Die Hexengraefin
dachte.
»Bedenkt, edle Frau, es käme zu einem Kampf. Und dies zu einer Zeit, wo der gemeinsame Feind vor unserer Haustür steht. Wir müssen alle unsere Kräfte zusammenhalten, um den Schwedenkönig Gustav Adolf in die Flucht zu schlagen. Außerdem: Wie wollen wir dem Henker sein schändliches Tun beweisen? Er wird behaupten, der Teufel habe dem Mädchen im Kerker Gewalt angetan.«
Das leuchtete Adelheid schließlich ein. Widerwillig befahl sie heimzureiten. Vorher hatte sie noch in einem am Wege liegenden Gasthaus, wo der Trupp kurz rastete, einen Brief mit schärfstem Protest und mit der Androhung gravierender Konsequenzen verfasst.
Sie ließ das Schreiben sofort Bertold Munzinger zustellen. Es war ihr egal, ob sie diplomatisch handelte – den Kampf hatte der eitle Richter ohnehin bereits eröffnet. Sie zog lediglich nach.
KAPITEL 21
HASSO VON RUHFELD WAR AUF DEM RÜCKWEG von Regensburg nach Schloss Ruhfeld. Die Zeit drängte. Ohne Rücksicht auf seine Begleiter und ohne sein sonstiges Feingefühl für die edlen Reittiere preschte er über Stock und Stein. Eine innere Unruhe trieb ihn vorwärts, so als ahnte er, dass mit seiner Geliebten bereits Schlimmes geschehen war.
Sein Vater hatte ihm eine anständige Summe mitgegeben. Damit konnte er gute Männer anwerben, die ihm dabei helfen sollten, Helene aus dem Kerker zu befreien.
»Wirb für diese Aktion nur fremde Söldner an. Du weißt, so eine Hexengeschichte ist eine heikle Angelegenheit. Niemand von unseren Leuten soll gezwungen werden, gegen sein Gewissen zu handeln. Wenn die Sache schiefgeht und sie gefangen werden, haben sie ihr Leben verwirkt. Ich hoffe, du bist dir dessen bewusst, mein Sohn. Wenn du fremde Männer anwirbst, hat das außerdem den Vorteil, dass jeder glaubt, wir bereiteten uns allmählich auf den Krieg gegen den Schweden vor«, hatte Graf Ferfried gesagt. Das war ein guter Rat, und Hasso würde ihn auch befolgen, obwohl er genau wusste, dass ein Großteil der Männer auf Ruhfeld nur darauf brannte, Helene zu befreien.
Hassos Gedanken schweiften nach Regensburg und den Ereignissen der vergangenen zwei Tage ab. Wie erwartet, war beschlossen worden, den unbeliebten Emporkömmling Albrecht von Wallenstein erneut zum Generalissimus der katholischen Streitkräfte zu ernennen.
Seine schärfsten Gegner, darunter der Kurfürst von Bayern, hatten den zwiespältigen Charakter des Friedländers moniert, der auch in religiöser Hinsicht ein äußerst dubioser Mensch zu sein schien.
Hatte Wallenstein nicht ständig einen sternkundigen Gelehrten bei sich, ohne dessen Beratung und Horoskope er wie gelähmt schien? War ein Mann vertrauenswürdig, der seine Handlungen allein nach dem Lauf der Gestirne richtete? Wo blieb denn da der Glaube an den allmächtigen GOTT? Das roch doch sehr nach Ketzerei …
Nicht wenige stimmten dem Bayern in seiner Skepsis gegenüber dem böhmischen Edelmann zu. Aber die Umstände zwangen sie letztendlich doch zu ihrer Empfehlung an den Kaiser, den genialen Feldherrn, welcher sich beleidigt auf seine Güter im Osten zurückgezogen hatte, erneut zu berufen.
Hasso von Ruhfeld hatte sich den Kurfürsten Maximilian genau angesehen, und er war – obwohl er ihn verabscheute – von diesem Machtmenschen fasziniert.
»So muss ein erfolgreicher Herrscher wohl sein«, murmelte er vor sich hin, »dominierend, eiskalt, von sich eingenommen, berechnend, intolerant und rücksichtslos.«
Die großen, intelligenten Augen unter der hohen Stirn hatten prüfend auf dem Grafensohn gelegen, und Hasso von Ruhfeld hatte sich eines gewissen Erschauerns nicht erwehren können. Von diesem Fürsten mit der strengen Miene, mit der kräftigen Nase, dem dünnlippigen Mund und dem durch den spitz zugeschnittenen Kinnbart noch schmaler wirkenden Antlitz ging eine Herzenskälte aus, die den jungen Mann frösteln machte.
Maximilian von Bayern, ebenso berühmt für seinen Kunstverstand und sein Mäzenatentum, wie für seine tiefe Frömmigkeit und seine bedingungslose Hingabe an den Katholizismus, gepaart mit Menschenverachtung und einem Hang zur Grausamkeit, schien nicht übermäßig beeindruckt von dem jungen Ruhfelder – von dessen Vaters reichlicher Spende für die Anwerbung eines Söldnerheeres dafür umso mehr.
»Der HERR im Himmel und die heilige Jungfrau Maria werden es Euch lohnen, Graf. Für hunderttausend Gulden sollte es uns wohl gelingen, gute Männer auf unsere Seite zu ziehen. Dann brauchen wir den Ruhm des Sieges über die
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