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Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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nicht zu übersehen, das Gelände war verwahrlost, schon verwildert. Ich erhob mich, um abzusteigen, und augenblicklich wurde mir schwarz vor Augen, ich war restlos verausgabt. Nachdem ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte, kletterte ich vorsichtig Stufe für Stufe hinab. Unten versuchte ich, frei zu stehen und dann ein paar Schritte zu tun - es gelang.
Nach mehreren Minuten begrüßte mich freundlich der Prior, ein hochgewachsener, auffallend hagerer Mann, und wollte ein Gespräch mit mir beginnen, was ich jedoch höflich unterband: „Bitte, ehrwürdiger Vater, ich bin erschöpft. Wenn ich mich nur ein wenig setzen könnte.“
„Verzeiht, gnädige Frau, wie unaufmerksam von mir“, bedauerte er. „Kommt bitte mit zum Gästehaus, es sind nur wenige Schritte. Die Brüder tragen Euch dort bereits ein Abendbrot auf.“
Dieser Gedanke weckte neue Kraft in mir, und während er mich über das von teils wildem Graswuchs und Gestrüpp überwucherte Gelände begleitete, erzählte er mir mit entschuldigenden Worten, wie arm dieses Aussiedlerkloster sei, und wie hart die sechs hiesigen Brüder arbeiten müssten, um es erhalten zu können. Nun wies er mit der Hand nach vorne: „Bitte, gnädige Frau, Eure Unterkunft.“
Ich staunte, im Schein mehrerer Öllampen, die hier verteilt waren, erkannte ich ein kleines Blockhaus mit überdachter Terrasse, das dicht von Bäumen umgeben war. Auf der Terrasse befand sich ein klobiger Holztisch mit ebenso klobiger Sitzbank, und der Tisch war gedeckt mit einem gefüllten Brotkorb, einer Holzschale voller Käsestücke und einem Weinkrug mit Becher.
„Lasst es Euch munden“, forderte mich der Prior auf, „der Herr segne Euer Mahl!“
Ich konnte mich nicht erinnern, jemals mit solchem Appetit gespeist zu haben wie an jenem Abend.

    N ach wenigen Tagen waren meine Hände verheilt, der Muskelkater, den ich mir durch das ungewohnt lange Kutschieren zugezogen hatte, war abgeklungen, und ich war wieder einigermaßen bei Kräften.
Nur einigermaßen. Denn so appetitlich mein Tisch nach meiner hiesigen Ankunft auch gedeckt war, die Mahlzeiten, die mir vom nächsten Tag an stets mit den nettesten Worten von einem der Franziskaner auf meiner kleinen Holzterrasse serviert wurden, konnten sich nicht annähernd mit jenem Empfangsmahl messen. Schön, das tägliche Frühstück wie auch das Abendbrot waren genießbar, wenn auch sehr kärglich, doch die zu Mittag angebotenen Eintöpfe waren oft nur halbgar, oft auch versalzen und mitunter sogar sandig, so dass ich sie bisher jedes Mal nach dem ersten Löffel heimlich hinter dem Blockhaus in den Abort geschüttet hatte. Wie also hätte ich ausreichend zu Kräften kommen können? Wenn ich mir meinen abgemagerten Körper betrachtete, fürchtete ich eher, bald so hager zu sein wie der hiesige Prior und seine sechs Brüder, die offensichtlich alle mehr dem Alkohol als einer anständigen Speise zusprachen. Das war unverkennbar.
Weit mehr als mein steter Hunger peinigte mich indes die immer heißer brennende Allergie, die sich diesmal, da ich die Salbe jeden Morgen und Abend über die gesamte Gesichtshaut verteilte, bis auf den Hals, die Ohren und sogar auf die Kopfhaut erstreckte. Trotzdem dachte ich nicht einen Moment daran, die Kur vorzeitig abzubrechen, die Zähne zusammenbeißend, werde ich sie bis zum kommenden Neumond im vollen Umfang zu Ende führen.
Doch diese Unannehmlichkeiten schrumpften zu einem Nichts, gegenüber meiner Dankbarkeit, hier vorübergehend Unterschlupf gefunden zu haben.
Bei meinem allmorgendlichen Gang zu der klösterlichen Viehweide, auf der zwischen den anderen Pferden auch meine Rappen so friedlich grasten, als seien sie hier zu Hause, trug ich aus Bequemlichkeit jenes braune Kleid, das ich auf der Herfahrt reichlich zerschlissen und deshalb jetzt etwa eine Handspanne oberhalb des Rocksaums möglichst gerade abgerissen hatte. Lieber hätte ich das Kleid von allem Zierrat befreit, damit es dem einer Bürgersfrau glich, doch für solche Tätigkeiten fehlte mir das Geschick. Meine Adelskleidung wie auch die Karosse mit den edlen Rössern stellten ein Hindernis für mein neues Leben dar, das ich jetzt eigenständig antreten muss. - Aber wie nur, fragte ich mich wieder und wieder, wie? In die Hildesheimer Klosterschule kann ich nicht mehr gelangen, mit dieser Tatsache hatte ich mich schweren Herzens abgefunden. Mir blieb nur, in der hiesigen Umgebung eine Anstellung mit Unterkunft zu suchen.
Um endlich eine Lösung für meine

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