Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
erstaunlich beschwingtem Schritt auf den Rückweg begeben hatte, trug ich Wenzel und Raul auf, aus dem Vorratshaus alles für das Frühstück in die Küche zu holen.
„Aber was denn alles?“
„Was genau sollen wir denn holen?“, fragten sie hilflos, und da ich ihnen Selbständigkeit beibringen wollte, antwortete ich:
„Alles, was ihr auch gestern auf den Frühstückstischen gesehen habt, ihr wisst ja, für elf Personen am langen und für drei Personen am kleinen Tisch. Ich besorge derweil mit Frowin aus dem Garten Salat und Beeren.“
F rowin und ich waren längst von unserer Ernte zurückgekehrt und bereits mit einem gepressten Beeren-Kräutersaft für den Baron beschäftigt, als endlich Erwin und Kaspar in die Küche geschaukelt kamen und, wie befürchtet, penetranten Alkoholdunst verbreiteten. Schon wegen Frowin und den Gehilfen wollte ich ihnen dafür den Kopf zurechtsetzen, sah jedoch in dem Moment Herrn von Kahl vom Gutshaus her unsere Richtung einschlagen. Ich ging ihm rasch entgegen, um ihm meine Beobachtung der vergangenen Nacht darzulegen.
„So, so, so“, schmunzelte er, als ich geendet hatte, „dann werde ich nachher meine Erklärung dahingehend abwandeln.“
„Welche Erklärung? Was habt Ihr vor?“, wollte ich erfahren, worauf er mir lediglich verriet:
„Ich werde den Kerlen ihr Frühstück versalzen.“
Er nahm das Tablett mit dem Saft entgegen, das Frowin ihm reichte, doch bevor er sich damit auf den Rückweg begeben konnte, bat ich ihn eindringlich, mir stets den Zustand des Barons zu schildern. Ich müsse über jedwede Veränderung unterrichtet werden, sei es in seinem Aussehen oder Verhalten, da ich daraus meine Rückschlüsse ziehe. Herr von Kahl versprach es.
Zurück in der Küche, bereitete ich für die fünf Berauschten zum Frühstück einen großen Topf Katertee zu, und Frowin schickte ich mit den Gehilfen ins Speisehaus, um dort die Tische zu decken, wobei sie jedem eine eigene Schale mit Löffel auf seinen Platz servieren sollen. Einen einladend gedeckten Tisch hatte ich in diesem nachgeahmten Männerkloster noch nie gesehen, alles hatte immer wahllos auf den Tischen herumgelegen und -gestanden, und hatte etwas gefehlt, was jedesmal der Fall gewesen war, hatte man es sich selbst aus dem Geschirrkasten oder dem Küchenhaus holen müssen. Das wollte ich ändern, und Frowin schien mir dafür eine geschickte Hand zu haben.
Während die anderen Köche Brot und Käse in Scheiben schnitten, belegte ich die Platten für das Gutshaus mit verschiedenen Brothäppchen, zwischen die ich kleine Salatblätter, Salzgebäck und Kräuter dekorierte.
„Picken sich die da drüben dieses Grünzeug mit Silberspießchen raus?“, höhnte Kaspar, auf meine Platten deutend, worauf Erwin, der Einäugige, mit spöttischer Grimasse lallte:
„Eher mit ihrn spitzn Fingernälchn.“
„Besser, ihr würdet unsere Platten auch etwas ansehnlicher gestalten“, hielt ich ihnen vor.
Doch dafür erntete ich nur noch mehr Hohn: „Demnächst solln wir wohl noch Waschschüsseln mit Tüchern zurechtstelln.“
Ja, hätte ich am liebsten geantwortet, hinsichtlich der Köche, die sich, ebenso wie die Knechte, ihre nach dem Essen verschmierten Hände stets an der Kleidung abwischten. - Wenigstens Handtücher werde ich vom nächsten Mal an zu diesem Zweck bereitlegen lassen.
Dann saßen wir an den einigermaßen freundlich gedeckten Tischen, und wie ich bereits beim Eintreten überblickt hatte, fehlte diesmal nichts - also, geht doch. Der Wortaustausch der Alkoholisierten waberte zunächst träge dahin. Doch je reichlicher sie mit dem ernüchternden Tee ihren Katerdurst löschten, desto lebendiger wurden sie, allerdings im gleichen Maß auch wieder flegelhafter.
Plötzlich ertönte von der Tür her ein kraftvolles: „Guten Morgen!“
Herr von Kahl stand im Türrahmen - männlich, markant, imposant - und augenblicklich war alles verstummt. Wenn ich bei den zwei Köchen doch nur annähernd solchen Respekt auslösen könnte. Jetzt trat Herr von Kahl näher und begann: „Vorhin habe ich erfahren, wo sich der Schlüssel zum Getränkekeller befindet, der frühere Meisterkoch hat ihn mitgenommen.“
Die Männer wollten es nicht glauben, doch Herr von Kahl flunkerte überzeugend weiter: „Meister Hermann hatte einen der ebenfalls entlassenen Köche in sein schäbiges Vorhaben eingeweiht, und der hat vorhin sein Gewissen bei mir erleichtert. Er hat mir preisgegeben, Meister Hermann will an allen hiesigen Domestiken, denen nicht
Weitere Kostenlose Bücher