Die Hexenjagd von Salem Falls
wandern. »Kommen viele Teenager her?«
»Zu viele«, sagte Starshine und seufzte. »Der Zauberkram lockt die meisten an. Die Mädchen hören das Wort Hexe und denken gleich, sie könnten einen Zauberstab schwenken und der Star der Basketballmannschaft verliebt sich Hals über Kopf in sie.«
»Die Mädchen binden es ihren Eltern wahrscheinlich nicht auf die Nase, daß sie Wiccaner sind.«
»Allerdings nicht«, stimmte Starshine zu, »und das reicht zurück bis zu den Zeiten der Inquisition, fürchte ich. Eine Hexe zu sein ist nicht eben vertrauenerweckend, weil zu viele Leute es mißverstehen, wenn man sich als Hexe bezeichnet. Und leider glaube ich, daß Teenager genau das am Wicca-Kult faszinierend finden – etwas hinter dem Rücken ihrer Eltern tun, auch wenn es etwas Natürliches und Harmloses ist.«
»Kommt Gillian Duncan oft her?«
Die ältere Frau zuckte die Achseln. »Sie war erst kürzlich hier, hat nach Belladonna gesucht.«
»Belladonna? Das Gift?«
Starshine nickte. »Sie wollte es für ein Rezept, das früher für außerkörperliche Erfahrungen und Halluzinationen verwendet wurde. Natürlich hab ich versucht, ihr Augenmerk auf etwas anderes zu lenken.«
»Auf was?«
Die Katze sprang der Frau auf den Schoß. Starshine streichelte sie, bis sie die Augen zu Schlitzen schloß. »Ich habe ihr gesagt, sie sollte statt dessen den bevorstehenden Hexensabbat zelebrieren.«
»Erinnern Sie sich, wann genau Sie das Gespräch mit ihr hatten?«
»Am Tag vor Beltane.« Als sie Selenas verständnislosen Blick bemerkte, fügte sie hinzu: »Das ist die Nacht auf den ersten Mai.«
»Und wenn sie es sich woanders besorgt hat?« fragte Jordan. Er und Selena saßen auf einer Teakholzbank in seinem Garten und schauten zu, wie ein Blauhäher eine Schar Finken attackierte. Sie saßen dicht nebeneinander, und Jordan hätte ihr genau sagen können, wie viele Zentimeter ihre Körper an Schultern und Hüfte trennten. Gott, die Spannung zwischen ihnen hielt ihnen sogar die Mücken vom Leib.
Selena schien nichts davon zu spüren. Falls doch, so ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken, und das machte sie verdammt gut. »Das Belladonna?« fragte sie.
»Ja. Es könnte doch sein, daß sie das Rezept zusammengemixt und am Abend des dreißigsten April verabreicht hat. Dann torkelt Jack betrunken vorbei, und Gillian halluziniert die Vergewaltigung.«
Selena runzelte die Stirn. »Das muß aber ausgezeichneter Stoff gewesen sein, daß sie sich sogar Sperma auf den Oberschenkel zaubern konnte.«
»Schon gut«, räumte Jordan ein, »da hakt die Sache.«
»Du meinst, klebt.«
»Für das Sperma hab ich keine Erklärung. Aber das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich muß lediglich dafür sorgen, daß die Geschworenen es nur eine Nanosekunde lang für möglich halten, es könnte in der betreffenden Nacht noch etwas anderes passiert sein als eine Vergewaltigung. Und die Glaubwürdigkeit des Opfers ist fraglich, wenn wir beweisen, daß ihre Erinnerungen durch Drogen beeinträchtigt sind.«
»Trotzdem, Jordan«, wandte Selena ein, »Belladonna ist ein Gift. Da kommt man nicht so leicht dran.«
»Sie könnte doch statt dessen ein anderes Halluzinogen genommen haben.«
Selena schnaubte. »Und wo hat sie das her? Aus der Apotheke im Ort?«
»Vom Dealer an der High-School«, berichtigte Jordan, und dann lächelte er. »Oder von Daddy.«
Es dauerte dreieinhalb Stunden, bis Reverend Marsh das Haus verließ, dreieinhalb Stunden, die Addie versteckt hinter einem Hortensienbusch im Vorgarten verbrachte. Sie wartete, bis er mit seinem Buick davongefahren war, und klopfte dann an die Tür.
»Du hast gelogen«, sagte Addie, sobald Catherine Marsh geöffnet hatte.
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Zwischen dir und Jack St. Bride ist nie etwas gewesen. Du hast nicht mit ihm geschlafen. Ich weiß nicht, warum und wie du das gemacht hast, Catherine, aber irgendwie hast du das Gerücht in die Welt gesetzt und es geschafft, sein Leben zu zerstören.«
»Er hat mir gesagt … er hat mir gesagt …«
»Er hat dir nichts gesagt, was er nicht auch jeder anderen Schülerin gesagt hätte.«
Catherine wollte protestieren, doch dann war es, als zerbröselte sie. Ihre Mundwinkel sackten herab, ihre Augen schlossen sich wie von selbst und ihre gespielte Tapferkeit brach zusammen. »Ich hab das alles nicht gewollt«, flüsterte sie. »Mein Vater … er hat die Antibabypillen in meiner Wäscheschublade gefunden und ist völlig ausgerastet.
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