Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
Kleinkindes anhörte: „Warte, Ilse, das übernehme ich.“
Gleich drauf trat zwischen den Regalen eine etwa fünfzigjährige, zwergwüchsige Frau hervor, lächelte mich freundlich an und kam mit flinken kleinen Schritten auf mich zu. Sie reichte mir zum Gruß die Hand, und wir stellten einander vor - sie war Frau Scholl.
„Ihr seid Expertin“, piepste sie zu mir hoch, „wo habt Ihr studiert?“
„In einem schwäbischen Kloster. Ich bin Heilköchin, seit vorgestern beschäftigt auf dem Erlenroder Gut.“
„Heilköchin“, wiederholte sie, „solche Kunden bediene ich besonders gerne. Ich gäb was drum, ein wenig mit Euch plaudern zu können, doch auf mich wartet draußen so manches Kraut, das heute zur Merkurstunde gepflückt sein will. Ihr wisst, dass man da pünktlich zu sein hat.“
„Gewiss doch. Ich benötige noch sehr viel mehr, als ich heute mitnehme, Frau Scholl, und zwar jedes Küchenkraut, das nicht in den hiesigen Gärten wächst. Ihr müsst wissen, dass ich auf dem Gut gleichzeitig Küchenmeisterin bin und mir mein Vorgänger ein gähnend leeres Gewürzregal hinterlassen hat. Ich werde Euch demnächst eine lange Bestellliste vorbeibringen lassen. Hättet Ihr denn auch die passenden Gefäße dafür?“
„Sicher. - Aber wartet“, sie forderte die Verkäuferin auf, meine vorhin bestellten Artikel abzuwiegen und zu verpacken und wandte sich dann wieder an mich: „Einen Vorschlag, Frau von Tornle, ich stelle Euch über die Pfingsttage alles zusammen, was in eine gut sortierte Heilküche gehört, lass es in gefällige Gefäße mit Aufschrift füllen und bringe es Euch dann persönlich vorbei. Ich kenne das Erlenroder Gut.“
„Das ist ein großes Entgegenkommen, danke, Frau Scholl.“
„Tu ich gerne. Aber jetzt muss ich mich sputen.“
Ich blickte der krausköpfigen Frau, die mir kaum bis zur Brust reichte, lächelnd nach, wie sie mit ihren behänden Schrittchen und den Weidenkorb im Arm, zur Tür hinaus eilte.
Für den Rückweg gönnte ich mir dann Zeit. Nach so vielen Jahren wieder einer weisen Frau begegnet zu sein, war ein Erlebnis, das mich glücklich stimmte. Ich werde künftig wohl mehrmals mit ihr zusammentreffen, sie selbst hatte ja den Wunsch geäußert, mit mir zu plaudern.
Nun kam mir Elgrin in den Sinn, bei dieser Apothekerin könnte sie sich ihre fehlenden Arzneikenntnisse erwerben. Ich werde Frau Scholl fragen, ob sie Elgrin als Schülerin annimmt. Wie Thekla mir letzthin geschrieben hatte, hatten die Wirtsleute Elgrin tatsächlich zur stellvertretenden Küchenmeisterin erhoben, dennoch ließ Frau Schramm all ihren Zorn auf mich an Elgrin aus, kaum ein Tag, an dem sie bei ihr nicht hässlich über mich herziehe. Elgrin selbst hatte das in ihrem Brief an mich mit keinem Wort erwähnt, dafür war sie zu taktvoll, ich hätte es ja als Vorwurf auffassen können. Ja, ich werde alles dransetzen, sie aus dem Gasthof Schramm zu befreien, und wenn ich schon keine Möglichkeit sah, sie bei mir in der Gutsküche unterzubringen, wäre sie ja vielleicht bereit, in dieser Apotheke als Schülerin einzutreten, sofern Frau Scholl sie annimmt.
Über diese Gedanken erreichte ich das Gut. Ritt aber ein paar Schritte am Gutseingang vorbei und betrachtete mir zum wiederholten Mal das dort etwas nach hinten gelegene unbewohnte Haus mit seinem romantischen Ziergarten. Ob dieses Fachwerkhaus, das aus Parterre und erstem Stock bestand, dem Gut noch angehörte, konnte ich nicht beurteilen, es lag zwar außerhalb des Geländes, doch sein Garten wurde von unseren Gärtnern gepflegt. Womöglich war es ein Gästehaus. Wäre es etwas kleiner, würde ich darin weit lieber wohnen, als auf dem Gutsgelände mit seinen lärmenden Trunkenbolden.
D ie Köche standen bereits schwitzend an den Herden, als ich mit den neuen Artikeln die Küche betrat. Frowin war ganz erregt, als er mir mit seinem ängstlichen Fisperstimmchen mitteilte, der Herr Baron habe in meiner Abwesenheit nicht ein einziges Mal nach einem Getränk verlangt, geschweige denn nach einer Speise. Aber der Arzt habe ihn ja auch aufgesucht, zwar nur recht kurz, doch womöglich habe ihm das den Appetit geraubt.
„Wie auch immer, Frowin“, versuchte ich, seine Erregung zu mildern, „wir bereiten ihm jetzt stärkere Getränke zu. Sieh dir an, was ich dazu besorgt habe.“
Ich öffnete die Tüten und Schachteln, worauf Farbe in sein sonst stets blasses Gesicht geriet: „Solch erlesene Substanzen habe ich seit Jahren nicht mehr vor Augen gehabt.“
„Dann
Weitere Kostenlose Bücher