallenstein tut nichts umsonst, und der Kaiser wird tief in seine Schatulle greifen müssen«, meinte boshaft ein Adeliger aus dem Schwäbischen.
»Pah, Geld hat der Planetengläubige genug. Die Macht ist es, die ihn reizt. Noch mehr Ländereien und Einfluss, das ist es, womit man ihn locken kann«, glaubte wieder ein anderer.
Nun, man würde ja sehen.
Von der Abhängigkeit Wallensteins von seinem Astrologen Senno wurde immer wieder gesprochen. Wussten doch alle Anwesenden, dass Maximilian von Bayern den Generalissimus vor dessen Entlassung in einem – allerdings von einem Jesuiten fingierten Gutachten – der Gottlosigkeit und des Aberglaubens bezichtigt hatte.
»In einem Land, in dem Scheiterhaufen munter brennen, gerät man schnell in den Geruch von Atheismus und Hexerei«, hatte Pater Ambrosius seinem jungen Herrn zugeflüstert.
Vom sternenkundigen Senno zum Astronomen Johannes Kepler, der am 15. November 1630 in ebendiesem Regensburg gestorben war, war der Weg nicht weit.
Der ehemalige kaiserliche Mathematiker und Hofastronom Kaiser Rudolfs II. hatte eine Zeit lang einen lebhaften Briefwechsel mit dem Grafen von Ruhfeld unterhalten. Ferfried hatte sich besonders für dessen Erkenntnisse erwärmt, die den Planeten keine kreisförmigen Umlaufbahnen zubilligten, sondern elliptische. Auch seine Forschungen im Bereich der Optik, denen man das »Kepler’sche Fernrohr« verdankte, hatte des Ruhfelders Interesse geweckt.
Nach dem Tode Kaiser Rudolfs war Johannes Kepler erst nach Linz und später nach Ulm übergesiedelt. Zwei Jahre vor seinem Tod stellte er sich Albrecht von Wallenstein zur Verfügung und fertigte ein umfangreiches Horoskop für ihn an.
Hasso, dessen Interesse an dem militärischen Genie aus Böhmen inzwischen abgeflaut war, spitzte allerdings die Ohren, als er einen Grafen aus dem Rheingau erzählen hörte: »Es bedurfte Keplers ganzer Autorität als kaiserlicher Astronom, Wahrsager und Horoskopersteller, dass man seine alte Mutter, die Keplerin, nicht als Hexe verbrannt hat.«
»Das stimmt«, ergänzte Maximilian von Bayern. »Ohne sein immenses Gewicht als einflussreichster Berater des verstorbenen Kaisers Rudolf wäre seine Mutter den Weg ins Feuer gegangen. Man kann sagen, ihm gelang es als Einzigem, eine bereits verurteilte Hexe vor dem Scheiterhaufen zu bewahren.«
Des Kurfürsten Bedauern war dabei deutlich seinen Worten sowie seinem grimmigen Mienenspiel zu entnehmen gewesen …
Aber man sprach nicht nur über Kepler und dessen Mutter und über Hexen, sondern auch über das Thema Juden.
Graf Ferfried verteidigte diese Leute als einer der wenigen, wie Hasso sofort auffiel. Vor allem auf seinen Juden, Herschel Grünbaum, ließ der Ruhfelder nichts kommen: »Der Grünbaum ist ehrlich und fleißig. Seine Familie lebt so zurückgezogen, dass die andersartige Lebensführung gar kein Ärgernis für die Christen sein kann.«
Kurfürst Maximilian und seine überaus prunkvoll gekleidete, langnasige, zweite Gemahlin Maria Anna aus dem Geschlecht der Habsburger, waren sichtlich pikiert.
»Bereits nach dem Auftreten der Pest im Jahr 1349 hat man diese Ungläubigen aus dem Herzogtum Bayern vertrieben«, verkündete die Kurfürstin mit Genugtuung, wobei sie missbilligend ihren ohnehin nicht sehr schönen Mund verzog. »Später hat man sie aber aus reiner Barmherzigkeit wieder aufgenommen«, fügte sie scheinheilig hinzu.
»Ach?«, erkundigte sich ein Edler
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