Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
fertig kochen, ja?“, versuchte ich, mein Hierbleiben hinauszuzögern.
Vergebens, Gerlinde schob mich kurzerhand durch die Tür nach draußen.
Gemein von ihr! Ich musste mich beherrschen, ihr keine Schimpfworte nachzurufen. Doch gleich drauf machte meine Wut einem Selbstvorwurf Platz - hast schon wieder aufbegehrt, und du willst eine siebzehnjährige Jungfer und fertige Köchin sein? Betrage dich endlich entsprechend!
Während ich dann in meiner Stube die Küchen- gegen Privatkleidung wechselte, war ich Gerlinde plötzlich für meine Verbannung dankbar. Denn mir fiel ein - es war Donnerstag Vormittag, jene Zeit, in der die Studenten in unserem Apothekerlabor praktischen Unterricht erhielten, der gegen Mittag enden wird. Eine einzigartige Gelegenheit, die Studenten endlich vor Augen zu bekommen. Im vergangenen Frühjahr hatte mir Magda solch eine Chance verpatzt. Damals wusste ich die Studenten im Vorlesungsraum unserer Bibliothek versammelt und hatte sie durch einen Türspalt zu erspähen versucht. Magda hatte mich ertappt und mich von der Tür fortgezogen: „Tora, so etwas tut eine wohlerzogene Maid nicht!“ Heute aber wird es die ungezogene Maid wieder tun und sich diesmal von niemandem dabei entdecken lassen.
Verborgen hinter Sträuchern und den Blick auf die Ausgangstür des Labors gerichtet, harrte ich wenig später dem so lange herbei gewünschten Ereignis entgegen. Noch rührte sich nichts, die mächtige Holztür blieb reglos starr wie ein Felsmassiv. Erst nach einer kleinen Ewigkeit vernahm ich das Rattern und Klappern unserer doppelstöckigen Geschirrwagen, die Küchenmägde transportierten die Mittagsspeise der Studenten über den langen Plattenweg zur Schule. Demnach muss der Unterricht gleich beendet sein.
Endlich öffnete sich die Labortür. Um besser sehen zu können, schob ich das Haar vor meinem linken Auge zur Seite und hielt den Atem an. Die Studenten traten heraus. Sechs Fräulein, wie zwitschernde Paradiesvögel, und nach ihnen über zwanzig fesch gekleidete Jünglinge. Ein heiter buntes Bild. - Aber diese lauten Stimmen der Jünglinge und ihr rüdes Benehmen! Sie schubsten und boxten sich, lachten jedoch dabei, war wohl freundschaftlich gemeint. Herrlich, sie verbreiteten Leben, ansteckende Fröhlichkeit. Einer lachte besonders herzlich, mich faszinierten auch seine katzenhaften Bewegungen sowie sein blonder Haarschopf, der in der fahlen Spätherbstsonne metallisch glänzte wie die Messingleuchter in unserer Kapelle. Langsam bewegte sich die bunte Schar nun hinter zum Schultor, weshalb ich mich aus meinem Versteck wagte und ihr dann nachblickte, bis sie in den Schatten der alten Rotulmen tauchte.
Ihr Anblick hatte meine Erwartung übertroffen. Herzklopfend ließ ich mich auf den Stumpf eines gefällten Quittenbaums nieder, um mich dem soeben Erlebten noch ein wenig hinzugeben. Solche Unbeschwertheit, ja, Lebensfreude, wie gerade mit angesehen, hatte ich mir nie vorstellen können. Wiewohl auch ich beides in mir trug, jedoch unter den moralisierenden Blicken der Nonnen kaum mal wagte, es nach außen dringen zu lassen. Nun verstand ich, weshalb Magda strikt verhinderte, dass ich der Studenten ansichtig werde, ihr Verhalten könnte auf mich abfärben.
B ald aber gesellte sich zu meiner Aufregung über das Erlebte Furcht. Nächsten Sommer soll ich mein Studium antreten, ich, die Entstellte, Weltunerfahrene und, wie mir die Nonnen vorhielten, viel zu Burschikose. Wie peinlich werde ich gegen die koketten Fräulein abstechen. Bei diesem Gedanken wurde mir zunehmend unwohler, ich verschloss mich anderen gegenüber, bekam kaum noch meinen Mund auf. Wem auch hätte ich mich anvertrauen können?
Palmatia führte mein verändertes Benehmen auf die immer aggressiver um sich greifende Allergie zurück und hieß mich, die Salbenkur abzubrechen.
„Bitte, nein, Schwester Palmatia“, beschwor ich sie, „ich verspreche mir doch so viel davon.“
„Ich ebenfalls, mehr als du ahnst. Aber gewaltsam gegen die Natur angehen, zieht ausnahmslos Schaden nach sich, das solltest du mittlerweile gelernt haben.“
Fast hätte ich darauf wütend mit dem Fuß aufgestampft, musste ihr jedoch recht geben, und nach einer kurzen Weile nickte ich einsichtig.
„Na also, meine tapfere Tora. Und bis deine Allergie dann ausreichend abgeklungen ist, unternimmst du wieder erbauliche Spaziergänge durch unser schönes Klostergelände. Die tun dir ohnehin jetzt gut, denn du wirkst auch sonst körperlich angegriffen.“
„Du
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