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Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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verborgenen Nachtquartier auf Sangerhausen zu, entdeckte ich bereits von weitem neben dem Stadttor zwei zusätzliche Soldaten auf Rössern. Ich hob meinen Gesichtsschleier an, fasste sie zwischen den Baumstämmen hindurch genauer ins Auge und erkannte, dass sie suchend umherspähten. - Gott, ihre Suche gilt mir, schoss es mir durch den Kopf - ich muss fort von hier, sofort weg von hier!
Meinen jagenden Herzschlag nicht beachtend, gelang mir im Schutz der Bäume eine Kehrtwendung. Dann lenkte ich die Kutsche über eine Abzweigung auf die nicht allzu belebte Nordweststraße, um tiefer in die Berge zu gelangen. Zunächst unverdächtig langsam, doch als ich ein ausreichendes Stück zurückgelegt hatte, beschleunigte ich die Fahrt.
Dieses Tempo behielt ich bei, bis ich die Rappen zum Verschnaufen wieder in ihre gewohnte Gangart zügeln musste. Ich blickte kurz zurück - keine Verfolger zu entdecken. Dann und wann begegneten mir Reiter und Fuhrleute, die sich gewiss wunderten, dass eine Adelige eigenhändig die Pferde ihrer Karosse lenkte, was sie den Stadtwächtern später auf deren Befragen berichten könnten. Doch das durfte mich jetzt nicht kümmern, ich musste mich einzig geradeaus auf die Straße konzentrieren, und das erforderte wegen der durch den Schleier behinderten Sicht äußerste Anstrengung. Ich musste weiter, immer weiter kommen, jede Pferdelänge zählte.
Erst gegen Mittag ließ meine Anspannung etwas nach. Die Straße führte nun durch ein Dorf, und ich war verlockt, mir hier neuen Proviant zu besorgen, da ich bereits gestern die letzten Reste des alten verzehrt hatte. Was mir aber nicht vergönnt war, ich würde bei den Krämern Skepsis erregen - ein Fräulein in einem Krämerladen! Also konzentrierte ich mich wieder strikt aufs Kutschieren, wobei mein Vorwärtsdrang den lästigen Hunger besiegte.
Hinter dem Dorf wandte sich die Straße im weiten Bogen nach Nordost. Mich aber zog es weiterhin nach Nordwest zu den höheren Bergen, die mir mehr Sicherheit verhießen, weshalb ich nach einer entsprechenden Abbiegung ausschaute. Bald entdeckte ich einen Weg, der in die angestrebte Richtung führte. Beim Näherkommen stellte ich fest, dass dieser ausgedörrte Feldweg für mich Ungeübte schwer befahrbar war - was jetzt tun? Ich vergewisserte mich, unbeobachtet zu sein und bog dennoch auf diesen Weg ab.
Nach einiger Zeit kam ich mit meinen Rössern flinker voran als von mir befürchtet, denn der Boden wurde weicher, und da mir hier niemand mehr begegnete, konnte ich getrost mit unverhülltem Gesicht weiterziehen und sogar ab und an einen kurzen Trab riskieren. Weiter und immer weiter, ich muss tiefer in die Berge gelangen. Nicht wieder den Verstand zerrütten lassen, um Himmels Willen nicht. Doch mein aufmerksames Kutschieren bewahrte mich davor.
Erst am Spätnachmittag, als die Bäume bereits lange Schatten warfen, fühlte ich mich zwischen dicht bewaldeten Bergen geschützt. Meine armen Rappen waren nicht minder erschöpft als ich. Bevor ich hier jedoch für die Nacht einen geeigneten Unterschlupf suchte, lenkte ich die Kutsche auf ein Wiesenstück, damit die Pferde ausgiebig weiden können.
Mein eigener Hunger war verflogen, und so konnte ich jetzt, sitzend an einen Buchenstamm gelehnt, zum ersten Mal meine neue Lage überdenken. Wobei ich endgültig akzeptieren musste, was ich mir die letzten Tage nicht hatte eingestehen wollen - Ritter von Aue werde ich niemals wieder sehen. Ich war nunmehr auf mich alleinegestellt, gänzlich auf mich alleine gestellt. In einer aussichtslosen Situation. Schön, den Nordhauser und auch den Sangerhauser Soldaten war ich entkommen, wo und wie aber soll ich künftig leben? Zwar verfügte ich über reichliche Silbermünzen, doch was nutzte das, eine Adelige konnte sich nirgends auch nur ein Gebäckstück besorgen. Erst jetzt war ich tatsächlich ein verwehtes Blatt. Welches Spiel wird der Wind noch mit mir treiben? Wo wird er mich hinwirbeln? - Gemach, gemach, redete ich mir zu und bemühte mich, möglichst gradlinig zu überlegen: Zunächst benötige mein Körper wie auch der Verstand ausreichende Erholung. Diesen Gedanken aber musste mein Bewusstsein als Befehl aufgefasst haben, denn es glitt unversehens in den Schlafzustand.
Die Dämmerung und die Nacht reichten sich bereits die Hände, als ich durch das Schnauben eines meiner Rappen aus dem Schlaf fuhr. Gleich drauf blickte ich mich hellwach um. - Nichts um uns her rührte sich, nichts war zu hören und zu sehen, auch meine

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