Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
gab ich zu, „nach dem Kloster selbst nicht. Wohl aber nach einigen Menschen dort, denen ich nicht mitteilen kann, wo ich mich jetzt aufhalte, ohne sie oder mich damit zu gefährden.“
Dass ich dabei vorrangig an Raimund dachte, der momentan, ohne mich, in Zollern seine Ferien verbrachte, verschwieg ich ihnen.
E ndlich erhielt ich doch ein annehmbares Angebot. Als Jörg von einer Einkaufsfahrt zurückkehrte, teilte er mir mit, er habe mit einem Gastwirt eine Anstellung für mich ausgehandelt. Zwar nur als Küchenmagd auf Probe, dafür jedoch in dem gepflegtesten Gasthof weit und breit, mit ausschließlich distinguiertem Publikum. Rund zwei Fahrstunden nordwestlich von hier. Freie Kost und Logis, und wenn ich die Probezeit bestehe, eine Mark Lohn zu jedem Mondende. Ich könne die Stellung umgehend antreten.
„Schon morgen?“, freute ich mich, worauf er mir mit enttäuschter Miene vorwarf:
„Hast es aber eilig.“
T rotz beider Enttäuschung über meinen Eifer, packte ich noch am gleichen Tag meine Reisetasche und bekam dann in der Nacht vor Aufregung kaum ein Auge zu.
V IERTER T EIL
Kapitel 9
Ab Sommer 1556 - Gasthof Schramm
Fuchs, Leonhard
New Kreuterbuch, 1543
I n bürgerlicher Kleidung und mit narbenfreiem Gesicht, in dem z w e i Augenbrauen zu sehen waren, kutschierte ich mit dem kleinen Einspänner erwartungsvoll nach Keilberg. Gestern Abend hatte ich Marlis und Jörg endlich zu dem Tausch unserer Pferdegespanne überreden können. Ich war aufgeregt. Denn hatte ich das bürgerliche Leben bisher nur in der Theorie, allenfalls noch als Beobachterin kennen gelernt, so musste ich mich nunmehr als ein Mitglied dieser Welt bewähren.
Gegen Mittag erreichte ich mein Ziel. Der Gasthof Schramm lag außerhalb des Dorfes, ein gepflegt wirkendes, dreistöckiges Holzgebäude, vor dem sich eine von Bäumen umwachsene Terrasse mit Stühlen und Esstischen befand, an denen bereits mehrere vornehme Gäste saßen.
Nachdem ich mein Gespann auf dem Kutschplatz abgestellt hatte, betrat ich die Gaststube, in der bestimmt fünfzehn Tische standen, an denen ebenfalls schon einige Gäste saßen. Hinter dem Schanktisch entdeckte ich eine vielleicht fünfundvierzigjährige Frau mit weißer Zierschürze, offensichtlich die Wirtin. Ich trat zu ihr und stellte mich vor, wie von Marlis empfohlen, mit leicht schwäbischem Akzent: „Grüß Gott, Frau Schramm, Tora Tornle ist mein Name. Herr Hansen hat mir gesagt, Ihr tätet mich als Küchenmagd einstellen.“
Sie wunderte sich: „Als Kchüchenmagchd?“, aus ihrem Rachen krachte der Harzer Dialekt nicht gar so rau. „Ich weiß nicht, bist du für diese Arbeiten denn fähigch?“
Ehe ich antworten konnte, tauchte aus einer offenstehenden Tür ein kräftiger, grauhaariger Mann, der Wirt, auf und polterte mich aus seinem zahnlückigen Mund an: „Die neue Kchüchenchilfe, soso. Dann fahr mal schleunigchst dein Fuhrwerkch vom Gchästeplatz, und dann rüber mit dir ins Kchüchenchaus. Und lass dir nicht einfallen, noch mal das Lokchal zu betreten!“ Dann zu seiner Gattin gewandt: „Diese Kchüchenschaben werden immer dreister.“
Darauf verließ ich schuldbewusst das Lokal.
Auf dem weitflächigen Hinterhof fand ich einen geeigneten Platz für mein Gespann, kroch dann in den Planwagen und legte die Küchenkleidung an. Anschließend ging ich über den Hof, wo ich eine Köchin mit zwei Eimern auf die dortige Zisterne zueilen sah. Ich sprach sie an: „Grüß Gott! Darf ich mein Fuhrwägle dort stehen lassen? Ich bin Tora, die neue Küchenmagd.“
„Du, ‘ne Magchd? Aber bestimmt nur auf Probe. - Ja, kchanns’te da stehen lassen, und dein’ Gchaul führ hinter auf die Weide. Auf dem Rückwegch brinkchs’te dann zwei Eimer Wasser mit. Ich bin Alma.“
„Freut mich, Alma.“
Wenig später schleppte ich zwei volle Eimer in das aus rotem Ziegelstein bestehende Küchenhaus, in dem gerade Hochbetrieb herrschte.
„Wo bleibst du mit ’m Wasser?“, kläffte mich sogleich eine ziemlich beleibte Köchin an, „das näkchste Mal flinkcher, ja? Stell die Eimer ab. Ich bin Thekchla, die Meisterin.“
„Erfreut, Meisterin Thekla, ich bin Tora, die neue Magd.“
Sie ließ die Hände mit dem Sieb und dem Tuch sinken und musterte mich missbilligend von oben bis unten, ehe sie knurrte: „Auf Probe, schon gch’hört. - Kchanns’te Zwiebeln schälen?“
Ich bejahte, worauf sie auf mindestens zehn Händevoll Zwiebeln deutete: „Dann ran jetzt, aber dalli!
Da mir auffiel, dass mir Thekla
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