Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
Aber das ging letztlich auf mein eigenes Versäumnis zurück, ich hätte bereits gestern eine diesbezügliche Einteilung treffen müssen.
Die Küchenjungen hatten noch längst nicht alles Frühstücksgeschirr gespült, als sie mich fragten, ob auch sie zum Gottesdienst dürften, ihre Eltern warteten vor der Kirche auf sie. Ich war enttäuscht, sagte ihnen jedoch: „Geht ruhig. Christlicher wäre es allerdings, wenn ihr bliebt, um mich hier zu unterstützen, ihr wisst schließlich, dass unser kranker Herr auf Heilkost angewiesen ist. Ich jedenfalls bringe es nicht fertig, einen Hilflosen im Stich zu lassen, gleich, um wen es sich handelt.“
Unterdessen war zu meiner Überraschung in seiner Küchenkleidung Frowin eingetreten und unterstützte meine Ansicht: „Ihr sprecht mir aus der Seele, Meisterin, für einen Hilfsbedürftigen stellt man alles zurück.“
Darauf entschied sich spontan der kleine rothaarige Raul: „Dann bleibe ich. Meine Eltern werden das verstehen.“
Wenzel dagegen war unschlüssig, wir beeinflussten ihn auch nicht, und zu guter Letzt entschied er: „Ich gehe zur Kirche.“
An Pfingsten nur zu dritt in der Küche, das wäre in einem wirklichen Kloster niemals vorgekommen, sicher auch in keinem Mönchskloster. „Naja“, sagte ich den beiden, „wird das Festmahl eben etwas später serviert.“
Gegen Mittag, Kaspar und Erwin waren gerade wieder zurückgekehrt, bat verlegen Herr von Kahl von der Küchentür her um eine Suppe für den Baron. Als ich sie ihm überreichte, wich er meinem Blick aus. Sicher schämte er sich umso mehr, weil er hatte erkennen müssen, dass auch Frowin und Raul den Gottesdienst hinter ihre hiesige Pflicht zurückgestellt hatten, und, wie unschwer zu beobachten war, die jungen Herrschaften ebenfalls.
Nach dem Mahl ließ mich die Herrin in den Empfangsraum bitten. Zunächst befürchtete ich eine Rüge wegen der um eine halbe Stunde zu spät servierten Speisen, doch mich erwartete das Gegenteil. Kaum hatte ich bei ihr Platz genommen, reichte sie mir über den Tisch beide Hände und bedankte sich auch im Nahmen ihres Gatten für das köstliche Festmahl. „All Eure vorherigen Gerichte waren ebenfalls ausgezeichnet, Frau von Tornle, endlich kann man sich hier auf die Mahlzeiten freuen.“
Das größte Geschenk aber, strich sie heraus, sei für sie und ihren Mann, dass ihr Schwiegervater durch die Heilkost endlich zu genesen beginne.
Das sah ich skeptischer. Sicher, sein Lebensende sehnte er nicht mehr herbei, auch gewann er langsam etwas Lebenskraft, doch von Genesung war er noch weit entfernt, und ob sie jemals eintreten wird, musste ich bezweifeln. Diese Tatsache verschwieg ich ihr jedoch, um sie und ihren Gatten nicht ihrer frisch aufgekommenen Hoffnung gleich wieder zu berauben.
Wir unterhielten uns noch ein wenig über das Gut, wobei Frau von Erlenrode überwiegend die Küche interessierte, bis ich sie schließlich auf die mir zugeteilte Schlüsselgewalt über die Küchenanlage ansprach, die doch nicht mir, sondern ihr gebühre.
„Damit habt Ihr wohl recht“, ging sie mit leicht gesenktem Kopf darauf ein, „doch ich habe mich damit abgefunden. Außerdem verfüge ich für jedes Gebäude dieses Gutes über einen Zweitschlüssel.“ Nach kurzer Pause fügte sie leise hinzu: „Den ich jedoch nur mit Bewilligung meines Schwiegervaters verwenden darf. Meine hiesigen Befugnisse als Haushaltsvorstand sind ein wenig eingeschränkt, leider, das gesamte Anwesen befände sich sonst in einem anderen Zustand, das könnt Ihr mir glauben.“
Ihre Unterlippe und das Kinn zuckten verdächtig, weshalb ich mich nicht dazu äußerte, ihr nur schweigend meine Aufmerksamkeit demonstrierte. Nach einem lang ausgedehnten Moment hatte sie wieder Gewalt über sich gewonnen und konnte mir erklären: „Mein Mann und ich berücksichtigen eben die Krankheit meines Schwiegervaters, Frau von Tornle, weshalb wir so einiges widerspruchslos hinnehmen.“
„Das würde ich ebenso halten.“
„Nett, dass Ihr das sagt. Und besonders nett, dass Ihr mich auf Eure Schlüsselgewalt über die Küchenanlage angesprochen habt. Bedrückt Euch diese ungewöhnliche Anordnung meines Schwiegervaters?“
„Jetzt nicht mehr“, gab ich in herzlichem Ton zurück, „da ich weiß, dass sie Euch nicht bedrückt. Und ich teile Eure Meinung, sich momentan allen Wünschen des Herrn Barons zu fügen, um seinen nun sachte lebendiger werdenden Zustand nicht zu gefährden.“
Über diese Aussage nickte sie beglückt, die
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