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Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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ebenfalls“, sprach ich aus, was ich bereits seit Herbstbeginn beobachtet hatte, „du siehst ebenfalls erholungsbedürftig aus. Also werden wir gemeinsam lustwandeln, ja?“
Sie lachte: „Nein, nein, du, ich erhole mich stets am besten in meiner Ordination.“
Eine andere Antwort war von ihr auch nicht zu erwarten.

    G ehorsam und auch gerne stiefelte ich nun, warm in eine knielange Wollschaube mit Kapuze gehüllt, täglich zwischen den umgegrabenen Beeten und über die Gehwege durch das Gelände. Die Natur war müde, sie glitt in den Winterschlaf. Nur ab und an gelang es noch einer frechen Boe, einige der letzten Blätter von ihren Zweigen zu lösen, um sie durch die Luft zu wirbeln und sie schließlich weit von ihrem Vaterbaum entfernt achtlos zur Erde fallen zu lassen. So ging ihr Spiel. Sollten die armen Verwaisten doch zusehen, wie sie nun alleine zurechtkommen. Ihr Schicksal ähnelte dem meinen. Auch ich war gewaltsam von meinem Stammbaum gerissen und hierher getrieben worden. Ich war selbst ein verwehtes Blatt.
Indessen klang meine Allergie ab, wobei Palmatia und ich erkannten, dass sich die dicken Narben erheblich zurückgebildet hatten. Nicht aber die Verzerrung des Auges. Doch Palmatia wusste Rat. Sie setzte sich eines Abends links von mir vor meinen Spiegel und kündete mir an: „Ich demonstriere dir jetzt, wie die Form deines linken Auges verbessert, wenn nicht gar völlig korrigiert werden kann. Da sich die Narbe über dem Lid durch die Salbenkur zwar abgeflacht, nicht aber gedehnt hat, kann nur noch eine chirurgische Nachhilfe in Betracht kommen.“
„Was meinst du damit“, erschrak ich, „etwa eine Gesichtsoperation?“
„Nicht doch, lediglich zwei winzige Einschnitte. Ich zeige dir, was damit zu erreichen wäre.“ Sie schob mit dem Zeigefinger die stramme Narbe von der Schläfe her auf das Auge zu, „soviel würde der hintere Schnitt bewirken“, dann über dem Augapfel mit dem Daumen noch etwas nach, „und das könnte das Endresultat sein.“
Ich konnte nicht glauben, was ich sah: „Schwester Palmatia, da hätte ich ja ein richtiges Menschengesicht. Könnte dir das wirklich gelingen?“
Sie ließ ihre feingliedrige Hand fallen und gestand: „Garantieren kann ich nichts, doch du solltest dich trotzdem dazu entschließen. Ich gehe sogar davon aus, dass die dann nachwachsende Augenbraue den gleichen schönen Bogen bekommen wird wie die rechte. Durchführen kann ich den Eingriff aber erst, wenn sich deine Haut restlos erholt hat, und ich werde dir auch einige Tage vorher die dazu notwendigen Instrumente vorführen, damit du siehst, wie harmlos sie sind.“

    S tatt mich zu erholen, fühlte ich mich in den folgenden Tagen immer elender. Ich war schwach und lustlos, und seit gestern brannte bei jedem Atemzug inwendig meine Brust. Um mich davon abzulenken, setzte ich mich am Abend zur Äbtissin in die Musikstube, wo wir Schwester Veronikas kunstvollem Spinettspiel lauschten. Bald vergaß ich alles um mich her, nahm die Klänge als anmutig durch den Raum schwebende Schaumblasen wahr, fühlte mich zurückversetzt in mein Elternhaus und gewahrte im Geist mit einem Mal am Spinett einen jungen, rothaarigen Mann. Aufgeregt rief ich ihn an, doch daraus wurde nichts als ein Stöhnen, währenddem ich wieder zu mir fand. Und bebend am ganzen Leib brach ich unhaltbar in Schluchzen aus.
„Tora, was hast du?“ „Was ist dir?“, bemühten sich die Äbtissin und Veronika um mich und schickten eilends nach Palmatia.
Die kam nach einiger Zeit herbei, worauf mein Schluchzen nachließ und ich herausbringen konnte: „Mir ist schon die ganzen Tage so seltsam.“
„Inwiefern?“, wollte Palmatia erfahren, und ich versuchte, es zu schildern:
„Schwach und schwindelig, und ständig fröstelnd.“
„Du gehörst ins Bett“, befand Palmatia, „sofort. Du hast Fieber, wer weiß, was du die ganze Zeit schon ausbrütest. Ich führe dich in deine Stube.“
Dort diagnostizierte sie einen schweren Brustkatarrh mit drohender Lungenentzündung. Während sie mich dann liebevoll in die Schlafdecke hüllte, redete sie mir mit ihrem unvergleichlichen Sphärenlächeln zu: „Du bedarfst jetzt ausgiebiger Schonung, Tora, was uns Schwestern die Möglichkeit bietet, dich ordentlich zu verwöhnen. Hörst du? Du wirst jetzt verhätschelt und verwöhnt wie noch nie in deinem Leben.“
„Danke“, lächelte ich zurück, „und anschließend werde ich dich verhätscheln, denn das täte auch dir gut.“
„Scht jetzt, mein

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