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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Geld für ein Zimmer sparen.«
    Addie unterdrückte ein Lachen, das sogleich in leises Schluchzen überging. Sie blickte Jack an und versuchte zu lächeln.
    »Wenn dich das so erschreckt, gehen wir in ein Hotel.« Er sprach sanft, streichelte ihr die Handfläche mit dem Daumen.
    Ein tiefer, zittriger Atemzug durchfuhr Addie. »Und wenn –«
    »Nein, Addie, nicht.« Jack legte ihr ganz kurz einen Finger auf die Lippen, bevor die Miene des Wärters sich verfinstern konnte. »Manchmal, wenn ich denke, ich drehe hier durch, stell ich mir vor, ich bin bereits draußen. Ich male mir aus, was wir am Wochenende machen, und überlege, ob im ›Diner‹ wohl die Hölle los ist und daß ich kaum die Nacht erwarten kann, um in deinen Armen zu schlafen. Ich denke über uns nach, wie es wohl in sechs Monaten sein wird. In sechs Jahren. Bis ich mich daran erinnern kann, wie es ist, wieder ein normales Leben zu führen.«
    »Ein normales Leben«, wiederholte Addie sehnsüchtig.
    Addie blickte ihm in die Augen, diese wunderschönen Ozeanaugen. Sie dachte an Meg. Und dann stellte sie sich einen unendlich breiten Strand vor, Wellen, die ihr und Jack schäumend um die Füße spülten, während sie beide zuschauten, wie die Sonne einen ganz gewöhnlichen Tag besiegelte.
    Und sie lächelte aus tiefstem Herzen.

29. Juni 2000
Gefängnis von Carroll County,
New Hampshire
    Jack band seine Krawatte zu einem Windsorknoten, zog ihn stramm und verdrängte so gut er konnte den Gedanken an einen Galgenstrick. Er strich den Stoff glatt, ohne dabei den Blick von dem Fremden im Spiegel abwenden zu können. Blauer Blazer, khakifarbene Hose, Halbschuhe, Hemd und Krawatte – das war jetzt seine Prozeßuniform. Und der Mann, der ihn anblickte, war jemand, der wußte, daß das Rechtssystem nicht funktionierte.
    Es klopfte heftig an der anderen Seite der Waschraumwand. »Beeilung«, rief ein Wachmann. »Sie sind schon spät dran.«
    »Und wenn du dich entschieden hast, sag Darla, welches Tagesgericht es heute gibt«, mahnte Addie.
    Roy schlang einen Arm um die Taille seiner Tochter. »Wir kommen prima klar ohne dich.« Er betrachtete sie stolz: pfirsichfarbenes Kostüm, elegante Schuhe mit flachen Absätzen, das braune Haar nach hinten gekämmt und mit einer schlichten goldenen Spange befestigt. Gott, sie sah aus wie eine Managerin, nicht wie eine einfache Kellnerin. »Du bist wunderschön«, sagte Roy leise. »Jack wird die Augen nicht von dir abwenden können.«
    Roy schob Addie vor die Küchentür. Dort blieb sie allein im Morgenlicht des »Diner« stehen und sah zu, wie die Sonne über Schatten auf dem Linoleumboden hüpfte. Wenn sie früh genug da war, konnte sie vielleicht dasein, wenn Jack gebracht wurde, und ihm zulächeln.
    Plötzlich fiel ihr Blick auf etwas unter dem Hocker an der Theke, der Platz, auf dem sie sich Chloe so gern vorstellte. Vertrocknet und brüchig, eher braun als rot – Addie brauchte einen Moment, bis sie erkannte, daß es der kleine Strauß war, den sie Gillian Duncan vor geraumer Zeit abgenommen, in ihre Schürze gesteckt und vergessen hatte. Der Strauß mußte herausgefallen sein, als sie vorhin ihre Schürze weggeräumt hatte.
    Es war verrückt, aber als sie sich die welken Blumen an die Nase hielt, hätte sie schwören können, daß sie so stark dufteten wie frische Blüten.
    Amos Duncan eilte die Treppe hinab zur Küche. »Gillian«, rief er über die Schulter. »Beeil dich, wir kommen sonst zu spät.«
    Er wollte wenigstens rasch noch eine Tasse Kaffee trinken, bevor er sich der Hölle des Prozesses stellte. Houlihan würde Gillian als erste in den Zeugenstand rufen. Der Gedanke, daß seine Tochter dort sitzen würde, tausend Augen und Fernsehkameras auf sich gerichtet und den kritischen Blicken von zwölf Geschworenen ausgesetzt, weckte in ihm Mordgelüste. Und Jack St. Bride wäre das Opfer.
    Er hätte alles dafür gegeben, an ihrer Stelle auszusagen, damit sie endlich wieder ein Privatleben hätten. Doch er war zum Zuschauen verdammt und konnte nur abwarten.
    Der Kaffeegeruch wurde stärker, als Amos die Küche betrat. Gillian saß am Tisch in dem jungfräulich weißen Outfit, das Houlihan extra für sie ausgesucht hatte. Sie schaufelte sich Cornflakes in den Mund, hinter einer Barrikade aus bunten Frühstücksflockenverpackungen.
    Amos blickte sie an, obwohl sie fast gänzlich von den Kartons verdeckt wurde. Er goß sich einen Kaffee ein, schwarz. Dann setzte er sich gegenüber seiner Tochter an den

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