Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
angenommen! Stattdessen verarbeiten wir Salat, Gemüse und Obst aus unserem eigenen Küchengarten, darüber hinaus verfügen wir im Vorratshaus über ein reichliches Sortiment an Lebensmitteln, und alle fehlenden Frischwaren besorgen wir in Randau. Weiter, ich erwarte hier unbedingte Sauberkeit, wozu auch gehört, dass die Küche jeden Mittag nach dem Abwasch von den Gehilfen gründlich geputzt wird, also, Erwin und Kaspar, weist die zwei Jungen in diese Tätigkeit ein.“
Das Gemaule wurde lauter, selbst die jugendlichen Gehilfen knotterten, doch ich setzte mich darüber hinweg und erklärte ihnen, dass fortan alleine Erwin und Kaspar im täglichen Wechsel die Speisen für die Dorfarmen auszufahren haben. Das passte den beiden noch weniger, da käme ja einer von ihnen jeden Mittag zu spät an den Tisch, wüteten sie, das sollten gefälligst die Küchenbuben übernehmen.
„Zwischenzeitlich werden doch hier die Servierwagen für die Herrschaften und die fünf im Gutshaus speisenden Domestiken beladen“, erinnerte ich sie, „und in unserem Speisehaus die Tische gedeckt. Und wenn dann der Gong geschlagen wird, ist der Speiseausfahrer wieder zurück.“
„Trotzdem“, wetterten die beiden dagegen an, „zum Essenverteilen haben wir jetzt schließlich die Buben!“
„Schluss damit“, fuhr ich ihnen über den Mund, „diese Anordnung steht!“
Doch sie hörten nicht auf mit ihrem Gemeuter. Oh, war das eine Umstellung für mich. Die Köchinnen in Keilberg hatten stets alles lammbrav befolgt, und die hiesigen Köche machten Front gegen jedwede Anordnung. Ob ich das auf Dauer durchstehe? Doch als ich am Schluss um den Schlüssel für den Wein- und Bierkeller bat, verstummten sie plötzlich. Ich fragte ein zweites Mal nach diesem Schlüssel, worauf mir jeder beteuerte, ihn nicht zu haben.
„Er gehört an meinen Schlüsselbund“, betonte ich, „und bis gestern hat ihn Meister Hermann verwahrt. Wem hat er ihn ausgehändigt? Mir jedenfalls nicht.“
„Uns auch nicht, keinem von uns“, versicherten sie mir, wobei ich erkannte, dass sie die Wahrheit sagten.
„Dann kann er ihn nur der gnädigen Frau oder dem Verwalter abgegeben haben“, folgerte ich, „ich werde das nachher klären. So, heute kommen als Hauptspeise Bandnudeln mit Räucherschinken und einer Quendel-Borretschsoße auf die Tische. Frowin, du bereitest die Nudeln zu, du, Kaspar, zur Vorspeise eine sämige Hirsesuppe mit Mandelsplittern, und du, Erwin, backst zum Nachtisch Harzer Zwecken. Die Kräutersoße übernehme ich. - An die Arbeit, Leute!“
W ährend ich wenig später Herrn von Kahl einen diesmal besonders erfrischenden Tee überreichte, fragte ich ihn, ob Hermann gestern der Herrin oder ihm den Schlüssel zum Getränkekeller abgegeben habe.
„Mir nicht, Frau von Tornle, und der gnädigen Frau hatte er gar nicht begegnen können.“
Darauf äußerte ich einen unschönen Verdacht: „Wer weiß, wem er ihn ausgehändigt hat, der hier jetzt die heimliche Alkoholverteilung weiterführen soll.“
Herr von Kahl sah mich unverständig an, versprach jedoch, sich darum zu kümmern. Dafür dankte ich ihm und erkundigte mich dann nach dem Befinden des Barons.
„Nach meinem Ermessen geht es ihm besser“, sagte er. „Seine Hautfarbe ist nicht mehr ganz so grau und sein Blick nicht mehr so stumpf. Glaubt Ihr, er kann bald Speisen bekommen?“
„Gewiss nicht vor morgen, wir müssen abwarten, bis er danach verlangt. Aber seid getrost, mit diesen Getränken nimmt er soviel Kraft auf, wie er momentan benötigt.“
Darauf lächelte er: „Dann werde ich ihm dieses Kraftgetränk umgehend anbieten lassen. Der junge Herr macht das ganz geschickt, er schiebt seinem Vater mit netten Worten Teelöffel für Teelöffel zwischen die Lippen.“
„Wie mich das freut!“
Nachdem sich Herr von Kahl mit dem Tablett entfernt hatte, blieb ich nachdenklich vor der Küche stehen. Mich hatte seine Darstellung über den Zustand des Barons erschreckt, da ich wusste, dass bei einem Schwerkranken graue Hautfarbe und stumpfer Blick Todesboten sind. So nah hatte sich der Baron also am Tor zum Jenseits befunden. Nun schien er diesem schwarzen Tor zwar den Rücken zuzukehren, doch die Gefahr, wieder zurückgesogen zu werden, war noch nicht gebannt. Könnte ich mich doch einzig auf meinen Patienten konzentrieren, aber nein, ausgerechnet jetzt musste ich einen so hürdenreichen Start als Küchenmeisterin bewältigen.
Z um Mittagessen hatte dann weder in unserem Speise- noch im Gutshaus,
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