Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
»Soll ich Ihnen mal was über das System verraten, Jack? Das System sagt, sobald Direktor Warcroft Ihre kleine Privatzelle für jemand anderen braucht, schickt er Sie prompt nach Concord ins Staatsgefängnis. Glauben Sie mir, dagegen ist das Bezirksgefängnis hier der reinste Freizeitpark. In Concord sind die Vollzugsbeamten von Kopf bis Fuß gepanzert – Schild und Helm mit Gesichtsmaske und Stiefel mit Stahlkappen. Sie eskortieren Sie überall hin, wenn Sie Ihre kleine Zelle mal verlassen müssen, was so gut wie nie vorkommt. Ach ja, die Zellen sind übrigens um eine kugelsichere Aufsichtskabine herum angeordnet, von wo die Wärter Sie keine Sekunde aus den Augen lassen. Sie beobachten Sie beim Essen, Schlafen, sogar wenn Sie auf dem Klo sitzen. Sie beobachten Sie beim Atmen, Jack. Sie und die drei Arschlöcher, mit denen Sie sich eine Zelle teilen und die vermutlich richtig was auf dem Kerbholz haben, nicht bloß die Weigerung, Gefängniskleidung anzuziehen.«
    »Ich gehe nicht ins Staatsgefängnis.«
    »Die werden Sie wohl kaum fragen, ob Sie Lust dazu haben«, brüllte Jordan. »Begreifen Sie denn nicht? Sie sind hier. Finden Sie sich damit ab. Denn jede Minute, die ich darüber nachdenken muß, ob Sie nicht schon wieder Mätzchen machen, geht von der Zeit ab, die ich in Ihre Verteidigung investiere.«
    Eine Weile kam kein Geräusch aus der Zelle. Jordan legte die flache Hand an die Tür. Dann hörte er eine leise Stimme. »Die wollen aus mir jemanden machen, der ich nicht bin. Dieses T-Shirt … diese Jeans … sind das einzige, was noch von dem Menschen übrig ist, der ich bin. Und ich muß die Sachen sehen, Jordan, sonst glaub ich irgendwann auch, was man über mich sagt.«
    »Was sollte man denn über Sie sagen, Jack?« hakte Jordan nach. »Was ist wirklich passiert?«
    »Ich kann mich nicht erinnern!«
    »Wie können Sie sich dann sicher sein, daß Sie sie nicht vergewaltigt haben?« hielt Jordan entgegen. Er rang um Beherrschung. Er würde nicht auf eine rührselige Geschichte hereinfallen. Wenn dieser Mandant sich unbedingt nach Concord verlegen lassen wollte … ihm konnte es egal sein, er bekam die Fahrtkosten vom Gericht erstattet. »Ich habe einen vorgezogenen Prozeßbeginn beantragt und die psychiatrischen Unterlagen über Gillian Duncan angefordert«, sagte er energisch. »Sie müßten in Kürze bei mir auf dem Schreibtisch liegen.«
    »Sie ist verrückt. Ich wußte es.«
    »Sie war als Kind in Therapie; es kann also sein, daß es uns nicht viel nützt.«
    »Was haben Sie noch?« fragte Jack.
    »Ich habe Sie.«
    »Mehr nicht?«
    »Das muß reichen.« Jordan legte die Stirn gegen das Metall. »Verstehen Sie jetzt, warum es wichtig ist, daß Sie sich am Riemen reißen?«
    »Na schön.«
    Die Worte kamen so leise, daß Jordan fast sicher war, sich verhört zu haben. »Was?«
    »Ich hab gesagt, ich mach’s. Ich zieh die Sachen an. Aber nur unter einer Bedingung.«
    Jordan spürte, wie erneut Wut in ihm aufstieg. »Sie haben überhaupt keine Bedingungen zu stellen. Wenn hier einer –«
    »Daß Sie mir kurz Ihren Stift geben, Herrgott noch mal. Das ist alles.«
    Seinen Stift. Jordan blickte auf den Kugelschreiber in seiner Hand. Jacks Meinungsumschwung war zu schnell gekommen. Er malte sich aus, wie sein Mandant den Stift nahm und ihn sich in den Hals rammte.
    »Ich glaube nicht, daß das…«
    »Bitte«, sagte Jack leise. »Nur ganz kurz.«
    Langsam schob Jordan den Stift durch die Klappe in der Tür. Einige Sekunden später kam er zurück, eingewickelt in eine blaßblaue Rolle. T-Shirt, begriff Jordan. Jack hatte ein Stück von seinem gottverdammten, kostbaren T-Shirt abgerissen, um etwas darauf zu schreiben.
    »Würden Sie das bitte Addie Peabody geben?« fragte Jack.
    Jordan entrollte es. Ein einziges Wort stand darauf, ein Wort, das man sowohl als Lob als auch als Vorwurf deuten konnte. »Wieso sollte ich Ihnen helfen?« fragte er. »Sie helfen mir doch auch nicht.«
    »Das werde ich«, versprach Jack, und einen kurzen Moment lang – die Zeit, die der Anwalt brauchte, um sich in Erinnerung zu rufen, mit wem er sprach – glaubte Jordan ihm tatsächlich.
    »Verdammt, Thomas.« Jordan zuckte zusammen, als die Tür zuknallte. »Mußt du so einen Krach machen?«
    Thomas blieb stehen, als er seinen Vater auf der Couch liegen sah, einen Waschlappen auf der Stirn. Selena berührte ihn an der Schulter. »Der arme Schatz mußte heute arbeiten«, sagte sie und schnalzte besorgt mit der Zunge. »Er hat

Weitere Kostenlose Bücher